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Berlin. Das Verteidigungsministerium will zwei neue Mannschaftsdienstgrade einführen: den Korporal und den Stabskorporal. Die Öffentlichkeit wurde darüber am 3. August im Onlineportal der Bundeswehr informiert. Kurz zuvor, am 31. Juli, hatte der FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Sauter die Bundesregierung angefragt, „in welchem Stadium sich die Planung zur Einführung der Dienstgrade ,Korporal‘ und ,Stabskorporal‘ in die Bundeswehr [befinden] und bis wann mit der Einführung zu rechnen ist“.

Der Verteidigungsexperte der FDP meinte nach der offiziellen ministeriellen Ankündigung der weiteren Ausdifferenzierung der Laufbahn der Mannschaften: „Nach meiner schriftlichen [Anfrage] hat das Verteidigungsministerium [nun] überraschend die Einführung von zwei zusätzlichen Dienstgraden in der Bundeswehr angekündigt. Es ist nicht auszuschließen, dass die schriftliche Frage Mitursache für die Ankündigung war und die öffentliche Bekanntmachung so eigentlich noch nicht erfolgen sollte.“

Die neuen Dienstgrade Korporal und Stabskorporal sollen ab Ende 2021 die bestehenden sechs Dienstgrade der Mannschaften ergänzen und an leistungsstarke Bundeswehrangehörige vergeben werden, die mehr Verantwortung übernehmen wollen. Sauter, der 1999/2000 seinen Wehrdienst beim inzwischen aufgelösten Panzerartilleriebataillon 215 in Augustdorf absolviert hatte, war mit dem Thema der zusätzlichen Dienstgrade schon einige Zeit befasst. Nach Erscheinen des Bundeswehr-Onlinebeitrags kommentierte er die Entscheidung mit einer eigenen Pressemitteilung. Dort heißt es: „Mit dieser Regelung führt das Ministerium die Diversifikation der Mannschaftsdienstgrade fort. Zu den ursprünglich vier Dienstgraden Schütze, Gefreiter, Obergefreiter und Hauptgefreiter waren zuletzt 1989 der Stabsgefreite und 1996 der Oberstabsgefreite hinzugekommen. Die Notwendigkeit einer abermaligen Ergänzung hatte sich in den vergangenen Jahren mehrmals abgezeichnet. Seit den Attraktivitätskonzepten der vergangenen Jahre werden alle Mannschaftssoldaten mit der entsprechenden Dienstzeit zu Stabsgefreiten und Oberstabsgefreiten befördert. Die beiden neuen Mannschaftsdienstgrade sind nun Bestandteil der Neuausrichtung der Laufbahn.“

Verpflichtungszeit von Korporalen und Stabskorporalen durchschnittlich 15 Jahre

Warum nun wird es die neuen Spitzendienstgrade geben? Wer kann Korporal oder Stabskorporal werden? Wie sind die Verdienstmöglichkeiten? Antworten auf häufig gestellten Fragen gab die Bundeswehr am 25. August in einem speziellen Onlineartikel.

Mit der Einführung der zwei neuen Mannschaftsdienstgrade Korporal und Stabskorporal will der Dienstherr die Laufbahn der Mannschaften attraktiver machen. Verantwortung übernehmen und besonders gute Leistungen erbringen soll auch entsprechend honoriert werden. Dazu die Bundeswehr: „Bisher konnten Soldaten […] in der Mannschaftslaufbahn maximal die Besoldungsgruppe A5 mit Zulage erreichen. Das entspricht etwa 2367,07 Euro (Stufe 1) brutto mit einer Zulage von 43,37 Euro. Korporale werden künftig die Besoldungsgruppe A6, Stabskorporale die Besoldungsgruppe A6 mit Zulage erhalten. Das ergibt beim Korporal im Vergleich ein Plus von ungefähr 51 Euro brutto auf der Gehaltsabrechnung.“

Auf die Frage „Wer kann Korporal und Stabskorporal werden?“ heißt es: „Korporal oder Stabskorporal können besonders leistungsstarke Soldaten […] in der Mannschaftslaufbahn im Dienstgrad Oberstabsgefreiter werden. Sie müssen bereits mindestens drei Jahre im Dienstgrad des Oberstabsgefreiten gedient haben.“ Und: „Zusätzlich zwingende Voraussetzung ist noch eine Restdienstzeit von drei Jahren. Auch eine Verpflichtungserklärung darüber ist ausreichend. Daneben spielen in jedem Fall die individuelle Eignung, Befähigung und fachliche Leistung für den Dienstposten eine Rolle. Eine Besetzung erfolgt als Auswahl der Besten zunächst nur über eine Bewerbung auf den ausgeschriebenen Dienstposten in der eigenen Einheit oder im Verband.“

Die Bundeswehr weist auch darauf hin, dass die Dienstposten des Korporals und Stabskorporals gebündelt sind und deshalb aufeinander aufbauen. „Ein Korporal kann nach frühestens einem Jahr zum Stabskorporal befördert werden“, so die Regelung.

Zielvorstellung des Ministeriums ist es, dass die durchschnittliche Verpflichtungszeit von Korporalen und Stabskorporalen bei 15 Jahren liegt. „Das schließt aber nicht aus, dass es – gerade in der Pilotphase – auch Korporale und Stabskorporale mit höheren Verpflichtungsreichweiten geben wird“, erklärt das BMVg.

Besetzung erfolgt im Auswahlverfahren nach Eignung und Befähigung

Zahlreiche Interessenten wollten von der Bundeswehr wissen, wie die Stellenbesetzung für den Dienstgrad Korporal erfolgen wird. Die Erläuterung: „Ein Dienstposten als Korporal wird im Intranet für die Einheit oder den Verband ausgeschrieben. Die Besetzung erfolgt innerhalb des Auswahlverfahrens nach persönlicher Eignung und Befähigung.“ Außerdem heißt es in der Antwort: „Die Verwendung auf einem Korporal-Dienstposten im eigenen Verband muss bis zum 31. Oktober 2020 beim Disziplinarvorgesetzten unabhängig von der Bewerbungsfrist beantragt werden. Alternativ kann man von seinen Disziplinarvorgesetzten auch vorgeschlagen werden. Disziplinarvorgesetzte oder ausschreibende Personaldienststellen informieren Angehörige der Mannschaftslaufbahn bei Interesse an einer Verwendung als Korporal oder Stabskorporal über freie Dienstposten.“

Weiter teilte die Bundeswehr mit, dass die ersten 1400 gebündelten Dienstposten für Korporale oder Stabskorporale inzwischen unter enger Einbindung der Organisationsbereiche identifiziert worden seien. Diese Dienstposten sollen bis zum 1. Oktober 2021 und 1. April 2022 in der Truppe eingerichtet werden. Sie seien die Grundlage für die ersten Auswahlentscheidungen, die bis Ende 2021 beziehungsweise im ersten Quartal 2022 in der Pilotphase getroffen werden. Weiter heißt es: „Die anteilige Aufteilung der Dienstposten ,Korporal‘ auf die Organisationsbereiche erfolgt im Verhältnis der gesamten Dienstposten für die Mannschaftslaufbahn der Truppendienste.“

Kriterien der „Bestenauswahl“ gelten auch für Reservisten

Eine der am häufigsten gestellten Fragen – so die Bundeswehr – war die nach dem Aussehen der neuen Dienstgradabzeichen. Dazu der Onlinebeitrag vom 25. August: „Nach dem Soldatengesetz erlässt der Bundespräsident die Bestimmungen über die Uniform der Soldaten […], wozu auch die Dienstgradabzeichen zählen. Die entsprechende Änderung ist derzeit in der Finalisierung.“

Wir erfahren zudem: „Im Pilotprojekt Anfang Oktober 2021 werden die ersten 1000 neuen Dienstposten besetzt. Bis Anfang April 2022 sollen es dann 1400 insgesamt sein. Vorgesehen ist, bis 2031 auf 5000 Dienstposten aufzustocken.“

Und wie steht es mit den Reservisten? „Reservisten, die bereits Oberstabsgefreiter sind, können sich bewerben, um zum Korporal und Stabskorporal befördert zu werden. Zur Besetzung eines Dienstpostens werden vergleichbare Vorgaben wie für [Zeitsoldaten] gelten. Um jedoch als Reservist […] befördert werden zu können, bedarf es einer Beorderung und des regelmäßigen Reservistendienstes in dieser Beorderungsverwendung.“, so die Online-Infos. Darüber hinaus werde auf Basis einer Beurteilung unter mindestens zwölftägiger Heranziehung zum Reservistendienst eine vergleichende Betrachtung durch die Personalführung vorgenommen. Auch hier würden die Kriterien der „Auswahl der Besten“ gelten. Für die konkrete Umsetzung des Konzeptes in der Reserve würden außerdem die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt berücksichtigt.

Regelverpflichtungszeit in den Mannschaftslaufbahnen wird flexibel gestaltet

Zusätzliche Auskünfte zum Themenkomplex „Neue Dienstgrade der Mannschaften bei der Bundeswehr“ liefert uns auch die Antwort der Bundesregierung vom 28. September auf eine Kleine Anfrage der AfD. Die Bundestagsabgeordneten Dietmar Friedhoff, Martin Hess und Jan Ralf Nolte wollten unter anderem wissen, inwiefern „Mannschaftssoldaten heute erheblich länger in den Streitkräften [dienen], als es früher der Fall war“.

Das Wehrressort erklärte für die Bundesregierung: „Mit dem ,Gesetz zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften‘ vom 15. März 2012 wurde Paragraph 40 des Soldatengesetzes (SG) dahingehend geändert, dass die Berufung in ein Dienstverhältnis als [Zeitsoldat, SaZ] längstens bis zu einer Dienstzeit von 25 Jahren zulässig ist, jedoch nicht über das 62. Lebensjahr hinaus. Zuvor war für SaZ – mit Ausnahme der Sanitätsoffiziere – eine Verpflichtungszeit bis maximal 20 Jahre bei gleichzeitiger Festsetzung des 40. Lebensjahres als Höchstalter möglich. Für SaZ in den Mannschaftslaufbahnen galt zudem bis zum Jahr 2013 eine Regelverpflichtungszeit von vier Jahren (SaZ 4); Weiterverpflichtungen auf bis zu acht Jahre waren im Ausnahmefall möglich und dann regelmäßig [Bundeswehrangehörigen] vorbehalten, die für den damaligen Spitzendienstgrad ,Oberstabsgefreiter‘ vorgesehen waren.“

Nach der Dotierung aller Mannschaftsdienstposten in die Bündelung A3 bis A5eZ im Jahr 2013 sei die organisatorische Trennung der Dienstposten für Oberstabsgefreite entfallen, so das Ministerium. In der Folge seien – vor dem Hintergrund der wahrzunehmenden Aufgaben, des erforderlichen Expertiseerhalts und der Einsatzrealitäten in Verbindung mit personalplanerischen Aspekten – längere Verpflichtungszeit auch für Mannschaftssoldaten umgesetzt worden.

Die Regelverpflichtungszeit in den Laufbahnen der Mannschaften sei seitdem flexibel gestaltet worden und betrage im Schnitt zwischen acht und zwölf Jahren, führte das Ministerium weiter aus. „Die Verpflichtungsdauer kann, wo erforderlich und gewünscht, auch darüber hinaus auf bis 25 Jahre festgesetzt werden, wobei aus unterschiedlichen Gründen zielstrukturell für Mannschaftssoldaten unterhalb der Ebene ,Korporal‘ eine Höchstgrenze für die Berufung als Zeitsoldat von 15 Jahren angestrebt wird.“

Aufgabenbereich der neuen Mannschaftsdienstgrade und der Unteroffiziere

Erschöpfend ist auch die Antwort der Bundesregierung beziehungsweise des BMVg zu folgender Frage der AfD-Abgeordneten: „Wie grenzen sich die Aufgaben der Korporale beziehungsweise Stabskorporale von denen der Unteroffiziere mit und ohne Portepee in ähnlichen beziehungsweise gleichen Besoldungsgruppen ab?“

Das Wehrressort erläuterte: „Die in den militärischen Laufbahnen wahrzunehmenden Aufgaben werden in Fachaufgaben und Aufgaben des Truppendienstes unterschieden. Für den Bereich des Truppendienstes gibt es die Laufbahnen der Mannschaften, der Feldwebel sowie der Offiziere. Im Gegensatz zu den Fachdienstlaufbahnen gibt es im Bereich des Truppendienstes nach der Neuordnung der Laufbahnen vor rund 15 Jahren demzufolge keine Laufbahn der Unteroffiziere ohne Portepee mehr. Die truppendienstlichen Aufgaben unterhalb der Ebene der Offiziere werden seitdem entweder von Angehörigen der Laufbahn der Mannschaften des Truppendienstes oder der Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes wahrgenommen. Dabei sind der Laufbahn der Mannschaften des Truppendienstes auch Aufgaben zugeordnet, die hinsichtlich der erforderlichen Qualifizierungshöhe zwar noch dieser Laufbahn zuzuordnen sind, innerhalb der Laufbahn jedoch durch eine deutlich umfangreiche Verantwortung gekennzeichnet sind.“

Diese „verantwortungsvolleren Aufgaben“ sollen künftig den Planungen zufolge durch Korporale wahrgenommen und nach sachgerechter Bewertung ihrer Anforderungen den Besoldungsgruppen A6 beziehungsweise A6 mit Amtszulage zugeordnet werden.

Die Regierungsantwort schließt zu dieser Frage der AfD mit dem Hinweis: „Die Aufgaben der Korporale grenzen sich demzufolge als truppendienstliche Aufgaben klar von den Fachaufgaben der Unteroffiziere ohne Portepee beziehungsweise hinsichtlich der Verantwortungshöhe von den Aufgaben der Feldwebel des Truppendienstes ab. Unteroffiziere und Feldwebel sind zudem – im Gegensatz zu den Korporalen – bereits alleine aufgrund des Dienstgrades Vorgesetzte im Sinne der Vorgesetztenverordnung, verbunden mit den entsprechenden Rechten und Pflichten.“


Zu unserem Fotomaterial:
1. Mannschaftsdienstgrade – unentbehrlich in allen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen der Bundeswehr. Die Aufnahme vom 26. August 2010 zeigt Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 232 aus Bischofswiesen bei der Gefechtsausbildung, im Vordergrund ein Hauptgefreiter.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr)

2. Unsere Infografik nennt die Anzahl der Zeitsoldaten in den Laufbahnen der Mannschaften mit ihren jeweiligen Verpflichtungszeiten in Jahren. Stand der Daten ist der 31. August 2020, die Angaben stammen aus dem Personalwirtschaftssystem der Bundeswehr. Das Hintergrundbild vom 5. August 2020 zeigt Rekruten der 6. Kompanie des Gebirgsjägerbataillons 232 in der Jägerkaserne in Bischofswiesen.
(Foto: Marco Dorow/Bundeswehr; Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 10.20)

Kleines Beitragsbild: „Mannschaftsdienstgrade“ – (von links) Gefreiter, Obergefreiter, Hauptgefreiter, Stabsgefreiter und Oberstabsgefreiter. Zur Festlegung der Dienstgradabzeichen der Korporale bedarf es einer Änderung der „Anordnung des Bundespräsidenten über die Dienstgradbezeichnungen und die Uniform der Soldaten“. Mit dieser noch ausstehenden Änderung bestimmt der Bundespräsident die neuen Dienstgradabzeichen sowie deren Trageweise.
(Bildmaterial: nr; Bildgestaltung mediakompakt)


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