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Ulm/Brüssel. Die Europäische Union (EU) muss bei Krisen effektiv und reaktionsschnell handeln. Ihren Institutionen und Organen stehen dazu zahlreiche militärische und zivile Mittel zu Verfügung, darunter auch eine schnelle Eingreiftruppe. Diese wird jetzt nach dem sogenannten „Strategischen Kompass“ – einem aktuellen sicherheits- und verteidigungspolitischen Grundlagendokument – von der substantiell modifizierten EU-Battlegroup zu einer „schnellen EU-Eingreifkapazität“ ausgebaut. Das in Ulm beheimatete Multinationale Kommando Operative Führung (MN KdoOpFü) wird die EU in den nächsten Jahren als eines von fünf „eingemeldeten“ Hauptquartieren zur Führung von militärischen Kräften auf militärstrategischer Ebene mit seinen Planungsfähigkeiten unterstützen. Für diese Aufgabe hat das Hauptquartier unlängst seine Einsatzbereitschaft festgestellt und dies Berlin und Brüssel bereits offiziell mitgeteilt.

Die Feststellung der Einsatzbereitschaft folgte einer internen Strukturanpassung, mehreren Konferenzen mit EU-Organen sowie Übungen, bei denen Planungsexperten des Kommandos die jeweiligen Institutionen mit ihrer Expertise bei der Verbesserung der Krisenreaktionsfähigkeit unterstützt hatten.

In einer Selbstdarstellung des Kommandos heißt es: „An der Schnittstelle zwischen Bundeswehr, NATO und EU stellt das MN KdoOpFü mit seinen Planungskapazitäten, Fähigkeiten und einer langjährigen Expertise auch weiterhin ein bewährtes Hauptquartier auf militärstrategischer Ebene für militärische Einsätze und Übungen im Rahmen der ,Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik‘ – kurz GSVP – der EU zur Verfügung. Es stärkt somit die Handlungs- und Krisenreaktionsfähigkeit der Europäischen Union und ist ein wesentliches Element des vom Europäischen Rat im März 2022 gebilligten Strategischen Kompasses.“

Konkrete und weitreichende Ziele für die kommenden fünf bis zehn Jahre

Der Strategische Kompass beschreibt die gemeinsamen strategischen Ziele der Europäer im Bereich „Sicherheit und Verteidigung“. Die europäischen Mitgliedstaaten verpflichten sich dabei auf eine Reihe konkreter und weitreichender Ziele für die kommenden fünf bis zehn Jahre.

Derzeit wird die Umsetzung der Zielvorgaben des Strategischen Kompasses in Brüssel und den EU-Mitgliedstaaten erarbeitet. Als Hauptquartier der militärstrategischen Ebene unterstützt auf Anfrage aus Brüssel und Berlin das MN KdoOpFü die Umsetzung dieses Prozesses. Dazu die Eigendarstellung: „Somit steht das Ulmer Kommando nicht nur durch ein langjähriges Engagement, sondern auch auf Grundlage der künftigen Ausrichtung mit den EU-Institutionen in Verbindung und hält durch eine intensive Zusammenarbeit einen engen Kontakt mit der europäischen Community.“

Wichtige Rolle als Hauptquartier der militärstrategischen Ebene

Zum Strategischen Kompass gehört auch ein konkreter Plan für eine „schnelle EU-Eingreifkapazität“ (Rapid Deployment Capacity), womit je nach Szenario rasch ein bis zu 5000 Mann starker und modular aufgebauter multinationaler Großverband für verschiedene Arten von Krisen flexibel eingesetzt werden kann.

Ein Ziel des Strategischen Kompasses ist nicht nur die Erhöhung der Einsatzbereitschaft durch regelmäßige Stabs- und Truppenübungen, sondern auch die Stärkung der Führungsstrukturen und -verfahren, so dass Entscheidungen innerhalb der 27 Mitgliedstaaten rascher und flexibler getroffen werden können.

Die „EU-Schnelleingreifkapazität“ ist somit das militärische Herzstück des Strategie-Grundlagendokuments. Sie wird voraussichtlich 2025 die volle Einsatzbereitschaft erreichen und das erste Mal Anwendung finden, wenn Deutschland als Rahmennation die Führung über die europäischen Eingreifkräfte übernehmen und das MN KdoOpFü als Hauptquartier der militärstrategischen Ebene eine wichtige Rolle einnehmen wird.

Im Falle einer Krise und nach Aktivierung durch die politischen Entscheidungsträger werden die Krisenreaktionskräfte der EU von einem operativen Hauptquartier im Einsatzland geführt, das wiederum einem militärstrategischen Hauptquartier unterhalb der politischen Ebene unterstellt ist und politische Weisungen in militärisches Handeln umsetzt. In dieser Funktion stand das Ulmer Kommando Brüssel bereits mehrfach als militärstrategisches Hauptquartier zur Verfügung, zuletzt für die EU-Battlegroup 2020-2 (von Juli 2020 bis März 2021).

Zusammenarbeit zwischen militärischen und zivilen Institutionen

Deutschland hat für das Jahr 2025 erneut angeboten, als Rahmennation die Führung der dann erstmals 5000 Einsatzkräfte umfassenden multinationalen Krisenreaktionskräfte zu übernehmen und den Kern der Truppe zu stellen.

Das Kommando in Ulm erklärt dazu: „Das MN KdoOpFü wird für die zugewiesenen Aufgaben auf militärstrategischer Ebene bereitstehen. Insbesondere wird es die ,Militärische Planungs- und Führungsfähigkeit‘ (Military Planning and Conduct Capability, MPCC) der Europäischen Union mit Planungsfähigkeiten bei der Führung von Missionen und gegebenenfalls Operationen im internationalen Krisenmanagement unterstützen. Die bereits 2017 aufgestellte MPCC ermöglicht es zentral aus Brüssel heraus, Missionen und Operationen der ,Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik‘ nach einem integrierten Ansatz, das heißt in Zusammenarbeit zwischen militärischen und zivilen Institutionen, zu führen. Die MPCC ist Teil des Europäischen Militärstabes (EUMS) und gewährleistet die durchgehende militärische Führungsfähigkeit der EU auch im Krisenfall.“

Deutschland leiste mit dem MN KdoOpFü somit einen wesentlichen Beitrag, die Fähigkeiten des MPCC für ihre vorgesehenen Aufgaben zu unterstützen, so das Kommando abschließend. Dazu verfüge man „über die benötigten Fähigkeiten und Expertisen, welche die zentralen EU-Führungsstrukturen temporär verstärken können“.


Unser Symbolbild zeigt eine Europaflagge.
(Foto: MN KdoOpFü)

Kleines Beitragsbild: Im Kommando in Ulm leisten derzeit Soldaten aus acht EU-Nationen Dienst.
(Foto: MN KdoOpFü)


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