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Antwerpen (Belgien)/Hamburg/Bremen. Vincent van Quickenborne, seit 2020 belgischer Justizminister, hat jetzt im Interview mit dem Wochenmagazin stern vor gezielten Anschlägen durch internationale Drogenbanden gewarnt. „Die Drogenmafia will Entscheidungsträger angreifen“, so der Minister und Bürgermeister von Kortrijk (Provinz Westflandern), der nach einem vereitelten Entführungsversuch selbst unter verschärftem Polizeischutz lebt. Über solche Bedrohungen sollten sich „viele europäische Staaten definitiv Sorgen machen, auch Deutschland“ …

2022 war im Hafen von Antwerpen die Rekordmenge von 110 Tonnen Kokain beschlagnahmt worden. Gleichzeitig war die Gewalt der Organisierten Kriminalität – van Quickenborne spricht von „Narco-Terrorismus“ – eskaliert.

Richter, Staatsanwälte und Reederei-Manager würden von den Kriminellen bedroht, erklärt der Politiker der Open Vlaamse Liberalen en Democraten (Open VLD). Viele der Drogenbarone verstecken sich laut Quickenborne in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Mit der dortigen Regierung habe er Auslieferungs- und Rechtshilfeabkommen verhandelt. „Jetzt muss Dubai zeigen, wie ernst es den Kampf gegen die Drogenmafia nimmt.“

„Wie Wasser nimmt Kokain den Weg des geringsten Widerstands“

Die Anstrengungen Belgiens im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität könnten Auswirkungen auf Deutschland haben. Denn: „Wie Wasser nimmt Kokain den Weg des geringsten Widerstands. Da wir den Hafen von Antwerpen besser sichern, ist sehr gut möglich, dass sich diese Hauptversorgungslinien nach Hamburg oder Bremerhaven verlagern“, befürchtet van Quickenborne.

Belgiens Justizminister hat den Kampf gegen Drogengangs zu einem Schwerpunkt seiner politisch-parlamentarischen Arbeit gemacht. Sein Einsatz bleibt nicht ohne Folgen: Er und seine Familie mussten bereits mehrfach in ein sogenanntes „Safe House“ flüchten. Van Quickenborne steht unter dauerhaftem Personenschutz. Die Sicherheitskräfte gehen mittlerweile auch von einem geplanten Entführungsversuch aus: Vor dem Haus des Politikers wurde ein Auto mit Waffen und Fessel-Utensilien entdeckt.

Redaktioneller NACHBRENNER

Am 1. April dieses Jahres befasste sich das Regionalmagazin „buten un binnen“, eine Sendung von Radio Bremen für den Bereich Bremen und Bremerhaven, mit dem Thema „Was Bremerhaven von Belgiens Kampf gegen Drogenkartelle lernen kann“.

Sebastian Manz, Reporter von Radio Bremen, fragte Belgiens Justizminister Vincent van Quickenborne: „Was kann es für ein Gemeinwesen wie Bremerhaven bedeuten, wenn es in den Fokus Organisierter Kriminalität gerät?“

Die Antwort des Ministers gibt Anlass zu großer Sorge. Van Quickenborne: „Ich kann schwer voraussagen, wie sich die Lage für Bremerhaven entwickeln könnte. Aber ich kann die Situation in Antwerpen beschreiben: Nachdem es belgischen Ermittlern gelungen war, das verschlüsselte [kanadisch-amerikanische] Telefonnetzwerk [der Kriminellen] Sky-ECC zu hacken, wurde auf einen Schlag eine Unmenge an Korruption sichtbar. Das reichte von Hafenarbeitern bis hin zu Rechtsanwälten. Zwei Jahre später haben wir bereits 3000 Verdächtige ermittelt. 300 davon sind mittlerweile zu Haftstrafen von insgesamt 1125 Jahren verurteilt worden.“

In Belgien hätten die Behörden auch beobachten können, dass Organisierte Kriminalität stets versuche, die legale Wirtschaft zu unterwandern. Dies geschehe in erster Linie über scheinbar legale Firmen, die als Tarnung für kriminelle Machenschaften dienten, so der Justizminister.

Van Quickenborne warnte in der Sendung eindrücklich: „Es ist offensichtlich, dass wir in eine Phase des ,Narco-Terrorismus‘ eingetreten sind. Organisiertes Verbrechen versucht, mittels Gewaltandrohungen den Staat zu unterwandern – was wir selbstverständlich niemals zulassen werden.“ Der Politiker verrät: „Eine erfolgreiche Maßnahme war es, unsere Geheimdienste einzubinden. Die Organisierte Kriminalität hat den Staat ins Fadenkreuz genommen und versucht, ihn zu destabilisieren. Die Aufgabe der Geheimdienste ist es, die nationale Sicherheit zu schützen, deshalb war es naheliegend, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. Im Gegensatz zum Justizministerium können die Geheimdienste sehr viel gezielter und effektiver gegen Verdächtige ermitteln.

Belgien, so der Interviewpartner von Manz, kooperiere eng auch mit Deutschlands Bundesjustizminister, Marco Buschmann. Sein Land trete nun gemeinsam mit Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Spanien den Kriminellen entschlossen entgegen. „Auf diese Weise können wir die Drogenmafia effizient, effektiv und über Grenzen hinweg bekämpfen.“


Das Foto zeigt Belgiens Justizminister Vincent van Quickenborne, der den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität – insbesondere die Drogenmafia – zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht hat. Der Politiker kennt die damit verbundenen persönlichen Gefahren für sich und seine Familie.
(Bild: nr)

Kleines Beitragsbild: Symboldarstellung „Drogenkonsum“ aus dem Bildangebot von Pixabay.
(Bild: Michal Renčo, Mikewildadventure/unter Lizenz CC0 Creative Commons = freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis erforderlich)


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