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Mainz/Berlin. Flugzeuge, die nicht fliegen; Uboote, die nicht tauchen; Panzer, die nicht fahren. Die Bundeswehr hat massive Probleme, ihre Einsatzbereitschaft gilt als gefährdet. Und als wenn es noch eines weiteren Beweises für die angespannte Lage bedurft hätte: Am heutigen Montag (27. Januar) meldete die BILD-Zeitung, dass „nur rund 20 Prozent der Panzer der Panzergrenadierbataillone, die mit dem Puma ausgestattet sind, einsatzbereit“ seien. Interne Papiere, aus denen das Blatt zitiert, machen dafür unter anderem „langwierige Instandsetzungen“ und „anstehende Umrüstungen“ verantwortlich. Am morgigen Mittwoch untersucht ZDFzoom in der Dokumentation „Kommando kaputt“ die Frage, was bei der Bundeswehr schiefläuft. Der Beitrag von Filmautor Andreas Orth steht am Sendetag bereits ab 18 Uhr in der ZDF-Mediathek zur Verfügung.

Die Nachrichten über Mangelwirtschaft bei der Bundeswehr reißen seit Jahren nicht ab. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, bezeichnet in ZDFzoom das Beschaffungswesen der Bundeswehr als „organisierte Verantwortungslosigkeit“. Schallender kann eine Ohrfeige kaum sein …

In den vergangenen Jahren wurde die Einsatzbereitschaft von neuen Panzern, Hubschraubern und Flugzeugen oft mit unter 40 Prozent gemeldet. Konkretere Zahlen werden seit dem vergangenen Jahr vom Verteidigungsministerium unter Verschluss gehalten. Das soll auch in Zukunft so bleiben.

Trotz unterschiedlicher Konzepte für eine Trendwende im Beschaffungswesen gibt es weiterhin in vielen Bereichen große Mängel. Aufgrund von Problemen bei den neuen Schützenpanzern Puma werden diese beispielsweise erst 2031 alle voll einsatzbereit sein, obwohl die ersten Exemplare bereits vor fünf Jahren ausgeliefert wurden.

Zur Verfügung stehende Steuergelder meist nicht in vollem Umfang ausgeben

Aber hat nicht auch die Truppe ein Stück Mitschuld an der Misere? Experten jedenfalls weisen darauf hin, dass die Bundeswehr bei der Beschaffung von neuen Großgeräten oftmals technisch aufwendige Lösungen fordere, die weder am Markt verfügbar noch bereits entwickelt worden seien. Dies führe immer wieder zu großen Verzögerungen.

Filmemacher Orth hat sich auch bei der Deutschen Marine umgesehen. Auch hier sieht es nicht gut aus: Die erste neue Fregatte der „Baden-Württemberg“-Klasse wurde zwar im vergangenen Jahr in Dienst gestellt, doch die Ablieferung der letzten der insgesamt vier bestellten Fregatten soll erst nächstes Jahr erfolgen. Insgesamt hat sich die Lieferung der neuen Fregatten des Typs F125 um mehr als fünf Jahre verspätet. Die Kosten stiegen dabei um rund eine Milliarde Euro.

Nach Ansicht von Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes, mangelt es unseren Streitkräften nicht an Geld für Beschaffung und Ersatzteile. In den vergangenen Jahren habe man das zur Verfügung stehende Steuergeld meist nicht in vollem Umfang ausgegeben, erklärt dazu Scheller. Teilweise seien bis zu 1,5 Milliarden Euro nicht abgeflossen. Die Bundeswehr sei in der Pflicht, mit einem besseren Management an die Beschaffung von Großgerät heranzugehen.


Randnotiz                                  

Die ZDFzoom-Dokumentation „Kommando kaputt: Was bei der Bundeswehr schiefläuft“ von TV-Autor und Produzent Andreas Orth untersucht, warum die Mangelwirtschaft bei Heer, Luftwaffe und Marine ein unerfreuliches Dauerthema ist. Sein Beitrag – Kamera Jens Warnecke – ist am morgigen Mittwoch, 29. Januar 2020 (22:45 bis 23:15 Uhr), im ZDF zu sehen.
Die Dokumentation steht am Sendetag ab 18 Uhr auch in der Mediathek des ZDF zur Verfügung.
Alle Angaben ohne Gewähr.


Die Aufnahme zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel im Sommer 2018 bei einem Truppenbesuch am Heeresstandort Munster.
(Bild: Andreas Orth/ZDF; Bildmontage mediakompakt)

Kleines Beitragsbild: Leopard-Panzer der Bundeswehr bei einem NATO-Manöver in Polen.
(Bild: Andreas Orth/ZDF)

 


Kommentare

  1. Klaus W. | 1. Februar 2020 um 13:52 Uhr

    Die Streitkräfte des wirtschaftlich viertstärksten und ungemein wohlhabenden Landes der Erde mit mehr als 80 Millionen Einwohnern wurden über Jahre hinweg kaputt gemanagt und kaputt gespart.

    In der jetzigen prekären und nicht zu akzeptierenden Lage sollte wirklich nicht bis 2030 (und in alten Strukturen) gewartet werden nach den Motto „Darf in der Struktur so bleiben“. Sondern es sollten wieder Strukturen eingeführt werden, wie wir sie vor 30 Jahren – natürlich dann angepasst an die heutigen Anforderung – bereits hatten. Endlich anfangen „auf breiter Basis zu planen“, zu modernisieren, aber mit nachhaltiger Versorgung mobilisieren, Mann, Material, Einsatzbereitschaft, die allgemeine Versorgung und eine nötige stetige verantwortungsvolle Anpassung und Vorausschau. Auch die Personalstärke muss etwas angehoben werden – es ist ja nichts Neues, was ich hier schreibe.

    Es geht hier vor allem auch unmittelbar um die Leben unserer Soldaten, der Bürger in Uniform, die in Krisenregionen dienen oder in Deutschland Dienst tun und den Anschein der Verteidigungsbereitschaft für unser Land aufrechterhalten sollen. Die Notwendigkeit der Landesverteidigung gegenüber einem Aggressor ist in Zukunft nicht ausgeschlossen!

    Ich wünsche mir sehnsüchtig Politiker wie Helmut Schmidt zurück, aber das bleibt wohl nur ein Wunschtraum. Stattdessen musste ich eine Verteidigungsministerin (Ursula von der Leyen) erleben, die sich wiederholt vor die Kamera wagte mit Kernaussagen wie diesen: „Wir haben den Tiefpunkt der Krise schon jetzt überwunden.“ „Wir haben dieses und jenes Rüstungsgut und diese und jene Ausrüstung bestellt.“ „Die Bundeswehr ist jetzt schon auf einem guten Weg … bla, bla, bla.“

    Die damalige Verteidigungsministerin vergaß dabei nur zu erwähnen, dass bei den Rüstungsbestellungen auch massiv gespart, teilweise bewusst weggelassen oder wichtiges Equipment durch Fehlplanungen „einfach vergessen“ wurde. Auch vergaß sie zu sagen, dass die aktuellen (Fehl-)Strukturen in der Bundeswehr noch so gutes Rüstungsmaterial komplett „entwerten“ können.

    Manch ein Soldat, der mangelhafte Rüstungsgüter oder unzureichende militärische Ausrüstung zur Verfügung gestellt bekommt, wird sich überlegen, ob er dem Arbeitgeber „Bund“ eigentlich noch vertrauen kann. Wer kann das nicht verstehen? Wenn denn nur etwa 50 Prozent des Materials, das bereits im Bestand der Bundeswehr ist (wegen mir auch rotierend) einsatzbereit wäre, dann wäre die Gesamtsituation vielleicht noch einigermaßen hinnehmbar.

    Am Schluss muss man einfach feststellen, dass es besser wäre, einen Reserveoffizier wie Manfred Wörner an der Spitze des Wehrressorts zu haben. Ein Minister, der genug Sachverstand und Rückgrat hat für die Planung und für entsprechende Verhandlungen mit der Industrie und darüber hinaus auch die erforderliche Weitsicht und Vorausschau. Die Bundeswehr sollte sich jedenfalls meiner Meinung nach keine absoluten Laien mehr an ihrer Spitze leisten!

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