Brüssel/London/Berlin. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gab am gestrigen Mittwoch (22. Mai) in einer Presseerklärung bekannt, dass der nächste Bündnis-Gipfel am 3. und 4. Dezember in London stattfinden wird. Er habe am Dienstag vergangener Woche mit der britischen Premierministerin Theresa May in ihrem Amtssitz 10 Downing Street über die Vorbereitungen für das Treffen der Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedstaaten gesprochen. Stoltenberg schloss sein Statement mit der Bemerkung, er freue sich „auf eine erfolgreiche Veranstaltung“. Dass London Gastgeber des NATO-Gipfels 2019 sein würde, ist schon seit dem 6. Februar bekannt. An diesem Mittwoch hatte Stoltenberg darüber informiert, dass sich die Mitgliedsländer aus verschiedenen Gründen für die Hauptstadt Großbritanniens als nächsten Tagungsort entschieden hätten.
Der Generalsekretär hatte dazu im Februar erläutert: „Wir sind dem Vereinigten Königreich dankbar dafür, dass es sich bereit erklärt hat, dieses Treffen im Jahr des 70-jährigen Bestehens unseres Bündnisses durchzuführen. London war die Heimat des ersten Hauptquartiers der NATO und Großbritannien war eines der zwölf NATO-Gründungsmitglieder. Das Vereinigte Königreich spielt in unserer Gemeinschaft auch weiterhin eine Schlüsselrolle, indem es wesentliche Beiträge zu unser aller Sicherheit leistet.“
Stoltenberg hatte im Februar zudem darauf hingewiesen, dass Großbritannien aller Voraussicht nach bald die Europäische Union verlassen werde. Der Dezember-Gipfel könne demnach auch als ein Zeichen der Solidarität der NATO mit dem Land gesehen werden, das „neben Frankreich die führende Militärmacht des Kontinents“ sei und bleibe. Stoltenberg bei der Bekanntgabe des Tagungsortes wörtlich: „Der Brexit wird das Verhältnis Großbritanniens zur EU grundlegend verändern – aber er wird nicht die guten und engen Beziehungen der Briten zur NATO beeinflussen.“
Am gestrigen Mittwoch nun hieß es im Pressestatement des Generalsekretärs, London sei der ideale Ort für die am Gipfel teilnehmenden Staats- und Regierungschefs, um die Zukunft des Bündnisses zu planen. Gemeinsam werde man sich mit den aktuellen und den sich abzeichnenden Sicherheitsherausforderungen befassen und schließlich darüber sprechen, wie die NATO – dank zukünftiger Investitionen und notwendiger Anpassungen – in den kommenden Jahren eine Säule der Stabilität bleiben könne.
Apropos Investitionen – Medienberichten vom 17. Mai zufolge will die Bundesregierung in diesem Jahr so viel für Verteidigung ausgeben, wie seit langem nicht mehr. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sollen dieses Jahr 47,32 Milliarden Euro in Rüstung und andere Ausgaben, die relevant für das Bündnis sind, fließen. Das habe die Bundesregierung an die NATO gemeldet, so dpa. Der Wehretat sei damit um mehr als fünf Milliarden höher als im Vorjahr. Dies entspreche einem Plus von mehr als fünf Milliarden Euro im Vergleich zu 2018 und einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 1,35 Prozent.
Einen solchen Anstieg habe es zumindest seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr gegeben, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). 2020 sollen die Ausgaben dann weiter auf 49,67 Milliarden Euro steigen. Dies würde nach derzeitigen Schätzungen einem Anteil am BIP von 1,38 Prozent entsprechen. 2018 lag die Quote nach jüngsten Zahlen lediglich bei 1,23 Prozent, rechnet die FAZ vor.
Die Bundesregierung hat der NATO und vor allem den USA zugesagt, den Verteidigungsetat bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.
Gegenüber dem Deutschlandfunk (DLF) erklärte der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU, Henning Otte: „Wir müssen bereit sein in die Sicherheit unseres Landes zu investieren. Dafür ist es notwendig, die Bundeswehr zu modernisieren.“ Im Hinblick auf die Bündnisverteidigung müsse jetzt in die Ausstattung der deutschen Streitkräfte investiert werden, forderte der CDU-Politiker. „Beispielsweise in das Marinekampfschiff 180, den schweren Transporthubschrauber oder das taktische Luftverteidigungssystem.“
Völlig gegensätzlicher Meinung ist die Opposition. Der DLF zitiert beispielsweise die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Agnieszka Brugger zum sogenannten „Zwei-Prozent-Ziel“ der NATO: „Während US-Präsident Donald Trump gerade eine außenpolitische Vereinbarung nach der nächsten sprengt, ist offensichtlich die größte Sorge der Verteidigungsministerin, seine Wünsche nach dem unsinnigen Zwei-Prozent-Ziel zu erfüllen.“
Sevim Dağdelen, Stellvertretende Vorsitzende Die Linke im Bundestag und Sprecherin ihrer Fraktion für Abrüstung, vertritt in einer Pressemitteilung die Meinung: „Die Erhöhung der deutschen Militärausgaben auf mehr als 47 Milliarden Euro für NATO-relevante Aufgaben in diesem Jahr ist eine komplett falsche Prioritätensetzung. Die Bundesregierung muss endlich aufhören, den Aufrüstungsforderungen des US-Präsidenten hinterherzudackeln. Jede verpulverte Milliarde im Militär fehlt bei der Bekämpfung von Kinderarmut, im Gesundheitssystem und bei der Bildung.“
Dağdelen weiter: „Bei einem Festhalten der Bundesregierung am Aufrüstungsziel in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts wird der deutsche Militärhaushalt auf 85 Milliarden Euro jährlich ansteigen.“ Dies sei vollkommen unverantwortlich und diene einzig der Profitsteigerung der Rüstungskonzerne, klagte die Abgeordnete der Linken.
Die Aufnahme zeigt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und die britische Premierministerin Theresa May bei einem Treffen in 10 Downing Street in London am 21. Juni 2018. Ob May den NATO-Gipfel an der Themse im Dezember noch als Regierungschefin erleben wird, gilt als unwahrscheinlich. Wie Medien am heutigen Donnerstag (23. Mai) berichteten, könnte der Tag der britischen Europawahl auch ihr letzter Tag als Premier sein. Angeblich will die Parteivorsitzende der Conservative Party am morgigen Freitag (24. Mai) ihren Rücktritt als Partei- und Regierungschefin verkünden. May werde – so die Presse – allerdings so lange im Amt bleiben, bis ihre Partei eine Nachfolgeregelung getroffen habe.
(Foto: NATO)
Kleines Beitragsbild: Flaggen der Mitgliedsländer vor dem Hauptquartier der NATO in Brüssel.
(Foto: NATO)