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Berlin. Über die Anzahl der Dienstposten für Wehrdisziplinaranwälte bei der Bundeswehr erkundigte sich am 22. Januar bei der Bundesregierung die Bundestagsfraktion der Linken. Christine Buchholz, André Hahn, Ulla Jelpke und weitere Abgeordnete der Fraktion wollten wissen, wie es insgesamt um die „Kapazitäten der Bundeswehr zur Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten“ steht. Dabei verwiesen sie unter anderem auf den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, der in der Vergangenheit bereits mehrfach auf eine „personelle Unterbesetzung in der Rechtspflege“ der Streitkräfte aufmerksam gemacht hatte. Laut Auskunft der Bundesregierung vom 6. Februar „weist die Rechtspflege der Bundeswehr im Januar 2020 ein Dienstpostensoll an Rechtsberatern, die im Nebenamt die Funktion Wehrdisziplinaranwalt wahrnehmen, von insgesamt 152 Dienstposten auf“. Hiervon sind der Regierung zufolge 132 Dienstposten besetzt, 20 Wehrdisziplinaranwälte fehlen demnach momentan.

Die Fragesteller hatten in der Vorbemerkung ihrer Kleinen Anfrage unter anderem die Befürchtung geäußert, eine „angespannte Personalsituation bei den Wehrdisziplinaranwaltschaften“ könne dazu führen, dass Verdachtsfällen auf rechtsextreme Umtriebe nicht oder nicht hinreichend nachgegangen werde beziehungsweise bundeswehrinterne Ermittlungen vorzeitig eingestellt würden. Auch könne diese Personalsituation zur Folge habe, dass gar nicht erst – hinsichtlich einer möglicherweise politischen Motivation für einen Disziplinarverstoß – ermittelt werde.

In ihrer Antwort erklärte die Bundesregierung mit Blick auf die 20 fehlenden juristischen Fachkräfte: „Dieser Besetzungsgrad ist dem Umstand geschuldet, dass derzeit die Dienstpostenbesetzung in der Rechtspflege nicht Schritt halten kann mit dem personellen Abgang infolge von Wegversetzungen in andere Bereiche, auch innerhalb der Bundeswehr, sowie von planmäßigen Vakanzen infolge von Zurruhesetzungen.“

Vakanzenlage im Bereich der Lehre wird sich „absehbar entspannen“

Die Fragesteller wollten auch wissen, ob der Rechtsunterricht in der Bundeswehr „an massiver personeller Unterdeckung“ leidet. Dazu die Bundesregierung: „Von den 55 Dienstposten (Rechtslehrer/Rechtsdozenten) in den Ausbildungseinrichtungen der Streitkräfte sind zurzeit 45 Dienstposten besetzt.“ Die Vakanzenlage in der Rechtslehre werde sich absehbar entspannen – so die Regierung weiter – da das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr entsprechendes Personal verstärkt einstelle. Diese Fachkräfte könnten nach der Erstverwendung als Rechtsberater beziehungsweise Wehrdisziplinaranwalt mit dem entsprechenden Erfahrungsaufbau in der Zweitverwendung demnächst für die Lehre zur Verfügung stehen.

Wie die Bundesregierung versicherte, führen die personellen Lücken zu „keinen Qualifikationseinbußen in Erfüllung des disziplinaren Ermittlungsauftrags“. Die Dienststellen der Wehrdisziplinaranwaltschaften verfügten über eine ausreichende Personaldecke, um die bestehenden Vakanzen abzufedern. „In Einzelfällen mag es zu zeitlichen Verzögerungen kommen“, räumte die Regierung aber ein.

Kontinuierliche fachliche Aus- und Weiterbildung

Die Parlamentarier der Linken erkundigten sich außerdem nach den „Anstrengungen, die seit 2010 unternommen [worden sind], um die einschlägigen fachlichen Kompetenzen der Disziplinarvorgesetzten, Wehrdisziplinaranwälte [und] Truppendienstgerichte zu erhöhen“.

Sowohl Disziplinarvorsetzte als auch die Angehörigen der Rechtspflege der Bundeswehr würden kontinuierlich fachlich aus- und weitergebildet, erklärte die Bundesregierung dazu. So sei das Thema „Extremismus“ Gegenstand von Einweisungslehrgängen für Rechtsberater und Rechtslehrer und entsprechender Einweisungslehrgänge für Wehrdisziplinaranwälte. Zudem sei die Rechtsausbildung in den Streitkräften harmonisiert worden. Darüber hinaus habe man am Zentrum Innere Führung in Koblenz die Zentrale Ausbildungsrichtung für die Rechtspflege der Bundeswehr etabliert und biete dort seitdem entsprechende Lehrgänge für Personal der Rechtspflege und für Disziplinarvorgesetzte an. Die Truppendienstrichter würden außerdem im Rahmen von regelmäßigen Tagungen unter anderem auch zu Fragen des Extremismus weitergebildet.

Durchschnittliche Dauer von Disziplinarverfahren mittlerweile 19,2 Monate

Zum Schluss noch einige aufschlussreiche Zahlen. Wie die Bundesregierung mitteilte, sind im Jahr 2019 insgesamt 2757 Disziplinarverfahren (einfache und gerichtliche) erfasst worden. 72 eingeleitete Verfahren hatten „einen rechtsextremen Hintergrund beziehungsweise einen rechtsmotivierten politischen Hintergrund“. Von diesen 72 eingeleiteten Disziplinarverfahren waren 47 zugleich mit einem Strafverfahren verbunden.

Dass von der Einleitung bis zum rechtskräftig abgeschlossenen gerichtlichen Disziplinarverfahren viel Zeit vergeht, zeigen schließlich folgende Regierungsangaben. Im Jahr 2014 betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer 16,3 Monate. Mittlerweile (bezogen auf das Jahr 2019) benötigt die Rechtsprechung von der Einleitung bis zum rechtskräftig abgeschlossenen gerichtlichen Disziplinarverfahren durchschnittlich 19,2 Monate. Wir meinen: viel zu lange!


Symbolbild „Wehrdisziplinaranwalt“. Die Aufnahme des Dienststellenschildes im Bereich des damaligen Sanitätsamtes der Bundeswehr stammt vom 11. April 2005. Das Sanitätsamt war neben dem Sanitätsführungskommando die zweite Säule des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr; das Amt wurde im Zuge der Bundeswehrreform mit Wirksamkeit zum 31. Dezember 2013 aufgelöst.
(Foto: Mattes/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz Public Domain = gemeinfrei;
grafische Bearbeitung: mediakompakt)


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