Berlin. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages ist am gestrigen Donnerstag (24. März) zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Die Sitzung wurde geleitet von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Zu seinem Vorsitzenden bestimmte das Gremium den schleswig-holsteinischen Abgeordneten Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen). Stellvertretender Vorsitzender ist Roderich Kiesewetter (CDU), der das PKGr zuvor geleitet hatte. Von Notz war zuvor Kiesewetters Stellvertreter gewesen.
Das Gremium zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes war zuvor am Vormittag von den Abgeordneten des Bundestages eingesetzt worden. Nach einem Antrag der Ampelkoalition zur Einsetzung (gemäß Artikel 45d des Grundgesetzes) soll das PKGr aus insgesamt 13 Mitgliedern bestehen.
Für die SPD-Fraktion gewählt wurden Uli Grötsch, Sebastian Hartmann, Ralf Stegner und Marja-Liisa Völlers. Die Unionsfraktion ist mit Alexander Hoffmann, Roderich Kiesewetter und Christoph de Vries im Gremium vertreten. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gewählt wurden Irene Mihalic und Konstantin von Notz. Die FDP-Fraktion stellt die Abgeordneten Konstantin Kuhle und Alexander Graf Lambsdorff.
Die Abgeordneten Joachim Wundrak von der AfD-Fraktion und André Hahn von der Linksfraktion verpassten die erforderliche Mehrheit von 369 Stimmen.
Das PKGr überwacht den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV).
Die Bundesregierung ist nach dem Kontrollgremiumgesetz dazu verpflichtet, das PKGr umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Das Gremium kann außerdem von der Regierung Berichte über weitere Vorgänge verlangen.
Von Notz äußerte sich zur Einsetzung des neuen PKGr und zu seiner Wahl zum PKGr-Vorsitzenden in einer Presseerklärung. Dort heiß es unter anderem: „Vor dem Gremium liegt […] viel Arbeit. Es gilt, die parlamentarische Kontrolle weiter auszubauen und für gute Rechtsgrundlagen für die Arbeit der Nachrichtendienste zu sorgen.“ Unter anderem bestehe ein großer Reformbedarf im Bereich des Einsatzes von V-Leuten oder bezüglich der Nutzung von verfassungsrechtlich umstrittenen Überwachungsinstrumenten wie der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, so von Notz.
Er bezeichnete die Arbeit der deutschen Nachrichtendienste als „essentiell“. Der neue Vorsitzende des Gremiums warnte zugleich: „Unsere Demokratie ist vielfachen, sehr ernstzunehmenden Gefährdungen aus dem In- und Ausland ausgesetzt. Das wurde in den vergangenen Wochen noch einmal besonders deutlich. Die Verteidigung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung muss ebenso rechtsstaatlich wie entschlossen geführt werden.“
Weil die Dienste vorwiegend im Geheimen agierten, so von Notz weiter, sei es umso wichtiger, dass ihre Arbeit „auf glasklaren und rechtsstaatlichen gesetzlichen Grundlagen“ fuße und sie von Parlament und Aufsichtsbehörden effektiv kontrolliert würden. Der Politiker appellierte: „Eine starke Kontrolle auf Augenhöhe ist die Grundlage für das notwendige Vertrauen in die derzeit so wichtige Arbeit der Nachrichtendienste.“
Die überregionale Berliner Tageszeitung nd.Der Tag (früher Neues Deutschland), die politisch der Partei Die Linke nahesteht, befasste sich am heutigen Freitag (25. März) in einem Kommentar mit der Zusammensetzung des neuen Parlamentarischen Kontrollgremiums. Das Blatt schreibt unter anderem: „Mit nur 341 von 369 notwendigen Stimmen bleibt dem Kandidaten der Linksfraktion für das [Gremium], André Hahn, der Zugang zum Geheimdienstausschuss des Bundestags verwehrt. Seit 2013 war er durchgängig Mitglied und vier Jahre davon auch stellvertretender Vorsitzender.“
Der Ausschuss, der die Arbeit der Geheimdienste kontrolliere, habe während Hahns Amtszeiten reichlich zu tun gehabt, erinnert nd.Der Tag. „Nicht nur die NSA-Überwachungsaffäre, in der neben dem Bundesnachrichtendienst auch der Verfassungsschutz bei der digitalen Überwachung von Bundesbürgern eine Rolle spielte, fiel in Hahns Wirkungszeit im grundsätzlich geheim agierenden Gremium. Auch die Aufarbeitung des NSU-Terrors sowie zuletzt die Waffen- und Munitionsaffäre bei der Bundeswehr beschäftigten das Gremium, dem nun ein kritischer Blick von links fehlt. Allerdings ist es begrüßenswert, dass die AfD keinen Vertreter in den Kontrollausschuss entsenden darf. Zu groß waren die Fragwürdigkeiten rund um den ehemaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen und seine Kontakte zur Partei.“
Weiter schreibt die Tageszeitung, die sich nach eigenen Worten als „sozialistisch“ versteht: „Nun werden also die CDU/CSU als Oppositionsfraktion sowie SPD, Grüne und FDP als Regierungsfraktionen das Handeln der Dienste kontrollieren. Das ist misslich, denn meist behandelt das Gremium zurückliegende Verfehlungen. So kann nun nicht ausgeschlossen werden, dass die Geheimdienstkontrolle in dieser Legislaturperiode noch zahnloser ausfällt, als das angesichts der Mehrheitsverhältnisse innerhalb des Gremiums schon in den vergangenen Jahren der Fall war und auch immer wieder kritisiert wurde.“ Und: „Dass in dem Gremium, das sich mit dem rechtsblinden Verfassungsschutz, dem transatlantisch optimierten Bundesnachrichtendienst und dem nicht nur in der KSK-Affäre fragwürdigen Militärischen Abschirmdienst auseinandersetzen soll, das linke Gegengewicht fehlt, kommt einem Kontrollverlust gleich.“
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat am gestrigen Mittwoch (6. April) Matthias Bartke als neuen Ständigen Bevollmächtigten des Parlamentarischen Kontrollgremiums die Ernennungsurkunde überreicht. Das Gremium hatte zuvor beschlossen, Bartke für das Amt vorzuschlagen.
Der neue Bevollmächtigte ist Volljurist und hat über Auslandseinsätze der Bundeswehr promoviert. Nach seiner Promotion arbeitete er in der Hamburger Verwaltung in unterschiedlichen Leitungspositionen. Zuletzt leitete er die Rechtsabteilung der Sozialbehörde der Hansestadt Hamburg. Bartke gehörte von 2013 bis 2021 dem Bundestag an und vertrat dort den Wahlkreis Hamburg-Altona. Bartke ist seit dem Jahr 1978 Mitglied der SPD und saß seit März 2018 bis zum Ende der vergangen Wahlperiode dem Ausschuss für Arbeit und Soziales vor.
Der Bevollmächtigte unterstützt das Parlamentarische Kontrollgremium als „verlängerter Arm“ bei der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste. Er übt die Rechte des Kontrollgremiums gegenüber der Bundesregierung und den Nachrichtendiensten aus. Das Amt geht auf das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes aus dem Jahr 2016 zurück. Das Gesetz regelt, dass der Ständige Bevollmächtigte seine Aufgabe hauptamtlich wahrnimmt und ihm ein Stab von Mitarbeitern zuarbeitet. Dazu wurde in der Bundestagsverwaltung eine neue Unterabteilung „Parlamentarische Kontrolle Nachrichtendienste“ eingerichtet.
Unser Bildmaterial zeigt den neuen Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen.
(Fotos: Stephan Pramme/für den Onlineauftritt des Bundestagsabgeordneten von Notz)