Berlin. Der Deutsche Bundestag berät am Mittwoch kommender Woche (27. April) in erster Lesung über das geplante Sondervermögen „Bundeswehr“, das mit 100 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Die Bundesregierung legt dabei zwei Gesetzentwürfe vor: einen Entwurf „Bundeswehrsondervermögensgesetz“ (kurz BwSVermG) und einen Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a). Beide Texte sollen dann im Anschluss an die knapp 70-minütige Aussprache zur weiteren Beratung in den Haushaltsausschuss überwiesen werden.
Der erste Gesetzentwurf dient der eigentlichen Errichtung eines Sondervermögens „Bundeswehr“. Mit dem zweiten Gesetzentwurf soll der Artikel 87a des Grundgesetzes geändert werden, wofür im Bundestag und im Bundesrat jeweils Zweidrittelmehrheiten erforderlich sind.
Artikel 87a, Absatz 1 des Grundgesetzes lautet bisher: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.“
Ein neuer Absatz 1a in Artikel 87a des Grundgesetzes soll nun „den Bund zur Errichtung eines Sondervermögens mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit und Ertüchtigung der Streitkräfte [ermächtigen]“. Weiter heißt es im Regierungsentwurf zu Absatz 1a: „Diese Kreditermächtigung wird von den Kreditobergrenzen der Schuldenregel ausgenommen. Die Regelung des Näheren wird dem einfachen Gesetzgeber überlassen.“
Die Mittel des Sondervermögens sollen laut Entwurf des BwSVermG an den Zweck „Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ gebunden sein und „der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben, insbesondere komplexer überjähriger Maßnahmen, dienen“ (Paragraf 2).
Der Entwurf sieht vor, dass ab dem Jahr 2023 der Wirtschaftsplan des Sondervermögens mit dem Haushaltsgesetz festgestellt wird. Der Wirtschaftsplan für 2022 soll dem Gesetz demnach als Anlage beigefügt werden. Verträge für Vorhaben des Sondervermögens, die ein Volumen von 25 Millionen Euro überschreiten, müssen laut Entwurf dem Haushaltsausschuss des Bundestages zur Billigung vorgelegt werden.
Die Tilgung der aufgenommenen Kredite soll nach vollständiger Inanspruchnahme der Kreditermächtigungen innerhalb eines „angemessenen Zeitraums“ erfolgen. „Die Modalitäten der Rückführung werden spätestens im Jahr nach der vollständigen Inanspruchnahme der Kreditermächtigung gesetzlich geregelt“, heißt es in dem Entwurf in Paragraf 8 Absatz 2 weiter.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Errichtung des Sondervermögens „Bundeswehr“ und dessen Verankerung im Grundgesetz in der Sondersitzung des Bundestages am 27. Februar 2022, drei Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, angekündigt.
Ziel ist es, die „Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ der deutschen Streitkräfte zu stärken. Vor allem sollen mehrjährige, komplexe Ausrüstungsvorhaben damit finanziert werden. Um die Ausgaben dieses geplanten Sondervermögens zu decken, soll das Bundesfinanzministerium ermächtigt werden, Kredite bis zur Höhe von 100 Milliarden Euro aufzunehmen.
Im Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es einleitend unter anderem: „Die Gewährleistung der äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist eine staatliche Kernaufgabe. Die Bundeswehr soll künftig deutlich besser ausgestattet werden, um die von ihr zu gewährleistende Aufgabe der Landesverteidigung und die Bündnisverpflichtungen Deutschlands uneingeschränkt und zu jeder Zeit wahrnehmen zu können.“
Der Haushaltsausschuss befasst sich am kommenden Montag (9. Mai 2022) in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema „Sondervermögen Bundeswehr“. Die Sitzung beginnt um 11 Uhr im Saal 3.101 des Berliner Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses und dauert zwei Stunden. Grundlage der Anhörung bilden die zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ – ein Entwurf „Bundeswehrsondervermögensgesetz“ (kurz BwSVermG) und ein Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a).
Die Ausschusssitzung wird live im Parlamentsfernsehen im Internet und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Zu unserer Symbolaufnahme „Grundgesetz“: Der Artikel 87a des Gesetzeswerkes soll zur Einführung eines Sondervermögens für die Bundeswehr geändert werden. Die Aufnahme vom 26. März 2009 zeigt das Original-Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der Parlamentarische Rat hatte den Gesetzestext damals in der Zeit vom 1. September 1948 bis zur Unterzeichnung am 8. Mai 1949 erarbeitet und vorbereitet. Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetzt für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
(Foto: Sylvia Bohn/Deutscher Bundestag)