Karlsruhe/Düsseldorf. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat am 16. März vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen einen ehemaligen Reserveoffizier der Bundeswehr erhoben. Er soll bis März 2020 für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Der Angeklagte, dessen Name mit „Ralph G.“ angegeben wird, gehörte laut Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof „mehreren Ausschüssen der deutschen Wirtschaft“ an. In dieser Funktion habe Ralph G. den Kreml-Dienst über etliche Jahre hinweg mit Informationen versorgt. Dabei sei es unter anderem um die Gaspipeline „Nord Stream 2“ gegangen, so die Bundesanwaltschaft. Der Mann sitzt derzeit nicht in Untersuchungshaft.
In einer am heutigen Freitag (1. April) veröffentlichten Presseerklärung der Bundesanwaltschaft heißt es: „Der Angeschuldigte ist hinreichend verdächtig, für einen ausländischen Geheimdienst gegen die Bundesrepublik Deutschland und gegen einen NATO-Vertragsstaat tätig gewesen zu sein.“
Aus der inzwischen zugestellten Klageschrift geht unter anderem hervor, dass Ralph G. Reserveoffizier der Bundeswehr gewesen war und einem Kreisverbindungskommando als stellvertretender Leiter vorgestanden hatte. Daneben gehörte er aufgrund seiner zivilberuflichen Tätigkeit mehreren Ausschüssen der deutschen Wirtschaft an.
Ralph G. habe spätestens seit Oktober 2014 Verbindung zu einem russischen Nachrichtendienst gehabt und diesem bis März 2020 Informationen geliefert, so der Generalbundesanwalt weiter. Die Informationen und zusätzlich gelieferten Dokumente stammten „teilweise aus öffentlichen, aber auch aus nichtöffentlichen Quellen im Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten als Reserveoffizier und in der Wirtschaft“. Im Gegenzug habe der Angeschuldigte Einladungen zu Veranstaltungen russischer Regierungsstellen erhalten.
In der Anklageschrift wird näher erläutert: „Der Angeschuldigte verschaffte dem russischen Nachrichtendienst so einerseits Informationen zum Reservistenwesen der Bundeswehr sowie zu der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit und der damit verbundenen ,Zivilen Verteidigung‘. Daneben lieferte er Einblicke aus dem Bereich der Wirtschaft, etwa zu den Folgen der gegen Russland im Jahr 2014 verhängten Wirtschaftssanktionen für Deutschland und die Europäische Union und zur Gaspipeline ,Nord Stream 2‘. Darüber hinaus ließ Ralph G. seinen Ansprechpartnern bei dem russischen Nachrichtendienst personenbezogene Daten von hochrangigen Angehörigen der Bundeswehr und aus der Wirtschaft – darunter deren private Kontaktdaten – zukommen. Schließlich vermittelte er seinen Kontaktpersonen einen Überblick über die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer westlichen Verbündeten.“
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) soll es im Zusammenhang mit dem Verdacht gegen Ralph G. bereits im Jahr 2020 ein Durchsuchung gegeben haben. Da damals keine Festnahme erfolgte, informierte die Bundesanwaltschaft auch nicht öffentlich über die laufenden Ermittlungen.
Wie außerdem die ARD berichtete, bezeichnen „Ermittlungskreise“ den ehemaligen Reserveoffizier als „keinen großen Fisch in der Welt der Spionage“. Trotzdem – so der ARD-Hinweis – seien solche Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten eine Straftat, bei der auch in einfachen Fällen bis zu fünf Jahren Haft drohten.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf muss nun über die Zulassung der Anklage des Generalbundesanwalts gegen Ralph G. entscheiden.
Die Aufnahme zeigt das Gebäude des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
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Kleines Beitragsbild: Behördenschild im Eingangsbereich des Generalbundesanwalts.
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