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Wilhelmshaven/Limassol (Zypern). Am heutigen Freitag (20. Oktober) ist die Fregatte „Baden-Württemberg“ als erstes Schiff der Klasse 125 zu einem mandatierten Auslandseinsatz ausgelaufen. Mit der Besatzung „Delta“ des 4. Fregattengeschwaders an Bord verließ die „Baden-Württemberg“ um 10 Uhr ihre Heimatbasis Wilhelmshaven mit dem Auftrag, später am Einsatz UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon) der Vereinten Nationen teilzunehmen. Unter dem Kommando von Fregattenkapitän Tilmann von der Lühe begibt sich jetzt die Besatzung zunächst auf den Transit nach Limassol auf Zypern. Von hier aus soll das Schiff dann bis Mitte Januar 2024 vor der libanesischen Küste bei der Seeraumüberwachung und bei der Ausbildung der libanesischen Marine im Rahmen von UNIFIL unterstützen.

Bei der Auslaufmusterung kurz vor dem Ablegen wandte sich der Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Frank Lenski, an die auf dem Flugdeck des Schiffs versammelte Crew. Er gab den rund 140 Männern und Frauen mit auf die Seereise: „Sie schreiben heute ein neues Kapitel Marinegeschichte. Zum ersten Mal entsenden wir mit der ‚Baden-Württemberg‘ eine Fregatte der Klasse F125 in den Einsatz, in die Mission UNIFIL vor der Küste des Libanon. Das Land steht nach dem Überfall der Hamas auf Israel zurzeit ebenfalls mit im Fokus der Weltpolitik. Dieser Auslandseinsatz ist alleine deswegen schon ein bedeutsamer Meilenstein für die Deutsche Marine.“

Die Besatzung der „Baden-Württemberg“ besteht aus Personal der Stammbesatzung der Fregatte beziehungsweise des 4. Fregattengeschwaders sowie Soldaten der Bordeinsatzkompanie 1 des Seebataillons.

Ein Schiff der Klasse F125 erstmals im mandatierten Auslandseinsatz

Der Kommandant, Fregattenkapitän von der Lühe, äußerte sich vor dem Auslaufen gegenüber Pressevertretern. Er erklärte: „Für die Klasse F125 ist es das erste Mal, dass sie in den Einsatz entsandt wird. Insofern ist es mir eine große Ehre, als Kommandant einer Fregatte dieser modernen Klasse mit meiner Besatzung diese Mission bestreiten zu dürfen.“ Von der Lühe gab sich zuversichtlich, als er auf die Medienfrage nach seiner persönlichen Erwartungshaltung für die kommenden Monate antwortete: „Ich habe eine tolle Besatzung, ein gutes Schiff, und deswegen sehe ich mich klar für alle Fahrtstufen. Und ich habe auch die Gelassenheit eines Kapitäns, der nicht nur im Friedensdienstbetrieb, sondern eben auch im Einsatz kommandieren kann.“

Am Auslaufzeremoniell nahmen zahlreiche Familienangehörige, Freunde und Kameraden der Besatzungsmitglieder teil. Staatssekretär Thomas Blenke aus dem Innenministerium Baden-Württemberg repräsentierte im Namen der Landesregierung das Paten-Bundesland der Fregatte. Die „Baden-Württemberg“ ist das erste Schiff der Deutschen Marine, das den Namen des südwestlichsten deutschen Bundeslandes trägt.

Einer der ältesten friedenserhaltenden Einsätze der Vereinten Nationen

Seit dem Jahr 1978 setzen sich Blauhelmsoldaten der UNIFIL-Mission für den Frieden zwischen Libanon und Israel ein. Die Mission ist damit einer der ältesten friedenserhaltenden Einsätze der Vereinten Nationen (VN). Grundlage sind die Resolutionen 425 (1978) und 426 (1978) des VN-Sicherheitsrates. Wir berichteten zuletzt am 23. Juni 2023.

Ursprünglich galt es, den angestrebten Waffenstillstand und den Abzug israelischer Sicherheitskräfte aus dem Libanon zu überwachen. Die Israelis waren damals auf libanesisches Gebiet vorgedrungen, um die von dort gestarteten Raketenangriffe – initiiert vor allem durch die islamistisch-schiitischen Hisbollah-Miliz – zu unterbinden.

Nach dem Zweiten Libanonkrieg im Jahr 2006 wurde das Mandat ergänzt. Seitdem unterstützt UNIFIL die libanesische Regierung dabei, die Seegrenzen zu sichern und den Waffenschmuggel über See zu verhindern. Der maritime Einsatzverband UNIFIL war der erste Flottenverband unter Führung der Vereinten Nationen – deutsche Schiffe und Boote operierten von Beginn an in diesem Verband.

Die Einheiten unterbinden den Waffenschmuggel auf dem Seeweg in den Libanon und tragen so zu Stabilität und Sicherheit in der Region bei. Die libanesische Marine hat wertvolle Ausrüstung von Deutschland erhalten, darunter Wachboote und Küstenradarstationen. Bundeswehrangehörige engagieren sich außerdem seit mehreren Jahren in der Ausbildung der libanesischen Marine.

Redaktioneller NACHBRENNER

Der Nahostkonflikt hat auch Auswirkungen auf Deutschland und die Bundeswehr. Am gestrigen Donnerstag (19. Oktober) reiste Verteidigungsminister Boris Pistorius überraschend in den Libanon, um sich persönlich ein Bild von den wachsenden Spannungen in der Region zu machen. Dabei besuchte er auch die Korvette „Oldenburg“, die unter der VN-Flagge für UNIFIL vor dem Libanon kreuzt und demnächst von der „Baden-Württemberg“ abgelöst werden soll.

Wie gefährlich die Situation zum Beispiel im Südlibanon ist, zeigte sich am vergangenen Sonntag (15. Oktober), als es einen Raketeneinschlag im libanesischen VN-Hauptquartier Naqoura an der Küste gab. In israelisch-libanesischer Grenznähe sind rund 40 deutsche Soldaten stationiert, die bei dem Zwischenfall gottlob unverletzt geblieben sind.

Nach dem Terrorangriff der Hamas auf israelische Siedlungen, der Geiselnahmen durch die Terroristen, der gezielten Bombardierung von Hamas-Einrichtungen im Norden des Gazastreifens (und vor allem in Gaza-City) sowie der erwartbaren Bodenoffensive der Israel Defense Forces (IDF) wächst die Gefahr einer zunehmenden Destabilisierung der Nahostregion. Im Krisen- und Konfliktfall könnte es dazu kommen, dass deutsche Staatsbürger rasch aus Israel, aus dem Libanon oder aus Jordanien evakuiert werden müssen. Dafür hat die Bundesregierung mittlerweile Kriseninterventionsteams mit zivilen und militärischen Experten sowie Spezialkräfte in die Region beordert.

Auch ein Einsatzgruppenversorger unserer Marine mit einem eigenen Lazarett an Bord kreuzt inzwischen im östlichen Mittelmeer. Dazu schreibt die Deutsche Presse-Agentur: „Die Bundeswehr will vorbereitet sein, wenn es nach Afghanistan und Sudan zu einer erneuten Evakuierungsoperation kommen sollte. Diesmal möglicherweise zu Lande, zu Wasser oder aus der Luft.“


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Kompakt                           

Mit den Fregatten der „Baden-Württemberg“-Klasse verfügt die Marine über insgesamt vier der technologisch führenden Kriegsschiffe der Welt. Es handelt sich dabei um das F125-Typschiff Fregatte „Baden-Württemberg“ (F222/in Dienst gestellt am 17. Juni 2019), die Fregatte „Nordrhein-Westfalen“ (F223/in Dienst gestellt am 10. Juni 2020), die Fregatte „Sachsen-Anhalt“ (F224/in Dienst gestellt am 17. Mai 2021) und die Fregatte „Rheinland-Pfalz“ (F225/in Dienst gestellt am 13. Juli 2022).

Der von Grund auf neu konzipierte Fregattentyp ist aus den deutschen Einsatzerfahrungen der vergangenen Jahrzehnte entstanden und auf Gegenwart und Zukunft von Stabilisierungseinsätzen ausgelegt. Zum Aufgabenspektrum der F125-Klasse gehört so vor allem die Seeraumüberwachung in Krisenregionen weltweit, wie etwa bei Missionen für Embargokontrollen oder Anti-Piraterie-Operationen.

Die zentrale Anforderung, global und lang andauernd im Einsatz bleiben zu können, löst die „Baden-Württemberg“-Klasse durch neue technische und organisatorische Konzepte. Für eine Intensivnutzung gedacht, kann sie mit bis zu 5000 Betriebsstunden bis zu zwei Jahre durchgängig unabhängig vom Heimathafen operieren. Der Abstand zwischen den Inspektionen für die Kriegsschiffe liegt planmäßig bei fünf Jahren und acht Monaten. Das ist nahezu eine Vervierfachung der Einsatzzeit und eine Verdoppelung der Wartungsintervalle gegenüber den bisherigen Fregatten der Deutschen Marine.

Die reduzierten Wartungsanforderungen, kombiniert mit Automatisierung und Digitalisierung an Bord der vier Schiffe, machen es möglich, die bisher übliche Besatzungsstärke von mehr als 200 bei den älteren Fregatten auf jetzt 126 Seeleute bei den neuen F125-Einheiten zu reduzieren. Mehrere „125er“-Crews lösen sich dann während eines längeren Einsatzes alle vier Monate ab. In diesem Mehrbesatzungskonzept sind insgesamt acht Besatzungen für die vier Schiffe der „Baden-Württemberg“-Klasse vorgesehen.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Verabschiedung der Fregatte „Baden-Württemberg“ F222 in den ersten Auslandseinsatz: Der Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte, Vizeadmiral Frank Lenski, am 20. Oktober 2023 bei der Auslaufmusterung der Besatzung „Delta“.
(Foto: Leon Rodewald/Deutsche Marine)

2. Die „Baden-Württemberg“ passierte am 20. Oktober 2023 bei nasskaltem Herbstwetter die Molenköpfe ihres Heimatstützpunktes Wilhelmshaven – erstes Etappenziel der Reise ist Limassol auf Zypern.
(Foto: Leon Rodewald/Deutsche Marine)

3. Verteidigungsminister Boris Pistorius reiste am 19. Oktober 2023 kurzfristig zur UNIFIL-Mission in den Libanon. Auf der Korvette „Oldenburg“ dankt er den Bundeswehrangehörigen für ihren Einsatz und informiert sich über die Auswirkungen des Konflikts „Israel/Hamas“ auf das deutsche Kontingent in der Region. Das Bild zeigt Pistorius (rechts) unmittelbar nach der Landung auf dem Flughafen von Beirut, neben ihm der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland im Libanon, Kurt Georg Stoeckl-Stillfried. Stoeckl-Stillfried war unter anderem von Oktober 2003 bis Februar 2004 Ziviler Leiter des deutschen Wiederaufbauteams/PRT im nordafghanischen Kunduz und in den Jahren 2017 und 2018 Leiter des Generalkonsulats Erbil, Region Kurdistan-Irak.
(Foto: BMVg)

Kleines Beitragsbild: Die „Baden-Württemberg“ auf See bei Erprobungen mit dem Seebataillon. Die Aufnahme zeigt die Fregatte im Kattegat, einem Meeresgebiet zwischen Dänemark und Schweden.
(Foto: Marcel Kröncke)


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