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Berlin. Die Bundeswehr soll gerade einmal über Munition für ein bis zwei Kriegstage verfügen. Dies berichteten verschiedene Leitmedien Anfang Oktober vergangenen Jahres. Der Deutsche Bundeswehr-Verband warnte bereits mehrfach vor einem gravierenden Munitionsmangel. Der Truppe fehle „Munition im Wert von 20 bis 30 Millionen Euro“, so die Interessenvertretung der Soldaten. In Berlin fand nun am 28. November 2022 ein „Munitionsgipfel“ zwischen Spitzenbeamten der Bundesregierung und Vertretern der Rüstungsindustrie statt, bei dem nach Lösungen gesucht wurde. Das Thema „Munition“ war auch Gegenstand einer Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Lehmann.

Zunächst zum Gipfeltreffen im November im Bundeskanzleramt. Anwesend waren bei dem Treffen Medienberichten zufolge der außen- und sicherheitspolitische Berater des Bundeskanzlers, Jens Plötner, sowie die Staatssekretäre Benedikt Zimmer (Verteidigungsministerium) und Sven Giegold (Wirtschaftsministerium). Außerdem hatten das Finanzministerium und das Auswärtige Amt zusätzlich Spitzenbeamte entsandt. Das Treffen soll gut zwei Stunden gedauert haben.

Die Produktion vor allem von Munition hat die deutsche Rüstungsindustrie in den vergangenen Jahren heruntergefahren. Ein Hauptgrund war und ist, dass vom Hauptkunden Bundeswehr kaum mehr Bestellungen kamen. Auch die Abgabe von Munition an die ukrainischen Streitkräfte führte zu der besorgniserregenden Lage in den deutschen Depots.

Verteidigungsministerium will demnächst Bedarfslisten vorlegen

Laut einem Beitrag des SPIEGEL über das Berliner Treffen sollen sich die Vertreter der Rüstungsbranche dafür ausgesprochen haben, mit dem Verteidigungsministerium Rahmenverträge für die Herstellung von Munition zu schließen. „Dies würde die nötige Sicherheit für Investitionen in Fertigungsanlagen geben“, zitierte das Magazin einen der Spitzenmanager. Die Rüstungskonzerne könnten nicht ohne Weiteres in Vorleistung gehen. Das habe man dem Ministerium auch schon seit Längerem kommuniziert, ohne allerdings bislang befriedigende Zusagen zu erhalten, berichtete der SPIEGEL weiter.

Staatssekretär Zimmer soll nach SPIEGEL-Informationen schließlich zugesichert haben, „so schnell wie möglich Bedarfslisten von Munition, die die Bundeswehr benötige, vorzulegen“. Sein Vorschlag: Die Industrie könne anhand dieser Listen dann unmittelbar mit der Produktion beginnen.

Beschaffungsamt schloss bisher 24 Munitionsrahmenverträge

Nun zur Schriftlichen Frage des Unionspolitikers Jens Lehmann (Wahlkreis Leipzig I). Lehmann, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages, wollte wissen: „Welche Munitionsrahmenverträge zu welchen Munitionssorten hat die Bundeswehr derzeit geschlossen und sind aus bestehenden Rahmenverträgen schon Munitionsbestellungen ausgelöst worden […]. Wenn nein, warum wurde keine Munition aus Rahmenverträgen abgerufen?“

Thomas Hitschler, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, erklärte in seiner Antwort vom 1. Dezember 2022: „Derzeit sind 24 Munitionsrahmenverträge durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) geschlossen worden.“ Aus 17 Munitionsrahmenverträgen seien Abrufe getätigt worden. Aus sieben Munitionsrahmenverträgen seien – weil vertraglich erst für die Folgejahre vorgesehen, die Munition sich noch in der Qualifizierungsphase befinde oder Haushaltsmittel nicht verfügbar gewesen seien – keine Abrufe getätigt worden.

Redaktioneller NACHBRENNER

Weitere Informationen zur Munitionsbeschaffung für die Bundeswehr gab es am 2. Dezember im Rahmen der Pressekonferenz der Regierung in Berlin in den Räumen der Bundespressekonferenz. Stellung nahm dort Oberst i.G. Arne Collatz, Referatsleiter „Presse“ im Bundesministerium der Verteidigung.

Collatz bezog sich zunächst auf die kritischen Medienberichte der vergangenen Tage und Wochen und versicherte: „Ich kann bei der heutigen Gelegenheit noch einmal deutlich machen – was ich auch in der letzten Regierungspressekonferenz bereits angedeutet habe – nämlich, dass Berichte darüber, dass wir bei der Beschaffung von Munition untätig seien, blanker Unsinn sind.“

Er führte dann dazu aus: „Ich habe auf die Zahlen allein in den Haushaltsplanungen verwiesen. Dabei kann ich noch immer unterstreichen, dass wir gegenüber dem Jahr 2015 beispielsweise deutlich mehr als eine Verdoppelung der Ausgaben für Munition sehen. Im letzten Jahr hatten wir 700 Millionen Euro allein für Munition eingeplant. Die Verausgabungen waren dann am Ende des Jahres durch haushaltsinterne Umschichtungen oder auch dadurch, dass die Industrie eben liefern konnte, sogar mit […] mehr als 780 Millionen Euro veranschlagt worden.“

Für dieses Jahr, so der Sprecher des Ministeriums, habe man 763 Millionen Euro vorgesehen und eingeplant. Auch hier gebe es also bereits eine deutliche Steigerung in Höhe von fast zehn Prozent. Der Heeresoffizier kam zu dem Schluss: „Die derzeitigen Zahlen – die ich mir ausdrücklich noch einmal habe geben lassen – weisen darauf hin, dass wir mindestens in die Vollverausgabung und gegebenenfalls sogar darüber hinauskommen werden. Insofern möchte ich hier den Eindruck eindeutig widerlegen, dass sich bei der Munition nichts entwickelt.“

Collatz erklärte danach, man habe dieses Jahr 72 Verträge mit Munitionsfirmen in unterschiedlicher Höhe und unterschiedlichen Munitionsarten geschlossen. Hinter jedem Vertrag stehe ein großes Arbeitsvolumen, da diese Verträge gut vorbereitet und auch rechtssicher gehandhabt werden müssten. „Im letzten Jahr hatten wir mehr als 100 und davor 60 Verträge geschlossen. Sie können an den Zahlen sehen, dass auch bei den Beschaffern der Verteidigung sehr viel Arbeit gerade in diesen Bereich hineingesteckt wird“, warb Collatz um Verständnis bei den Medien.

Zur Einordnung der Summen, um die es letztendlich gehe, sagte der Sprecher schließlich: „Diese Zahlen – 700 Millionen oder 800 Millionen Euro – bedeuten einen Höchststand seit der Neuausrichtung der Bundeswehr im Jahr 2012. All das zeigt, dass wir nicht nur hinsichtlich der Planungen, sondern auch der tatsächlichen Vertragsabschlüsse und der Lieferung durch die Industrie Stände erreicht haben, wie es sie eben seit der Neuausrichtung und der Abkehr von der Schwerpunktausrichtung auf die Stabilisierungseinsätze nicht gab.“

Collatz rief auch noch einmal in Erinnerung, dass Deutschland gegenüber dem Bündnis in der Pflicht stehe, „bis 2031 durchweg und durch die Bank der Streitkräfte hinweg einen dreißigtägigen Munitionsvorrat vorzuhalten“. Dies sei eine Marge, die auch schon der Generalinspekteur der Bundeswehr genannt habe. Allerdings gab Collatz zu bedenken: „Das ist sicherlich mit den bisher bestehenden Planungen nur schwer erreichbar, da wir dann eben allein für Munition mindestens etwa 20 Milliarden Euro einplanen müssten. Hinsichtlich des Einzelplans 14 gibt es da sicherlich noch einiges zu besprechen, um allein mit Blick auf die Munition eventuell doch noch Möglichkeiten zu identifizieren, diese von uns selbst gemeinsam gesteckten Ziele zu erreichen.“

Auf die abschließende Frage eines Medienvertreters, ob die bestellte Munition „in die Bevorratung“ gehen werde oder „quasi Verbrauchsmaterial“ sei, das die Bundeswehr unter anderem auch an die Ukraine abgeben könne, stellte Collatz in der Regierungspressekonferenz klar: „Unser Bestreben ist es, jenseits dessen, was im täglichen Betrieb für die Übungen gebraucht wird, auch eine Bevorratung anzulegen.“ Bis 2031 solle dies ein Munitionsvorrat für 30 Tage sein, den man „für hochintensives Gefecht“ einplane.


Unser Symbolbild zum Thema „Munition“ entstand am 10. Februar 2016 auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz und zeigt die Besatzung eines Marder-Schützenpanzers vor dem Aufmunitionieren ihrer Bordkanone.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr)


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