menu +

Nachrichten



Montreal (Kanada)/Stolberg. 1961, vor 60 Jahren, wurde in Deutschland die CAE GmbH gegründet, um die von dem kanadischen Mutterunternehmen CAE Inc. (CAE: Canadian Aviation Electronics) entwickelten Starfighter-Flugsimulatoren für die Deutsche Luftwaffe und andere NATO-Länder zu warten und zu betreiben. Heute ist die CAE GmbH, die ihren Firmensitz im nordrhein-westfälischen Stolberg hat, ein führender Anbieter von Simulationsprodukten und Trainingslösungen für alle Streitkräfte und Organisationseinheiten in den Bereichen Luft, Marine, Land und öffentliche Sicherheit.

CAE setzt heute inmitten der weltweiten Corona-Krise auf Wachstum. Mit dem Kauf des US-Technologieunternehmens L3Harris will der kanadische Konzern seine weltweit führende Stellung in der militärischen Ausbildung ausbauen. Außerdem kooperiert CAE künftig mit dem italienischen Rüstungsunternehmen Leonardo (bis 2017 Staatsholding Finmeccanica). Niels Kröning, General Manager Europe des Unternehmens, hat aber auch den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz im Fokus. Das bundeswehr-journal sprach vor Kurzem mit dem Europa-Chef der Defence-Sparte.

Wichtige Meilensteine und Ausdruck erfolgreicher Wachstumsstrategie

Herr Kröning, CAE hat in den letzten Wochen durch verschiedene Zukäufe und Kooperationsprojekte aufhorchen lassen. Was hat es damit auf sich?
Niels Kröning: Das Joint Venture mit Leonardo und der Erwerb des Geschäftsbereichs der militärischen Ausbildung von L3Harris Technologies sind wichtige Meilensteine für CAE und Ausdruck unserer erfolgreichen Wachstumsstrategie. Durch die Akquisition des Bereichs der militärischen Ausbildung des amerikanischen Unternehmens L3Harris baut CAE seine Position als führender Anbieter plattformübergreifender Ausbildungs- und Trainingslösungen aus.

Gemeinsam mit Leonardo werden wir zudem als Joint Venture künftig in Italien die International Flight Training School – kurz IFTS – betreiben. Damit bieten wir ganzheitliche Trainingsdienstleistungen einschließlich der kompletten Wartung und des Betriebs des Trainingsjets M-346 und seines bodengestützten Trainingssystems an und übernehmen den Betrieb der IFTS-Einrichtungen. Die IFTS wird eine Flotte von 22 M-346-Schulungsflugzeugen betreiben, die über eine Reihe von integrierten Trainingsfunktionen für ein umfassendes Live-, virtuelles und konstruktives Training verfügen. Das Training wird von aktiven Piloten der italienischen Luftwaffe sowie erfahrenen ehemaligen Militärfluglehrern durchgeführt.

Globale Aktivitäten beeinflussen auch Tochterunternehmen CAE Deutschland

Was bedeuten diese internationalen Aktivitäten für den deutschen Standort und die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr?
Kröning: Zunächst gilt – der Standort Deutschland ist und bleibt der wichtigste Standort von CAE in Europa. Allein 650 unserer rund 700 Mitarbeiter in Europa arbeiten in Deutschland, etwa 400 davon am Standort Stolberg. Unsere globalen Aktivitäten sind auch für CAE Deutschland wichtig. Dank unserer Größe und Struktur sind wir in Deutschland sehr gut in der Lage, internationales Know-how schnell in unsere Arbeit zu integrieren und dadurch unsere deutschen Kunden, auch perspektivisch, noch besser zu unterstützen.

Ich kann das an zwei Beispielen illustrieren: Durch die Integration von L3Harris stärken wir – in Ergänzung zu unserer bereits bestehenden Erfahrung – unsere Kompetenz auf weiteren Flugzeugtypen, wie etwa der F-18. Sollte sich Deutschland entscheiden, diese Plattform zu beschaffen, wären wir als etablierter Partner der Bundeswehr nunmehr in der Lage, die Luftwaffe bei der Ausbildung über alle Plattformen hinweg einheitlich und umfassend zu unterstützen. Ein weiteres Beispiel: Die Unterstützungsleistungen, die wir in Italien gemeinsam mit Leonardo in den Bereichen Wartung und Betrieb anbieten werden, sind sicherlich auch für den deutschen Markt von Interesse. Nehmen Sie beispielsweise den Standort Bückeburg. Hier betreibt CAE mit weiteren führenden deutschen Industrieunternehmen die zentrale Ausbildungseinrichtung für die Hubschrauberführer der Bundeswehr und damit eines der größten und modernsten Simulationszentren in Europa. Warum sollten wir nicht auch hier stärker über innovative Kooperationsmodelle zwischen Industrie und Bundeswehr nachdenken, um Ausbildung, Wartung und Betrieb so ganzheitlich und effizient wie möglich zu gestalten?

Insgesamt werden wir also durch unser globales Geschäft auch in Deutschland unsere Unterstützung in den Bereichen Ausbildung und Training noch weiter ausbauen und verbessern können.

Integrationspotenziale nutzen und Beitrag zur Kostenkonsolidierung leisten

Vor welchen Herausforderungen steht aus Ihrer Sicht die Ausbildung in der Bundeswehr und welche Veränderungen erwarten Sie?
Kröning: Neben dem gerade beschriebenen Aspekt eines ganzheitlichen Ansatzes gilt für die Ausbildung von morgen, dass sie natürlich auch zukünftig Piloten und Flugzeugbesatzungen bestmöglich auf ihren Einsatz vorbereiten muss. Allerdings sehe ich tatsächlich verschiedene Herausforderungen. Die Ausbildung muss die steigende Leistungsfähigkeit fliegerischer Plattformen und moderner Waffensysteme sowie die zunehmende Komplexität zukünftiger Einsatzszenarien abbilden. Hier stellt sich die Frage, wie die Auszubildenden so effizient und realitätsnah wie möglich qualifiziert werden können. Vor dem Hintergrund veränderter gesellschaftspolitischer Einstellungen werden aber auch Aspekte an Relevanz gewinnen, die bisher nicht sofort mit militärischer Ausbildung assoziiert wurden – denken Sie etwa an Ökologie und Umweltschutz. Wenn ich dann noch auf einen eher sinkenden als anwachsenden Einzelplan 14 schaue, wird deutlich, dass auch die finanziellen und haushälterischen Rahmenbedingungen Einfluss auf Art und Umfang der militärischen Ausbildung haben werden.

Ausbildung wird daher stärker als bisher auch darauf ausgerichtet sein müssen, Integrationspotenziale, etwa über einzelne Plattformen hinweg, zu nutzen und einen Beitrag zur Kostenkonsolidierung zu leisten. Für mich heißt dies, dass die Bedeutung digitaler Ausbildung noch deutlich zunehmen wird, da sie einen wichtigen Beitrag zur Lösung der genannten Herausforderungen leisten kann. Ich bin daher überzeugt, dass CAE mit seiner Erfahrung und seiner Ausbildungskompetenz sehr gut positioniert ist, um die Bundeswehr bei der Ausbildung von Piloten und Flugzeugbesatzungen auch zukünftig zu unterstützen.

Wachsende Bedeutung von Machine Learning und künstlicher Intelligenz

Welchen Stellenwert können digitale Technologien denn für die Ausbildung einnehmen?
Kröning: Digitale Technologien sind fester Bestandteil unseres Lebens und auch der militärischen Ausbildung. Neu sind jedoch die zunehmende Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts und die verbesserten Möglichkeiten, bisher getrennt voneinander entwickelte und genutzte Technologien miteinander zu verzahnen. Für die simulationsbasierte Ausbildung, also einer Kernfähigkeit von CAE, bedeutet dies beispielsweise beschleunigte Software- und Update-Zyklen sowie die Integration neuester Gaming-Technologie. Hinzu kommt die wachsende Bedeutung etwa von Machine Learning und künstlicher Intelligenz.

Für die Ausbildung bedeutet diese Entwicklung im Ergebnis einen qualitativen Sprung: Sie wird mithilfe digitaler Technologien noch realitätsnäher, individualisierbar und skalierbarer. Synthetische Umgebungen werden auch domainübergreifendes Training in der Luft, zur See, am Boden, im Cyberspace sowie im Weltraum neu definieren. Und last but not least: Denken Sie an die oben genannten Herausforderungen. Digitale Ausbildung hilft, Kosten zu senken und den ökologischen Fußabdruck zu verbessern. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, wie CAE hier bereits die Bundeswehr unterstützt: Eine Stunde im Eurofighter-Simulator ist im Vergleich zu einer Flugstunde im echten Eurofighter nicht nur kostengünstiger, sondern spart auch das 500-fache an CO2 ein. Zudem entfällt die Lärmbelastung für Anwohner.

Insgesamt sehen wir daher ein enormes Potenzial für die digitale Ausbildung und entwickeln das Synthetic Environment entsprechend der Bedürfnisse unserer Kunden in den Teilstreitkräften ständig weiter. In Deutschland liefert CAE bereits heute unter anderem das Synthetic Environment beispielsweise für die Eurofighter-Simulatoren.

Digitale Technologien auch zivil für die Krisenprävention nutzen

Inwiefern können technologische Neuerungen auch für zivile Anwendungen eingesetzt werden?
Kröning: CAE ist seit vielen Jahren nicht nur im militärischen Bereich, sondern auch in der zivilen Luftfahrt und im Gesundheitssektor aktiv – zivile Strukturen sind uns daher gut vertraut. Angesichts der noch immer andauernden COVID-19-Pandemie sehen wir aber insbesondere im Bereich der Krisenprävention die Notwendigkeit, uns mithilfe digitaler Technologien besser auf den nächsten Schadenfall vorzubereiten.

Bundesweit sehen wir aktuell eine Reihe von Initiativen, die Ausbildung und Training in den Bereichen Bevölkerungs- und Katastrophenschutz zu verbessern. Wir selbst haben das Konzept „CAEPreact“ entwickelt, in dem wir den Einsatz eines „Synthetic Environment“ spezifisch in der Krisenprävention vorschlagen. Die Technologie ist sowohl in der Hard- als auch in der Software modular skalierbar, so dass sich beispielsweise die Anzahl der Übungsteilnehmer, der Umfang des zu trainierenden Szenarios oder auch der geografische Raum flexibel anpassen lassen.

Mit diesem besonderen Merkmal könnte die Technologie nach unserem Verständnis auch einen wichtigen Beitrag zu der aktuell diskutierten Errichtung zentraler Strukturen im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz leisten.


Kompakt                           

Der Konzern CAE bietet seinen Kunden komplexe Lösungen für Ausbildung, Training und Simulation im Bereich der zivilen Luftfahrt, Verteidigung und Sicherheit sowie im Gesundheitssektor. Mit mehr als 10.500 Mitarbeitern – an rund 160 Standorten und Ausbildungsstätten in 35 Ländern – hat das Unternehmen im Jahr 2019 eigenen Angaben zufolge etwa 150.000 Piloten und weitere 70.000 Crewmitglieder ausgebildet. Seit 1961 ist CAE mit dem Standort Stolberg in Deutschland ansässig und beschäftigt mehr als 650 Mitarbeiter. Als Partner der deutschen Streitkräfte ist CAE mit seinen Ausbildungssystemen nach eigenem Anspruch „Garant für mehr Sicherheit, Effizienz und Einsatzbereitschaft zu Lande, zu Wasser und in der Luft“.

Niels Kröning ist seit 2018 Geschäftsführer der CAE GmbH in Stolberg bei Aachen. Als General Manager Europe der CAE GmbH verantwortet er das europäische Verteidigungsgeschäft von CAE mit besonderem Fokus auf Deutschland. Zuvor hatte Kröning verschiedene globale Management-Funktionen inne – beispielsweise als Director Programs bei Thales Deutschland oder als Programmmanager bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) – und war mehrere Jahre in Leitungsfunktionen bei Airbus tätig. Niels Kröning ist gelernter Volljurist und studierte unter anderem an den Universitäten Marburg und Konstanz.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Digitale Ausbildung durch CAE – die Aufnahme entstand während des Trainings zweier Flugschülerinnen mit dem System „CAE TRAX Academy“.
(Foto: CAE GmbH)

2. Die Porträtaufnahme zeigt Niels Kröning, den Verantwortlichen für das europäische Verteidigungsgeschäft von CAE.
(Foto: CAE GmbH)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN