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Bonn/Berlin. Der Bundesrechnungshof in Bonn hat in einem Zwischenbericht für das Parlament heftige Kritik am „Entwurf des Wirtschaftsplans des ,Sondervermögens Bundeswehr‘ für das Jahr 2023“ geübt. Mit seinem Zwischenbericht weist das unabhängige Organ der Finanzkontrolle des Bundes auf Mängel des Entwurfs des Wirtschaftsplanes und auf finanzielle Risiken hin. Im Entwurf seien beispielsweise die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für zahlreiche Vorhaben – etwa die Beschaffung des Kampfflugzeugs F-35 oder des Schweren Transporthubschraubers – nicht in einzelnen Titeln veranschlagt, sondern bei Sammeltiteln zusammengefasst, so der Bundesrechnungshof. Die Struktur des Wirtschaftsplan-Entwurfs entspreche somit nicht der gesetzlichen Vorgabe.

Weiter merken die Kontrolleure an, dass das „Sondervermögen Bundeswehr“ ein Finanzvolumen „von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro“ aufweist. Die vorgesehenen Gesamtausgaben aller im Entwurf des Wirtschaftsplans aufgeführten Vorhaben überschritten jedoch diesen Finanzrahmen. „Der Bundesrechnungshof hält eine Überschreitung des gesetzlich vorgegebenen Finanzrahmens für unzulässig“, heißt es dazu in dem Zwischenbericht. Übersehen hatte das Verteidigungsministerium offenbar auch, dass das Sondervermögen dynamisch ausgestaltet werden muss, also sowohl Preissteigerungen als auch Zinsen für die Schulden zu berücksichtigen sind.

In Folge der externen Kritik traf sich am vergangenen Mittwoch (26. Oktober) im Ministerium eine Expertenrunde zur Generalkorrektur. Laut SPIEGEL waren „drei der vier Staatssekretäre dabei, außerdem die zuständigen Abteilungsleiter und der Stellvertretende Generalinspekteur“. Die Aufgabenstellung: Überarbeitung des Wirtschaftsplans und Reduzierung der geplanten Rüstungs- und Beschaffungsvorhaben („Streichliste“), um wieder im 100-Milliarden-Rahmen des Sondervermögens zu bleiben.

Verteidigungsministerium streicht sechs Vorhaben aus seinem Wirtschaftsplan

Am gestrigen Freitag (28. Oktober) wurde der überarbeitete Plan schließlich den Mitgliedern des Haushalts- und des Verteidigungsausschusses des Bundestages präsentiert. Sechs Projekte insgesamt waren aus der Planung „Sondervermögen Bundeswehr“ (für das Jahr 2023) herausgenommen worden.

Betroffen von den Kürzungen sind vorrangig das Heer und die Marine. Demnach soll die Beschaffung eines Nachfolgemodells für den Transportpanzer Fuchs der größten Teilstreitkraft zunächst zurückgestellt werden. Noch im Juni hatte die Bundesregierung eine Absichtserklärung unterzeichnet, dem von Finnland geführten Programm „CAVS“ (CAVS = Common Armoured Vehicle System), das zu einem modernen Radpanzer führen soll, beizutreten. Ob und wie viele CAVS-Panzer die Bundeswehr schließlich kaufen wird, ist heute völlig unklar.

Vorerst gestoppt wurde auch das Projekt „Flugabwehrsystem des Deutschen Heeres vor allem gegen Drohnen“ (Nah- und Nächstbereichsschutz).

Gestrichene Projekte müssen nun aus dem regulären Wehretat finanziert werden

Schmerzhafte Streichungen muss die Marine hinnehmen: So sollen von der Fregatte F126 über die bereits bestellten vier Schiffe hinaus zunächst keine weiteren Einheiten angeschafft werden. Die Option zum Kauf zweier weiterer Fregatten soll demnach „zunächst“ nicht genutzt werden.

Die Marine muss auch die Reduzierung der Anzahl der Korvetten K130 hinnehmen. Laut Streichliste des Wehrressorts ist die Beschaffung nun von zehn auf sechs Korvetten reduziert worden.

Beim Seefernaufklärer P-8A Poseidon muss sich die Marine jetzt mit einer geringeren Stückzahl begnügen. Fünf der Flugzeuge des US-Herstellers Boeing sind bereits bestellt (wir berichteten zuletzt hier). Noch im Juni hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Enak Ferlemann, unter anderem von Oktober 2009 bis Dezember 2021 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister, der in Bremerhaven erscheinenden Nordsee-Zeitung gegenüber bestätigt, dass neben den fünf bereits festen Poseidon-Maschinen „weitere sieben Maschinen zu den Marinefliegern nach Nordholz“ kommen sollen. Das Verteidigungsministerium plant nun laut Wirtschaftsplan nur noch die Anschaffung von drei weiteren P-8A-Flugzeugen.

Beim Flugkörper IDAS (IDAS = Interactive Defence and Attack System for Submarines), der Uboote vor Angriffen aus der Luft schützen soll, werden nur noch die Entwicklungskosten im Sondervermögen abgebildet, aber nicht mehr die Beschaffung. Das System wird gemeinsam von den deutschen Herstellern Diehl Defence und ThyssenKrupp Marine Systems in Kooperation mit der norwegischen Firma Kongsberg für die Uboot-Klasse 212A unserer Marine entwickelt.

Der SPIEGEL kommentierte die ministerielle Reduzierung in seinem Beitrag vom 28. Oktober so: „Formal sind die Projekte nicht endgültig beerdigt, sondern sollen nun nur nicht mehr aus dem Sondervermögen, sondern aus dem regulären Haushalt des Ministeriums finanziert werden. Dafür müsste das 50-Milliarden-Euro-Verteidigungsbudget in den kommenden Jahren aber dramatisch wachsen – doch daran mögen selbst die Optimisten im Bendlerblock nicht glauben.“


Zu unserer Montage: Das Hintergrundbild zeigt den Haupteingang des Bundesrechnungshofes in Bonn. Aufmontiert sind die Deckblätter des Bundesrechnungshof-Berichts an den Haushaltsausschuss des Bundestages zur Entwicklung des Einzelplanes 14 (für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2023) vom 30. August 2022 sowie die beiden Berichte zum Entwurf des Wirtschaftsplans des Bundeswehr-Sondervermögens (für das Jahr 2023) vom 7. Oktober 2022 und vom 3. November 2022. Das Deckblatt des Berichts vom 3. November 2022 wurde nachträglich eingearbeitet.
(Hintergrundfoto: Bundesrechnungshof; Bildmontage mediakompakt)

Kleines Beitragsbild: Mauer mit Schriftzug „Bundesrechnungshof“ am Dienstsitz der Bundesoberbehörde.
(Foto: Bundesrechnungshof)


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