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Nörvenich/Kleinaitingen/Rovaniemi (Finnland). Am morgigen Freitag (18. Juni) endet am Polarkreis die multinationale Luftwaffenübung „Arctic Callenge 2021“. Die Deutsche Luftwaffe beteiligt sich mit zehn Kampfflugzeugen des Typs Eurofighter und rund 200 Kräften am Trainingsgeschehen, das am 7. Juni begonnen hat. Die Frauen und Männer unserer Luftwaffe üben gemeinsam – unter Führung des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“ als Leitverband – mit insgesamt zwölf verbündeten Nationen Luftoperationen im internationalen Verbund. Gastgeber sind das NATO-Mitglied Norwegen sowie die Partnernationen Schweden und Finnland.

„Arctic Challenge“ ist für unsere Luftwaffe von besonderer Bedeutung. Denn im Mittelpunkt steht die Zertifizierung für die NATO Response Force (NRF), die schnelle Eingreiftruppe der Allianz. Überprüft werden bei „Arctic Challenge“ die Planung, Durchführung und Nachbereitung von Luftkriegsoperationen in enger Zusammenarbeit mit Personal anderer Nationen.

Norwegen, Schweden und Finnland sind bereits zum fünften Mal Gastgeber der internationalen Hochwertübung. Die teilnehmenden Flugzeuge starten von vier verschiedenen Luftwaffenbasen aus: Bodø und Ørland in Norwegen, Luleå/Kallax in Schweden und Rovaniemi in Finnland (hier ist das deutsche Kontingent stationiert).

Einige Besatzungen nutzen für „Arctic Challenge“ auch ihre Heimatbasis in Europa. Insgesamt ist die Teilnehmerzahl wegen der Coronavirus-Pandemie kleiner als in den vergangenen Jahren.

Deutsches Kontingent stolz auf den ungewöhnlich hohen Klarstand

Die multinationale Übung „Arctic Callenge 2021“ ist die fünfte ihrer Art, die von Norwegen, Schweden und Finnland gemeinsam organisiert und ausgerichtet wird. Die Übung findet seit 2013 alle zwei Jahre statt.

Die in Rovaniemi stationierten zehn deutschen Eurofighter können nach Angaben der Teilstreitkraft einen ausgezeichneten Klarstand vorweisen. Bei „Arctic Challenge 2021“ musste bisher nicht ein einziger der rund 120 Missionsflüge aufgrund technischer Probleme ausfallen – ein in der militärischen Luftfahrt seltener Wert. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass die an der Übung teilnehmenden deutschen Jets bereits im Vorfeld in Nörvenich und an den anderen Eurofighter-Standorten in Deutschland bestens vorbereitet worden sind. So wurden dort beispielsweise schon alle zeitintensiven Inspektionen und Wartungen vor Beginn von „Arctic Challenge“ erledigt.

Simulation der „gegnerischen Flugabwehr“ mit Großgerät der früheren UdSSR

Vertreten sind bei der Übung der NATO-Staaten und Partnernationen auch knapp 30 Soldaten vom deutschen Anteil „Polygone“ des Zentrums Elektronischer Kampf Fliegende Waffensysteme (Kleinaitingen bei Augsburg; abgesetzter Bereich in Oberarnbach in der Verbandsgemeinde Landstuhl). Sie simulieren von den Standorten Jokkmokk und Vidsel in der nordschwedischen Provinz Norrbottens län aus mit ihren von der früheren Nationalen Volksarmee der DDR übernommenen Raketensystemen SA-6 und SA-8 „die gegnerische Flugabwehr“.

Das tonnenschwere Großgerät – insgesamt acht bodengebundene Systeme zur Flugabwehr – war bereits eine Woche vor Übungsbeginn per Schwertransport auf dem Landweg und das letzte Stück mit der Fähre zum Polarkreis gebracht worden.

Redaktioneller NACHBRENNER

Generalleutnant Günter Katz, seit dem 1. April dieses Jahres Kommandierender General des Luftwaffentruppenkommandos in Köln und selbst erfahrener Strahlflugzeugführer, besuchte das deutsche Kontingent im finnischen Rovaniemi. Sein Fazit jetzt nach Beendigung von „Arctic Challenge 2021“: „Die Luftwaffe hat gezeigt, dass nicht nur unsere Männer und Frauen hervorragend ausgebildet sind, sondern auch, dass das Waffensystem Eurofighter in jeder Hinsicht die gestellten Aufgaben erfüllt. Sowohl im Luftangriff als auch in der Luftverteidigung.“ Die Luftwaffe könne froh sein, ein solch wunderbares Flugzeug zu haben, schwärmte Katz.

Die Möglichkeiten bei „Arctic Challenge“ bezeichnete der Generalleutnant als „nahezu einzigartig“. Die Übung am Polarkreis sei eine wunderbare Möglichkeit für die Deutsche Luftwaffe, auch komplexe Einsatzverfahren üben zu können. „Nicht nur alleine, sondern mit vielen Partnern zusammen“, so Katz. „Das Übungsgebiet ist riesengroß – wahrscheinlich das größte Gebiet, welches sich momentan in Europa für solch eine Übung überhaupt anbietet.“


Hintergrund                           

Über das in der Bundeswehr einzigartige Zentrum Elektronischer Kampf Fliegende Waffensysteme (ZEK FlgWaSys) ist aufgrund seines in Details geheimhaltungsbedürftigen Auftrags kaum etwas bekannt. Das Zentrum ist eine militärische Dienststelle der Teilstreitkraft Luftwaffe und untersteht dem Luftwaffentruppenkommando. Etwa 130 Spezialisten arbeiten hier. Das Zentrum ist in einem besonderen Bereich in der Ulrich-Kaserne im bayerischen Kleinaitingen (ursprüngliche Bezeichnung „Lechfeld-Nord“) untergebracht.

Die Dienststelle ist vor allem verantwortlich für die „Anpassungen systemspezifischer Einstellungen der elektronischen Selbstschutzausstattungen für die Fliegenden Waffensysteme der Bundeswehr“. Dabei werden beispielsweise die von den Herstellern in die Waffensysteme integrierten Warnanlagen – etwa zur Radar- oder Raketenerfassung – programmiert und mit den Daten für die jeweiligen Erfordernisse gespeist. Dabei müssen viele verschiedene Luftfahrzeugtypen und Konfigurationsstände der modernen Waffensysteme berücksichtigt werden. Gemeinsam mit der Industrie, den Wehrtechnischen Dienststellen und den Unterstützungsverbänden werden neue Lösungen gesucht, um mit den Entwicklungen im Bereich der elektronischen Schutz- und Gegenmaßnahmen Schritt halten zu können.

Im rheinland-pfälzischen Oberarnbach nahe Kaiserslautern hat das Zentrum Elektronischer Kampf Fliegende Waffensysteme mit dem deutscher Anteil „Polygone Coordination Center“ einen abgesetzten Bereich. Dieser gehört zu einer trinationalen Einrichtung mit der militärischen Bezeichnung „Multinational Aircrew Electronic Warfare Tactics Facility Polygone“, die gemeinsam von den Luftwaffen der USA, Frankreichs und Deutschlands betrieben wird. Dabei handelt es sich um eine in Deutschland und Frankreich gelegene Übungsanlage für den Elektronischen Kampf. Das Übungsgebiet umfasst etwa 20.000 Quadratkilometer mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von 240 Kilometern und einer West-Ost-Ausdehnung von 140 Kilometern. Es erstreckt sich über Teile von Rheinland-Pfalz, dem Saarland sowie in Frankreich über Teile des Elsass und Lothringens.

Hauptaufgabe der Einrichtung ist die Schulung und das Training von Luftfahrzeugbesatzungen im Gebrauch ihrer Ausrüstung für den Elektronischen Kampf (insbesondere bei Bedrohungs- und Bekämpfungssituationen mit feindlichen Flugabwehrraketen). Mit festen Stellungen in Deutschland und bis 2014 in Frankreich (geschlossen wurden in jenem Jahr die französischen Einrichtungen in Grostenquin, Chenevières und Épinal) können hier nahezu realistische Kampfsituationen simuliert werden. Im Bereich der großflächigen Übungsanlage kommen auch Flugabwehrraketensysteme zum Einsatz, die von der früheren Sowjetarmee genutzt worden sind. Diese Systeme wurden bei der deutschen Wiedervereinigung von der Nationalen Volksarmee der DDR übernommen und kommen heute auch bei multinationalen Übungen wie „Arctic Challenge“ zum Einsatz.


Zu unserer Bildsequenz:
1. Landung eines deutschen Eurofighter-Kampfflugzeugs auf der finnischen Luftwaffenbasis Rovaniemi vor Beginn der multinationalen Übung „Arctic Challenge 2021“.
(Foto: Jane Schmidt/Bundeswehr)

2. Air-to-Air-Aufnahme am Himmel über Rovaniemi – ein Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“ und zwei finnische F-18 Hornet bei einem Übungseinsatz.
(Foto: Coco, Jane Schmidt/Bundeswehr)

3. Eurofighter des „Boelcke“-Geschwaders warten in Rovaniemi auf ihren Einsatz bei „Arctic Challenge 2021“. Die Grafik zeigt den Luftraum über Norwegen, Schweden und Finnland, den die teilnehmenden Flugzeuge bei der diesjährigen multinationalen Übung nutzen durften.
(Foto: Jane Schmidt/Bundeswehr; Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 06.21)

4. Flugabwehrraketensysteme SA-6 und SA-8 aus der früheren Sowjetunion, die auch von der damaligen Nationalen Volksarmee der DDR genutzt wurden. Heute sind die Großgeräte im Einsatz beim Zentrum Elektronischer Kampf Fliegende Waffensysteme. Acht der bodengebundenen Systeme waren vor Übungsbeginn nach Schweden transportiert worden.
(Foto: Nurgün Ecmekcibasi/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Uniform-Patch „Arctic Challenger 2021“, offizielles Design.
(Foto: Jane Schmidt/Bundeswehr)


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