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Truppenübungsplatz Bergen/Berlin. Im Oktober übten und präsentierten sich Teile des Organisationsbereichs „Sanitätsdienst der Bundeswehr“ der Öffentlichkeit. So besuchte am Montag dieser Woche (17. Oktober) auch Bundeskanzler Olaf Scholz die Ausbildungs- und Lehrübung (ALÜ) „Landoperationen“ auf dem Truppenübungsplatz Bergen. Hier hatten Kräfte der Panzerbrigade 12 „Oberpfalz“ (Sitz des Stabes ist Cham) ein Luftlanderettungszentrum leicht errichtet. Der Kernauftrag dieser Station bei der ALÜ lautete: die „sanitätsdienstliche Versorgung auf Brigadeebene“. In Berlin begann dann am Mittwoch (19. Oktober) im Ausbildungs- und Simulationszentrum des Sanitätsregiments 1 (Standort Weißenfels) eine 52-Stunden-Übung. Im Mittelpunkt stand hier ebenfalls eine Rettungsstation.

Das Luftlanderettungszentrum leicht der Panzerbrigade 12 wurde auf dem Truppenübungsplatz Bergen geleitet von Oberstarzt Dr. Tobias Gamberger, Kommandeur des Sanitätslehrregimentes „Niederbayern“ (Feldkirchen). Rund 60 Bundeswehrangehörige zeigten hier bei der ALÜ ihre Fähigkeiten und Arbeitsweisen rund um die notfallmedizinische Versorgung einer Kampfbrigade. Anspruch der medizinischen Versorgung sei es, den größtmöglichen Standard in der Versorgung für die Soldaten aufrechtzuerhalten, aber auch gleichzeitig mit den Anforderungen an eine flexible, schnelle und moderne Führung des Gefechts Schritt zu halten, erklärte Gamberger.

Ein wesentliches Merkmal einer Luftlanderettungsstation seien die luftgestützten Zelte, so der Arzt weiter. Gamberger führte aus: „Das Konzept der Rettungsstation ist auf den schnellen Transport mit mehreren Hubschraubern oder Transportflugzeugen ausgelegt. Die leichten Zelte sind dabei höchst mobil einsetzbar. Sie werden durch das Befüllen mit Luft aufgerichtet. Zu ihrer Ausstattung gehören kompakte modulare Geräte, welche die Operations- und Behandlungszelte mit Strom und einer angenehmen Temperatur versorgen.“ Dies alles sei ein sehr guter Kompromiss zwischen – auf der einen Seite – taktischer Mobilität, um schnell auf die Gefechtsführung der Brigade reagieren zu könne. Auf der anderen Seite sei so die nötige Flexibilität in der Anpassung der Notfallversorgung an die zu erwartenden Verletzungsmuster gewährleistet. „Insgesamt müssen und wollen wir eine hochwertige medizinische Versorgung sicherstellen“, beschreibt der Kommandeur den übergeordneten Auftrag.

Ein fester Bestandteil der Rettungskette der deutschen Streitkräfte

Die Luftlanderettungsstation, wie auch bei der ALÜ gezeigt, ist fester Bestandteil der in der Bundeswehr bewährten Rettungskette. Mit Beginn der Selbst- und Kameradenhilfe ist diese in vier fest definierte Ebenen eingeteilt:

Die Behandlungsebene 1 ist die sanitätsdienstliche Versorgung und Notfallversorgung mit dem Ziel, den Transport der Soldaten sicherzustellen. Dazu werden Rettungstrupp, Arzttrupps oder die Rettungsstationen der Bataillone bereitgehalten.
Die Behandlungsebene 2 (zu der auch die Rettungsstation der Panzerbrigade 12 gehört) dient der notfallmedizinischen sowie chirurgischen Versorgung der Verletzten.
Die Behandlungsebene 3 ist die klinische Akutversorgung, etwa in Einsatzlazaretten. Diese Versorgung zeichnet sich durch ausgewiesene Fachgebiete sowie größere Operations- und Pflegekapazitäten aus.
Die Behandlungsebene 4 entspricht den Bundeswehrkrankenhäusern oder zivilen Gesundheitssystemen inklusive Rehabilitationsmöglichkeiten.

Gesamtes Rettungszentrum nach rund vier Stunden vollständig einsatzbereit

„Zeit ist ein äußerst entscheidender Faktor für das Behandlungsergebnis“, erklärt bei der Leistungsschau auf dem Truppenübungsplatz Bergen Oberstarzt Gamberger. Gemäß NATO-Standard gelte in Szenarien der Landes- und Bündnisverteidigung die sogenannte „10-1-2“-Regel. „Das bedeutet, dass die lebensrettende Blutstillung und die Atemwegssicherung innerhalb der ersten zehn Minuten nach der Verletzung erfolgen müssen. Nach einer weiteren Stunde, auch bezeichnet als ,Golden Hour‘, muss der Verwundete notfallmedizinisch innerhalb der Ebene 1 versorgt werden. Nach zwei Stunden muss der Verletzte in der chirurgischen Notfallversorgung, Ebene 2 – also etwa in einem wie bei der ALÜ eingesetzten Luftlanderettungszentrum – angekommen sein“, so der Mediziner.

Die gesamte Rettungsstation umfasst Material mit einem Gewicht von fast 45 Tonnen und hat aufgestellt eine Ausdehnung von 45 mal 25 Metern. Nach Absetzen der Container und Zelte können bereits nach gut eineinhalb Stunden erste Verletzte aufgenommen werden. Nach zwei Stunden können die Ärzte beginnen, erste Patienten zu operieren. Nach gut vier Stunden ist das gesamte Rettungszentrum einsatzbereit.

52-Stunden-Übung des Weißenfelser Sanitätsregiments 1

Kurz noch ein Blick nach Berlin. Hier in der Bundeshauptstadt im Ausbildungs- und Simulationszentrum des Sanitätsregimentes 1 fand jetzt eine lange 52-Stunden-Übung statt. Der Schwerpunkt bei dieser Veranstaltung, die als „Teamtraining Rettungsstation“ deklariert war, lag auf der effizienten Zusammenarbeit des medizinischen Personals unter realitätsnahen und zudem erschwerten Bedingungen in einer Behandlungseinrichtung der Ebene 1.

Die Übung begann am Mittwoch (19. Oktober) um 7:30 Uhr, als Yak-Rettungsfahrzeuge die ersten „Übungspatienten“ zur Rettungsstation brachten. Im Bereich der taktischen Medizin wurde von den Übungsteilnehmern die „Role 1“ (Behandlungsebene 1) simuliert.

Der Donnerstagmorgen (20. Oktober) begann mit einer sogenannten „Mass-Casualty“-Lage, einer Einlieferung von vielen „Verwundeten“ auf einen Schlag – die Rettungskette musste auch in dieser Extremsituation funktionieren. Mehrere Yak-Rettungswagen trafen gleichzeitig ein, kurz darauf warteten die „Verwundeten“ auf dem Platz vor der Rettungsstation auf die medizinische Hilfe. Zunächst jedoch musste schnellstmöglich eine strenge Triage-Ordnung hergestellt werden, bei der die „Patienten“ je nach Schwere ihrer Verletzung rot-, gelb- und grünfarbige Armbänder erhielten.

Kritische Beurteilung der einzelnen Übungssequenzen durch die Instruktoren

Die letzte Übungsnacht stellte die Teilnehmer noch einmal vor zusätzliche Herausforderungen: Um vom „Feind“ nicht aufgeklärt zu werden, wurden aller Lichter ausgeschaltet und absolute Licht-Disziplin befohlen. Zur Versorgung der Patienten in der Rettungsstation wurden Nachtsichtgeräte eingesetzt. Diese ermöglichten zwar das Sehen im Dunkeln, boten jedoch nur einen kleinen Sichtbereich – die Orientierung im Inneren des Zeltes wurde so natürlich schwieriger.

Zwischen den einzelnen Übungsabschnitten und Szenarien hatten die Lehrgangteilnehmer Gelegenheit, die vorangegangene Lage zu besprechen und ein Feedback der Instruktoren zu erhalten: „Was wurde gut bewältigt, in welchen Situationen gab es noch Verbesserungspotenzial?“ Zur kritischen Überprüfung standen auch die Aufnahmen verschiedener Kameras, die in der Rettungsstation angebracht waren, zur Verfügung. Zusätzlich waren alle Teilnehmer mit Headsets ausgestattet worden, damit auch beurteilt werden konnte, wie die Teammitglieder miteinander kommunizierten. In einem eigens dafür eingerichteten Debriefing-Zelt wurden die Videoaufnahmen gemeinsam angesehen, ausgewertet und besprochen.


Zu unseren Aufnahmen:
1. 52-Stunden-Übung im Ausbildungs- und Simulationszentrum des Sanitätsregiments 1 in Berlin mit dem Schwerpunkt „Teamtraining Rettungsstation“. Das Bild zeigt die Einlieferung der ersten beiden „Verwundeten“ in die Rettungsstation des Weißenfelser Regiments.
(Foto: Csenge Biro/Bundeswehr)

2. Massenhafte Ankunft von „Verwundeten und Verletzten“ vor der Rettungsstation im Ausbildungs- und Simulationszentrum des Sanitätsregiments 1.
(Foto: Csenge Biro/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Ausbildungslehrübung auf dem Truppenübungsplatz Bergen, das Luftlanderettungszentrum leicht der Panzerbrigade 12: Die Rettungsstation auf der ALÜ war mit zwei Operationssälen ausgestattet; hier wurden die „Patienten“ notfallmedizinisch und chirurgisch versorgt. Die Aufnahme zeigt die Einlieferung von „Verletzten“.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr)


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