Koblenz/Überlingen. Die Bundeswehr wird mehr als 1200 Lenkflugkörper des Typs IRIS-T erhalten. Einen entsprechenden Rahmenvertrag für die Beschaffung unterzeichneten am heutigen Mittwoch (20. Dezember) die Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) Annette Lehnigk-Emden und Helmut Rauch, Vorstandsvorsitzender von Diehl Defence. Diehl Defence ist ein führendes Systemhaus für Luftverteidigungssysteme und Generalunternehmer im IRIS-T-Programm; Hauptsitz ist Überlingen am Bodensee.
Der Vertrag wurde in kürzester Zeit durch das BAAINBw beziehungsweise das dort ansässige Project Management Office (PMO) „IRIS-T“ realisiert, um den weiteren Bedarf des Konsortialführers für den Lenkflugkörper IRIS-T, Deutschland, zu erfüllen.
Bei IRIS-T (IRIS = InfraRed Imaging System; T = Tail/Thrust Vector Controlled) handelt es sich um den europäischen, nach Angaben des Herstellers Diehl „weltweit modernsten“ Luft-Luft-Lenkflugkörper kurzer Reichweite. Das Waffensystem wird seit 2005 unter der Führung von Diehl Defence in Kooperation mit den Industrie-Konsortialpartnern aus Griechenland, Italien, Norwegen, Österreich, Schweden und Spanien produziert und (weiter-)entwickelt.
In einer Presseerklärung von Diehl nach Unterzeichnung des Rahmenvertrages im Koblenzer Beschaffungsamt heißt es: „Das IRIS-T-Projekt reflektiert die Leistungsfähigkeit europäischer Kooperation im Verteidigungssektor und stellt unter Beweis, zu welchen herausragenden Entwicklungen die europäische Verteidigungsindustrie fähig ist. Deutschland als Mitglied im Sechs-Nationen-Entwicklerkonsortium ,IRIS-T‘ ist ein Leistungsträger, der in einer Führungsrolle maßgeblich an der weiteren Entwicklung des Lenkflugkörpers beteiligt ist und weiterhin sein wird.“
Mittlerweile verlassen sich die Luftstreitkräfte von zwölf Nationen auf die Fähigkeiten des Fire-and-Forget-Lenkflugkörpers IRIS-T. Seit seiner Einführung im Jahr 2005 wurden bereits mehr als 5000 Stück ausgeliefert. IRIS-T zählt zur Standardbewaffnung des Eurofighter/Typhoon und ist ebenfalls in den Plattformen Tornado, F-16, Gripen, EF-18, KF-21, F-5E, FA-50 und IAR-99 integriert. Neben der Abwehr gegnerischer Kampfflugzeuge können auch angreifende Luft-Luft- sowie Boden-Luft-Flugkörper bekämpft werden. Selbst Angriffe von hinten kann der Pilot mit IRIS-T erfolgreich abwehren, ohne den Kurs des eigenen Flugzeugs ändern zu müssen.
Der Basisflugkörper wird inkrementell weiterentwickelt und auch in Zukunft mit neuen Fähigkeiten in seiner ursprünglichen Luft-Luft-Rolle Maßstäbe setzen. Somit ist die Zukunftsfähigkeit von IRIS-T durch das Sechs-Nationen-Entwicklerkonsortium sichergestellt.
Medienberichten zufolge zahlt Deutschland nur etwa 400.000 Euro pro IRIS-T-Lenkflugkörper (inklusive Entwicklungskostenanteil von 46 Prozent). Zum Vergleich: Eine Flugabwehrrakete des Typs PAC-3 MSE (MSE = Missile Segment Enhancement) des US-Konzerns Lockheed Martin soll einen Stückpreis von rund 3,7 Millionen Euro haben.
Der Lenkflugkörper IRIS-T wurde im Rahmen eines europäischen Kooperationsprogramms als Flugzeugbewaffnung für den Luftkampf entwickelt und galt bereits Mitte der 2000er-Jahre als eine der fortschrittlichsten Kurzstreckenraketen der Welt.
Die Kombination aus Schubvektor- und aerodynamischer Steuerung verleiht dem Flugkörper eine extrem hohe Agilität. Ein weiterer Technologiesprung wurde mit dem abbildenden Infrarot-Zielsuchkopf in Verbindung mit einer intelligenten Bildverarbeitung vollzogen. Die Zielzuweisung kann sowohl über Bordradar als auch über das Helmvisier des Piloten erfolgen.
Neben seiner Rolle als Flugzeugbewaffnung findet IRIS-T heute eine weitere Anwendung als Boden-Luft-Flugkörper, beispielsweise im bodengebundenen Luftverteidigungssystem mit der Bezeichnung „IRIS-T SLS“ für den Objekt- und Nahbereichsschutz. Darüber hinaus wies die Luftwaffe Norwegens in einem Testschießen 2016 erstmals auch die Fähigkeit von IRIS-T zur Bekämpfung von Seezielen nach.
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Die Aufnahme zeigt die Vertragsunterzeichnung zur Beschaffung von mehr als 1200 IRIS-T für Deutschland im Koblenzer BAAINBw. Links der CEO von Diehl Defence Helmut Rauch, neben ihm Annette Lehnigk-Emden, die Präsidentin des Amtes.
(Foto: Dirk Bannert/Bundeswehr)
Kleines Beitragsbild: Luft-Luft-Lenkflugkörper IRIS-T.
(Bild: Diehl Defence)