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Berlin/Koblenz/Bremen/Überlingen/Haifa (Israel)/Röthenbach an der Pegnitz. Am 10. Februar hat der Haushaltsausschuss des Bundestages dem Beschaffungsvorhaben „Herstellung und Lieferung von 666 Lenkflugkörpern MELLS einschließlich Zubehör“ zugestimmt. Die Haushaltsmittel wurden auf Grund einer im Herbst 2019 geschlossenen Rahmenvereinbarung zwischen dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und der EuroSpike GmbH bereitgestellt. Die MELLS-Flugkörper werden im Unterauftrag von Diehl Defence geliefert. Diehl bezieht die Waffen vom israelischen Hersteller Rafael Advanced Defense Systems. Die MELLS-Waffenanlagen werden von Rheinmetall Electronics, das innerhalb der Defence-Sparte der Rheinmetall-Gruppe zur Division „Electronic Solutions“ gehört, hergestellt.

MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem) dient zur Bekämpfung von Zielen am Boden wie Kampfpanzer, gepanzerte Waffensysteme, gehärtete Stellungen oder aber auch langsam fliegender beziehungsweise im bodennahen Luftraum schwebender Hubschrauber. MELLS wird nicht nur im Heer eingesetzt (das Kommando Spezialkräfte verfügt bereits seit mehreren Jahren über MELLS). Auch die Spezialkräfte der Marine sowie die Objektschutzkräfte der Luftwaffe nutzen die Waffenanlage mit ihren Panzerabwehrlenkflugkörpern. MELLS ist ebenfalls fester Bestandteil der Ausrüstung bei den Schützenpanzern Marder und Puma sowie auf dem Waffenträger Wiesel 1 (wir berichteten letztmalig über das Waffensystem MELLS im November 2019). Außerhalb der Bundeswehr ist das System auch unter dem Namen Spike LR (Long Range) bekannt.

Die Bundeswehr löst mit MELLS schrittweise die Abwehrsysteme MILAN (französisch: Missile d′Infanterie léger antichar/deutsch: Leichte Infanterie-Panzerabwehrrakete/zudem Apronym, das auf den Greifvogel Milan verweist) und TOW (Tube Launched Optically Tracked Wire Command-link Guided Missile) ab.

EuroSpike – zuständig für Programm-Management und Vermarktung

Als offizieller Hersteller des gesamten MELLS-Systems fungiert die im mittelfränkischen Röthenbach an der Pegnitz ansässige EuroSpike GmbH. EuroSpike ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Bremer Rheinmetall Electronics GmbH (40%), der Überlinger Diehl Defence GmbH & Co. (40%) und der Rafael Advanced Defense Systems Ltd. aus Haifa, Israel (20%).

Das Joint Venture ist für die Vermarktung, den Vertrieb und das Programm-Management der Spike/MELLS-Lenkflugkörper-Familie in Europa verantwortlich. Die Fertigung des Waffensystems MELLS erfolgt zu großen Teilen in den entsprechenden Konzernbereichen von Rheinmetall und Diehl, hinzu kommen auch Unterauftragnehmer in Europa.

Rahmenvereinbarung zur MELLS-Beschaffung vom Herbst 2019

Im Oktober 2019 hatte das Koblenzer Beschaffungsamt mit der EuroSpike GmbH eine Rahmenvereinbarung „Ergänzungsbeschaffung MELLS – 3. Los“ zur Lieferung von neuen Waffenanlagen MELLS und den dazugehörigen Panzerabwehrlenkflugkörpern geschlossen. Die europäische Ausschreibungsplattform „Tenders Electronic Daily“ (TED) beschrieb den Auftrag damals so: „Rahmenvereinbarung über eine Ergänzungsbeschaffung von 11.500 Lenkflugkörpern MELLS einschließlich Transport- und Lagerbehältern sowie von 214 Waffenanlagen MELLS einschließlich Transport- und Lagerbehältern mit Rucksäcken für die Waffenanlagen und Tragegestellen für die Lenkflugkörper. Vorgesehen ist eine Mindestabnahme von 1500 Lenkflugkörpern und von 132 Waffenanlagen mit dem jeweiligen Zubehör.“

Nach der Entscheidung des Haushaltsausschusses vom 10. Februar, basierend auf der Grundlage des Rahmenvertrages von 2019, folgte am 18. Februar die Beauftragung durch das BAAINBw. Das 4. Los mit der Beschaffung von 666 MELLS-Lenkflugkörpern und 82 MELLS-Waffensystemen hat laut EuroSpike ein Auftragsvolumen von rund 105 Millionen Euro (82 Millionen für die Spike-Raketen und 23 Millionen für die Waffenanlage). Das Wehrmaterial soll in den Jahren 2024 und 2025 ausgeliefert werden.

Aus dem Rahmenvertrag sind inzwischen insgesamt 2166 Lenkflugkörper Spike LR/MELLS bestellt worden, 9334 Lenkflugkörper können noch geordert werden. Die Gesamtzahl der MELLS-Werfer wird sich durch die letzte Bestellung auf 525 Systeme erhöhen. Mit dem aktuellen Abruf ist der geplante Beschaffungsumfang an Waffenanlagen erreicht.

Die Flugkörper werden im Unterauftrag von Diehl geliefert, die Waffenanlagen werden von Rheinmetall hergestellt. Als MELLS-Waffenanlage ist mittlerweile die neueste Generation mit integrierter Steuerung (Integrated Command and Launch Unit, kurz iCLU) im Einsatz, die bereits auf zukünftige leistungsstärkere Lenkflugkörper Spike LR 2/MELLS abgestimmt ist. Die Spike LR hat eine maximale Reichweite von 4 Kilometern, die Spike LR 2 eine maximale Reichweite von 5,5 Kilometern.

Über die Beauftragung zur Lieferung der MELLS-Lenkflugkörper für das Heer schrieb Diehl Defence jetzt in einer Pressemitteilung: „Die Hochleistungs-Effektoren zur präzisen Bekämpfung gepanzerter Boden- und Infrastrukturziele sollen in 2024 an die EuroSpike GmbH geliefert werden. Diehl Defence fertigt in Deutschland die MELLS-Lenk- und Steuerbaugruppen samt hochauflösendem Dual-Mode-Suchkopf sowie den Gefechtskopf und führt die Endintegration durch. Die von seinem Integrations-Center im Saarland ausgelieferten Flugkörper werden neben dem abgesessenen Einsatz mit einer tragbaren Command and Launch Unit auch zur Bewaffnung der Schützenpanzer Marder und Puma sowie des Waffenträgers Wiesel der Bundeswehr verwendet.“

Datenübertragung per Lichtwellenleiter ermöglicht ständig Korrekturen

Die Bundeswehr lobt den MILAN- und TOW-Nachfolger als „vielseitig einsetzbar“. In einem Pressetext heißt es: „MELLS kann von einem Dreibein am Boden, von Fahrzeugen oder von Hubschraubern aus verschossen werden. Durch die Datenübertragung per Lichtwellenleiter ist es dem Schützen möglich, während des Fluges des Lenkflugkörpers auf ein anderes Ziel zu wechseln oder Haltepunktkorrekturen durchzuführen. Eine Aufschaltung auf ein Ziel, zu dem vor Abschuss kein Sichtkontakt besteht, kann durch den Schützen ebenfalls durchgeführt werden. Weiterhin kann der Lenkflugkörper nach dem Verschuss selbstständig ins Ziel fliegen. Die sogenannte ,Fire-and-Forget‘ (,Feuern und Vergessen‘)-Fähigkeit ermöglicht es den Schützten, unmittelbar nach dem Schuss einen schnellen Stellungswechsel vorzunehmen.“

MELLS wird bei der Infanterie im abgesessenen Kampf von mindestens zwei Soldaten verwendet. Ein Soldat wird als Schütze eingesetzt, der zweite hat die Aufgabe des Truppführers. Das Waffensystem muss vor dem infanteristischen Einsatz auf einem Dreibein aufgebaut werden.


Zu unserer Bildsequenz:
1. Aufbau des Waffensystems MELLS – die Aufnahme zeigt Angehörige der Panzerlehrbrigade 9 im Juni 2018 auf dem Truppenübungsplatz Altmark.
(Foto: Mario Bähr/Bundeswehr)

2. Soldat mit dem MELLS-Waffensystem im Ausbildungszentrum Infanterie in Hammelburg; das Bild entstand im Mai 2018.
(Foto: Jennifer Quehl/Bundeswehr)

3. Lenkflugkörper Spike LR/MELLS.
(Bild: Bernhard Buzin/www.artcoredesig; für Diehl Defence)

4. Scharfer Schuss mit der MELLS-Waffenanlage, deutlich erkennbar der Panzerabwehrlenkflugkörper des Systems.
(Foto: Maximilian Schulz/Bundeswehr)


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