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Bremen/Berlin. Die Instandsetzung des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ wird sich aller Voraussicht nach um weitere fünf Monate hinausziehen. Laut einer Presseerklärung des Auftragnehmers, der Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG, haben sich die Vertragspartner jetzt auf einen Projektabschluss „bis spätestens 31. Mai 2021“ geeinigt. Zuletzt hatte die Deutsche Marine mitgeteilt, das generalüberholte Segelschiff solle am 22. Dezember 2020 übergeben werden. Im Pressetext von Lürssen wird darauf hingewiesen, dass mittlerweile eine „umfassend neubewertete Leistungsbeschreibung mit entsprechend verbindlich formulierten Zielvorgaben und realistischem Zeithorizont“ erarbeitet worden sei. Auf deren Grundlage wolle man „in Kürze“ einen entsprechender Änderungsvertrag abschließen.

Die Firmengruppe Fr. Lürssen Werft hatte im Herbst die insolvente Elsflether Werft, den bisherigen Sanierer der Dreimastbark „Gorch Fock“, übernommen (wir berichteten) und sich damit offenbar auch eine Menge Probleme eingehandelt. Wie Matthias Gebauer und Hubert Gude heute in einem Beitrag für SPIEGEL ONLINE schildern, mussten die Arbeiten an der „Gorch Fock“ nach dem Verkauf der Reparaturwerft in Elsfleth an Lürssen „unter neuem Management […] in Teilen wieder von vorn“ beginnen. Aufträge für weite Teile des Innenausbaus hätte man neu ausschreiben müssen. Auch hätte sich Lürssen über die Auslieferung der bereits fertiggestellten Masten mit einem Subunternehmer gestritten. All das habe wertvolle Zeit gekostet.

Tim Wagner, Geschäftsführer der Fr. Lürssen Werft, äußerte sich in der Pressemitteilung seines Unternehmens ebenfalls zu den Hintergründen für die erneute Verzögerung: „Wir haben die Arbeiten an der Bark übernommen, weil wir unserem Kunden in dieser schwierigen Situation gerne helfen wollen. Fakt ist aber auch: Infolge der Insolvenz der bisher verantwortlichen [Elsflether] Werft erfolgte über Monate ein nahezu umfassender Baustopp, gleichzeitig mussten wir noch zahlreiche Korrekturen an den schiffbaulichen Arbeiten des vorherigen Auftragnehmers vornehmen.“ Er fügte hinzu: „In der Summe erfolgte an dem Segelschulschiff über viele Monate kein nennenswerter Baufortschritt.“

Wird der Kostenrahmen diesmal eingehalten?

Abgeordnete des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages erfuhren von den Komplikationen bei der Fertigstellung der „Gorch Fock“ und der erneuten Auslieferungsverzögerung nicht erst durch das Lürssen-Pressestatement. Wie der SPIEGEL weiter berichtet, sind Parlamentarier des Gremiums bereits am gestrigen Montag (2. März) von Vizeadmiral Carsten Stawitzki entsprechend unterrichtet worden. Stawitzki, Abteilungsleiter „Ausrüstung“ im Bundesministerium der Verteidigung, soll dabei neben dem neuen Auslieferungsstichtag „31. Mai 2021“ auch „Probleme bei der Feststellung der Hochseefähigkeit des Seglers“ als Grund für die Verschiebung genannt haben. Dieses Detail wollen die SPIEGEL-Autoren aus „Teilnehmerkreisen“ erfahren haben. Der Abteilungsleiter „Ausrüstung“ soll zudem versichert haben, dass man den Kostenrahmen von 135 Millionen trotz der erheblich längeren Liegezeit in der Werft weiter halten werde.

Der Norddeutsche Rundfunk (NDR), der heute ebenfalls die aktuellen Verzögerungen bei der Instandsetzung der „Gorch Fock“ thematisiert, befasst sich dabei kurz auch mit der Kostenfrage. In dem NDR-Beitrag heißt es: „Es stellt sich die Frage, ob die Werft mit den neuerlichen Verzögerungen den aktuellen Finanzrahmen einhalten kann. Dieser liegt bei 135 Millionen Euro. Laut Lürssen-Werft soll er eingehalten werden.“ Schön wäre es. Im Pressetext der Werft findet sich allerdings zum finanziellen Aspekt dieses „anspruchsvollen Projekts“ (so der Auftragnehmer) kein Hinweis …

Tobias Lindner, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen für Sicherheitspolitik, Mitglied im Verteidigungs- und im Haushaltsausschuss, twitterte am heutigen Montagvormittag übrigens dazu: „Tja … zumindest der Kostenrahmen scheint derzeit noch zu stehen. Aber es zeigt sich, dass die Ankündigung [der früheren Verteidigungsministerin] von der Leyen, dass bei der ,Gorch Fock‘ jetzt alle Risiken geklärt seien, eine Luftnummer war.“


Zu unserem Bildmaterial:
1. Rumpf des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ am 27. Juni 2019 auf der Weser. Zuvor waren in Bremerhaven an der Dreimastbark der Deutschen Marine Umbauarbeiten durchgeführt worden.
(Foto: Tvabutzku1234/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC0 1.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en)

2. Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Abteilungsleiter „Ausrüstung“ im Verteidigungsministerium, informierte am 2. März 2020 den Haushaltsausschuss des Bundestages über den neuen Abgabetermin für die „Gorch Fock“ nach Ende der Instandsetzungsarbeiten bei der Lürssen-Werft in Bremen.
(Foto: Marineschule Mürwik/Deutsche Marine)

Kleines Beitragsbild: Heckansicht des Segelschulschiffs „Gorch Fock“.
(Foto: nr)

 


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