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Wilhelmshaven/Überlingen/Rom. Die Deutsche Marine hat mit Erfolg die Einsatzprüfung für die Lenkmunition Vulcano 127 abgeschlossen. Der Nachweis wurde von der Besatzung der Fregatte „Rheinland-Pfalz“ (F225) im Bereich des NATO-Testgeländes Andøya in Nordnorwegen erbracht. Fachpersonal zweier Wehrtechnischer Dienststellen (WTD), der WTD 71 in Eckernförde und der WTD 91 in Meppen, waren bei der Erprobung der präzisionsgelenkten Munition mit an Bord. Die WTD 71 ist die Dienststelle „für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung“, die WTD 91 kümmert sich schwerpunktmäßig um den Bereich „Waffen und Munition“. Nach der Einsatzprüfung soll die Truppeneinführung der Vulcano-Munition beginnen.

Für die Einsatzprüfung der Lenkmunition Vulcano 127 mm nutzte die Deutsche Marine an Bord der Fregatte „Rheinland-Pfalz“ eine sogenannte „127/64 Lightweight“ (kurz „127/64 LW“), ein schnellfeuerndes Oto-Melara-Schiffsgeschütz, das von dem italienischen Unternehmen Leonardo hergestellt wird. Der Test vor der Insel Andøya umfasste „den gesamten Munitionsfluss in der Waffe einschließlich Programmierung und Abfeuerung mit Nachweis der Reichweite und der Präzision unter operationellen Bedingungen“.

Die Munitionsfamilie Vulcano 127 und 155 mm wurde von den beiden Rüstungsunternehmen Diehl Defence (Überlingen am Bodensee) und Leonardo (Rom) im Auftrag der deutschen und italienischen Regierung entwickelt und qualifiziert – siehe dazu auch unseren früheren Beitrag. Für die Einsatzprüfung verantwortlich zeichnete das Koblenzer Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). Laut Hersteller ist „die Kompatibilität zu allen 127 mm- und 155 mm-Waffensystemen sichergestellt“.

Hersteller loben „einzigartige Treffgenauigkeit gegen Fest- und Bewegtziele“

Die Vulcano-Munition ist für größere Reichweiten von 70 Kilometer für Vulcano 155 mm und von 80 Kilometer für Vulcano 127 mm ausgelegt, und dies – so Diehl Defence und Leonardo in einer gemeinsamen Pressemitteilung – „in Verbindung mit einzigartiger Treffgenauigkeit gegen Fest- und Bewegtziele“. Weiter heißt es im Pressetext: „Neben der Basiskonfiguration mit Height-of-Burst-Sensor (HoB-Sensor), wurden andere Konfigurationen mit den Terminal-Homing-Sensoren SAL (Semi-Active Laser) und FarIR (Fernes Infrarot) qualifiziert, die mit höchster Zielgenauigkeit gegen stationäre und bewegte Einzelziele zum Einsatz kommen.“ Dies mache die Vulcano-Familie „zur präzisesten Artilleriemunition für Land- und Marine-Anwendungen weltweit“, so die Kooperationspartner.

Ziele sind Fahrzeuge, halbgepanzerte Fahrzeuge oder auch Gefechtsstände

Diehl und Leonardo weisen in ihrer Pressemitteilung auch darauf hin, dass „der leistungsstarke, insensitive Mehrzweck-Sprenggefechtskopf mit vorgeformten Wolfram-Splittern höchst effektiv gegen weiche Ziele, Fahrzeuge, halbgepanzerte Fahrzeuge, Infrastrukturen und alle Arten typischer Infanteriegefechtsstände einsetzbar“ [ist].

Neben der deutschen soll auch die italienische Marine nach der nun erfolgreich beendeten Testphase vor Norwegen mit der Lenkmunition Vulcano 127mm ausgestattet werden.


Hintergrund                           

Der Hinweis der Vulcano-Hersteller Diehl und Leonardo auf die in der Artilleriemunition enthaltenen „vorgeformten Wolfram-Splitter“ dürfte den ein oder anderen Leser an eine frühere Diskussion erinnern. Im Februar 2005 hatte das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL unter Bezugnahme auf die wissenschaftliche Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives, die vom National Institute of Environmental Health Sciences der USA herausgegeben wird, darüber berichtet, dass Munition mit Wolfram-Legierungen möglicherweise Krebs auslösen könne.

Der SPIEGEL berief sich damals in seinem Beitrag auch auf das Radiobiology Research Institute des US-Militärs, das davor gewarnt hatte, bereits „kleine Wolfram-Bruchstücke [könnten] im menschlichen Körper Tumore verursachen“. In einer weiteren Studie habe das Institut mit Sitz in Bethesda diese Befürchtung bestätigt, so das Magazin. Weiter hieß es in dem SPIEGEL-Artikel, ein Team der Einrichtung habe „bei Versuchen an Ratten eine stark krebserregende Wirkung von Legierungen mit dem Schwermetall beobachtet“.

Rund zehn Jahre später, im November 2015, befasste sich auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken mit dem Thema „Toxische Wirkung der panzerbrechenden Munition [aus Wolfram-Legierungen] der Bundeswehr“. Sie erklärte dazu unter anderem: „[Es] liegen keine Erkenntnisse zu schädlichen Auswirkungen von Wolfram-Munition als Bestandteil von panzerbrechender Munition auf die Umwelt – beispielsweise in Form von schädlichen Bodenveränderungen oder Gewässerverunreinigung – vor.“ Und: „Die Bundesregierung verfügt über keine Kenntnisse einer eventuellen gesundheitlichen Gefährdung der Zivilbevölkerung durch den Einsatz von Wolfram-Geschossen oder anderer panzerbrechender Munition. Bei den [Angehörigen der Bundeswehr] sind bislang keine Hinweise auf eine solche gesundheitliche Gefährdung bekannt geworden.“


Die Grafik zeigt die Artillerie-Lenkmunition Vulcano 127 mm, die demnächst auch die Deutsche Marine nutzen wird.
(Bild: Diehl Defence)


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