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Bernau. Dieser Donnerstag vor acht Jahren war historisch – am 24. März 2011 setzte das Parlament in Berlin die Allgemeine Wehrpflicht zum 1. Juli (2011) aus. 55 Jahre nach ihrer Einführung in der Bundesrepublik Deutschland. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will dies heute so belassen. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Bernau bei Berlin am Donnerstag dieser Woche (22. August) machte die CDU-Chefin auf eine Bürgerfrage hin deutlich, dass sie nichts davon halte, die Wehrpflicht wieder einzuführen.

„Ich sehe im Moment nicht, dass wir zur Allgemeinen Wehrpflicht zurückkehren“, sagte Kramp-Karrenbauer im brandenburgischen Bernau. „Das würde erfordern, dass wir ganz neue Strukturen wieder aufbauen.“

Die Verteidigungsministerin warb vielmehr für ihren Vorschlag, einen allgemeinen Dienst in Deutschland für Männer und Frauen einzuführen. Ein solcher Dienst solle auch Migranten offenstehen. Menschen könnten dabei wählen, ob sie zur Bundeswehr gehen oder beispielsweise in den Pflegebereich. Die Union müsse noch entscheiden, ob dieser Dienst verpflichtend oder freiwillig sein sollte, so Kramp-Karrenbauer vor gut 200 Zuhörern.

Politische und gesellschaftliche Debatte über Jahre hinweg

Der Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht am 24. März 2011 zum 1. Juli (2011) war eine lange politische und gesellschaftliche Debatte über die Bedeutung der Wehrpflicht für einen demokratischen Staat vorangegangen. Dass die Wehrpflicht nicht bereits vorher abgeschafft worden war, hatte vor allem an der Überzeugung gelegen, die Wehrpflicht könne die Kluft zwischen Militär und Gesellschaft schließen.

Seit den 1990er-Jahren fiel es den Befürwortern der Wehrpflicht allerdings immer schwerer, deren Daseinsberechtigung zu begründen. Verantwortlich dafür waren vor allem die zunehmenden Freistellungen vom Wehrdienst. Es wurden nicht mehr wie in den Jahrzehnten zuvor einzelne Jahrgänge fast vollständig gemustert und eingezogen. Mit schwindendem Personalbedarf der immer kleiner werdenden Bundeswehr sank auch die Zahl der benötigten Wehrpflichtigen. Weil auch bei dieser Entwicklung der Gleichheitsgrundsatz bei der Einziehung von Wehrpflichtigen gewahrt bleiben musste, wurde die Wehrpflicht schließlich immer stärker in Zweifel gezogen – bis vor das Bundesverfassungsgericht. Dort hatte 2004 die bis dahin geltende Praxis jedoch immer noch Bestand – wenn auch knapp.

Ein weiteres Argument gegen die Wehrpflicht gewann im Laufe der Jahre zunehmend an Bedeutung: In ihrer neuen Rolle als Einsatzarmee verlangte die Bundeswehr nach bestens ausgebildeten Spezialisten, die nicht innerhalb weniger Monate zu bekommen waren. Auch die Kosten der Wehrpflicht erwiesen sich zunehmend als zu hoch. Sparauflagen schränkten den Spielraum für Einberufungen ein.

Schließlich wurde der Wehrdienst am Schluss vor allem deshalb beibehalten, weil den Ersatzdienstleistenden in den Sozialsystemen große Bedeutung zukam, um dort Kosten zu senken. Irgendwann aber wurde überdeutlich, dass sich der entlastende soziale Ersatzdienst nicht mehr durch die Wehrpflicht begründen oder halten ließ.

So kam mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 das Aus für die bis dahin 55 Jahre alte Allgemeine Wehrpflicht in der Bundesrepublik. Mit dem Gesetz wurde zugleich ein freiwilliger Wehrdienst von sechs bis 23 Monaten für Männer und Frauen geschaffen. Bis zu 15.000 Freiwillige können neben Zeit- und Berufssoldaten in der Bundeswehr dienen.

Die Bundeswehr umfasst momentan (Stand 21. August 2019) 182.832 aktive Soldaten, darunter 53.056 Berufs- und 122.101 Zeitsoldaten sowie 7675 Freiwilligen Wehrdienst Leistende.


Unser Bild vom 22. März 2011 zeigt Wehrpflichtige der 5. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 371 „Marienberger Jäger“ bei ihrer Abschlussprüfung der Allgemeinen Grundausbildung, der sogenannten „Rekrutenbesichtigung“.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: 16. März 2011 – Rekruten vom Panzergrenadierbataillon 371 auf dem Truppenübungsplatz in Frankenberg.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr)


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