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Berlin/Vilnius (Litauen). Schweden und Finnland sollen Mitglieder des Bündnisses werden. Russland wird aufgefordert all seine militärischen Aktionen in der Ukraine umgehend zu beenden. Die Staats- und Regierungschefs der NATO sind in der Pflicht, der Ukraine beizustehen. Mit diesen Kernergebnissen endete am gestrigen Montag in Vilnius, der Hauptstadt Litauens, die diesjährige Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO. Ein weiteres Schwerpunktthema der Tagung, die am 27. Mai begonnen hatte, war die Aktualisierung des Strategischen Konzepts der Allianz. Die Veranstaltung war ursprünglich in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geplant, nach dem Angriff Russlands auf das Land sind die litauischen Gastgeber kurzfristig eingesprungen.

An der Spitze der Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages stand die Stellvertretende Delegationsleiterin Marja-Liisa Völlers (SPD). Weitere Delegationsmitglieder waren Bettina Lugk, Wolfgang Hellmich, Zanda Martens, Joe Weingarten (alle SPD), Thomas Silberhorn, Kerstin Vieregge (beide CDU/CSU), Merle Spellerberg (Bündnis 90/Die Grünen), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Gerold Otten (AfD).

Für den Bundesrat nahmen an der Frühjahrstagung unter anderem die Innenminister Peter Beuth (Hessen), Boris Pistorius (Niedersachsen) und Georg Maier (Thüringen) teil.

Finnland und Schweden herzlich in der NATO willkommen – Kritik an der Türkei

Langanhaltender Applaus gab es für die Redner, wenn diese vor der Versammlung auf die NATO-Beitrittsgesuche Finnlands und Schwedens zu sprechen kamen. An die Adresse der Türkei wurde dabei die klare Erwartungen formuliert, dem Beitritt der beiden nordischen Länder nicht länger im Wege zu stehen. „Finnland und Schweden zeichnen sich durch jahrelange enge Kooperationen mit der NATO aus und könnten sofort Aufgaben für die dann gemeinsame Bündnisgebietsverteidigung übernehmen“, erklärte Innenminister Beuth.

Er äußerte mit Blick auf den Ukraine-Krieg auch: „Ich bin davon überzeugt, dass die Frühjahrstagung in Vilnius einigen Mitgliedern der deutschen Delegation nachdrücklich vor Augen geführt hat, welcher Bedrohung sich das gesamte Bündnis – also auch Deutschland – entgegenstellen muss.“

Einstimmig und mit großem Nachdruck forderte die Parlamentarische Versammlung der NATO bei ihrer Tagung die Staats- und Regierungschefs des Bündnisses auf, bei ihrem Gipfeltreffen in Madrid (28. bis 30. Juni 2022) rasch zu einem „Vorneverteidigungsdispositiv“ zu kommen, insbesondere durch die ständige Entsendung von Truppen und Gerät entlang der Ostflanke der NATO. Gefordert wurden von den Parlamentariern zudem Verbesserung von Führungsstrukturen und die Erhöhung der militärischen Einsatzbereitschaft insgesamt.

Große Erwartungen an Deutschland bei der Unterstützung der Ukraine

Während der Tagung traf sich die deutsche Delegation mit der französischen und der ukrainischen Abordnung zu bilateralen Gesprächen. Deren Mitglieder machten deutlich, dass von Deutschland als große Volkswirtschaft ein substanzieller Beitrag zur Unterstützung der Ukraine erwartet werde.

Auch die belarussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja traf die deutsche Delegation zu einem Gedankenaustausch und erinnerte daran, dass viele Staaten sich an Deutschland orientieren würden. Tichanowskaja war bei der von massiven Betrugsvorwürfen überschatten Präsidentschaftswahl in Belarus im August 2020 gegen Alexander Lukaschenko angetreten. Lukaschenko erklärte sich anschließend zum Sieger der Wahl. Die belarussische Opposition geht fest davon aus, dass in Wahrheit Tichanowskaja die meisten Wählerstimmen auf sich vereint hatte. Nach der Präsidentschaftswahl gab es in Belarus Massenproteste, die von den Behörden brutal unterdrückt wurden. Tichanowskaja floh daraufhin ins benachbarte Litauen ins Exil.

Am Freitag (27. Mai) hatte die deutsche Delegation auch das Bundeswehr-Kontingent der Beistandsinitiative „Enhanced Forward Presence“ (EFP) im litauischen Rukla besucht.

Weiterhin maximalen Druck auf Russlands Machthaber ausüben

In der Plenarsitzung am Montag (30. Mai) sprach der Stellvertretende NATO-Generalsekretär Mircea Geoană zu den Tagungsteilnehmern. Er dankte den litauischen Gastgebern der Parlamentarischen Versammlung der NATO und begrüßte den Vorsitzenden des ukrainischen Parlaments (Werchowna Rada), Ruslan Stefanchuk, sowie die Sprecher des finnischen und des schwedischen Parlaments Matti Vanhanen und Andreas Norlén.

Geoană wies darauf hin, dass den Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung der NATO angesichts des Krieges in der Ukraine eine Schlüsselrolle zukäme – eine Schlüsselrolle „bei der Förderung strategischer Geduld, einer auf lange Sicht angelegten öffentlichen Unterstützung sowie bei der Einigkeit in den eigenen Reihen“. Der Stellvertretende NATO-Generalsekretär rief auch in Erinnerung, dass das Bündnis in den drei Monaten seit Beginn des Krieges „seine Unterstützung für die Ukraine erheblich verstärkt“ habe. Geoană forderte: „Wir müssen bereit sein, diesen Kurs beizubehalten und unsere Bemühungen fortzusetzen, indem wir maximalen Druck auf Russlands Präsidenten Putin ausüben, um diesen Krieg zu beenden und alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Ukraine langfristig zu unterstützen.“


Kompakt                           

Seit dem Jahr 1955 begleitet die Parlamentarische Versammlung der NATO die politische und militärische Arbeit des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses. Die Versammlung ist ein Diskussionsforum, in dem insgesamt 269 Parlamentarier aus den 30 NATO-Mitgliedsländern über sicherheits- und verteidigungspolitische Themen beraten.

Weiter können Delegierte aus elf assoziierten Staaten (Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Finnland, Georgien, Österreich, Republik Moldau, Schweden, Schweiz, Serbien, Ukraine) an den Beratungen teilnehmen. Seit 2014 ist der assoziierte Status der Russischen Föderation ausgesetzt. Gründe dafür sind die Annexion der Krim durch Russland und die unterschiedlichen Einschätzungen der Umstände im Zusammenhang mit der Annexion.

Weitere assoziierte Mitglieder und Partner aus dem Mittelmeerraum sind Algerien, Israel, Jordanien und Marokko. Außerdem kann eine zehnköpfige Delegation des Europäischen Parlaments an den Tagungen teilnehmen. Weitere acht Länder (Australien, Ägypten, Japan, Kasachstan, Kosovo, der palästinensische Legislativrat, Südkorea sowie Tunesien) können parlamentarische Beobachter-Delegationen entsenden.

Der Deutsche Bundestag entsendet zwölf Abgeordnete, die sich auf die fünf Ausschüsse für Politik, Verteidigung und Sicherheit, Wirtschaft und Sicherheit, die Zivile Dimension der Sicherheit sowie Wissenschaft und Technologie verteilen. Der Bundesrat entsendet sechs Mitglieder.


Das Symbolbild zeigt im Vordergrund die Flagge der Parlamentarischen Versammlung der NATO, dahinter die blaue Bündnisflagge.
(Foto: nr)


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