menu +

Nachrichten



Washington D.C./Seoul/Berlin. Die Vereinigten Staaten haben derzeit in mehr als 160 Ländern der Erde Soldaten stationiert. Alles in allem dienen nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums und dessen Defense Manpower Data Center momentan rund 170.000 Militärangehörige in Übersee. Anfang März nun sorgten Beiträge der Nachrichtenagentur Bloomberg und der Washington Post für Aufregung bei den Partnern der USA. Wie beide Medien unter Berufung auf eine Reihe von Quellen in der US-Regierung berichteten, beharrt Präsident Donald Trump nicht nur auf einer deutlichen Erhöhung der Verteidigungsausgaben bei den Alliierten. Künftig sollen auch die Länder, in denen amerikanische Soldaten stationiert sind, für deren Präsenz kräftig zahlen. Zu der Medienberichterstattung unter dem Begriff „Cost Plus 50“ nahm am 29. April die Bundesregierung Stellung. Sie beantwortete eine Kleine Anfrage der Linken zum Themenkomplex „Finanzierung der US-Truppen durch die Gastnation“.

Nach Informationen von Bloomberg und Washington Post besteht Trump weiter unnachgiebig darauf, dass die Verbündeten mehr für die eigene Verteidigung ausgeben. Im Weißen Haus werde zudem an einem Plan gearbeitet, Stationierungsländern die kompletten Kosten für die Anwesenheit von US-Militär im Land aufzubürden. Zusätzlich sollen sie 50 Prozent drauflegen – quasi „für das Privileg“ (so bezeichnete es die Deutsche Welle), US-Kräfte „im Land haben zu dürfen“.

Der außen- und sicherheitspolitische Paradigmenwechsel, der sich unter der Administration Trump vollzieht, hat sich schon länger angekündigt. So sagte der amerikanische Präsident beispielsweise am 17. Januar in seiner Rede im Pentagon: „Wealthy, wealthy countries that we’re protecting are all under notice – we cannot be the fools for others.” („Reiche, wohlhabende Länder, die wir schützen, stehen nun alle unter Beobachtung – wir wollen in Zukunft nicht mehr die Deppen für andere sein.“)

Neue Stationierungsvereinbarung mit Südkorea für ein Jahr

Wie Bloomberg und die Washington Post schreiben, sei das neue Konzept „Stationierungskosten plus 50 Prozent“ offenbar lediglich eine Option. Endgültig entschieden sei noch nichts, obwohl seit längerer Zeit darüber beraten werde.

Dass Trump es aber ernst meint, zeigt das Beispiel Südkorea. Dort war es im Februar nach Drohungen des Präsidenten, die US-Truppen von der koreanischen Halbinsel abzuziehen, zu einer Einigung gekommen. Südkorea stimmte nach mehreren Gesprächsrunden zu, seinen Beitrag für die Stationierung der etwa 27.000 GIs im Land um 8,2 Prozent auf umgerechnet rund 816 Millionen Euro zu erhöhen. Das Abkommen zwischen Seoul und Washington hat eine Laufzeit von nur einem Jahr. Frühere Absprachen erstreckten sich auf fünf Jahre.

Vom Verteidigungsbündnis zum reinen Geschäftsbündnis?

Washington Post und Bloomberg lassen in ihren Beiträgen auch „Kreise der US-Regierung“ zu Wort kommen, die das „Kosten plus 50“-Konzept für schlichtweg falsch halten. Der frühere Kommandeur der US-Armee in Europa Ben Hodges äußerte sich unmissverständlich gegenüber dem deutschen Wochenmagazin stern. Er beklagte: „Wir brauchen Verbündete, und unsere zuverlässigsten Verbündeten kommen aus Europa, Kanada, Australien, Japan und Südkorea. Warum prügeln wir ständig auf sie ein?“

Für Generalleutnant a.D. Hodges, der jetzt für das Center for European Policy Analysis (CEPA) in Washington arbeitet, verrät das Dealmaker-Konzept „Kosten plus 50“ ein „entweder fehlendes Verständnis oder eine komplette Missachtung“ der zentralen Frage, welchen Wert die Überseestützpunkte für die USA haben, um auch die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Er erklärte dazu dem stern: „Man kann Amerika nicht von Virginia, North Carolina oder Kalifornien aus verteidigen. […] Das European Command (EUCOM) und das African Command (AFRICOM) in Stuttgart sind nicht da, um Deutschland zu schützen. Sie sind als vorgeschobene Zentrale für die Zusammenarbeit mit Verbündeten und Partnern da und zur Verbesserung der Beziehungen, die für unsere eigene Sicherheit unerlässlich sind. Wo wären wir ohne die Ramstein Air Force Base in Deutschland oder die Inçirlik Air Base in der Türkei? Oder die Marine im Mittelmeer? Oder die Möglichkeit, Truppen rasch an Krisenherde in Europa, im Nahen Osten oder in Afrika einzusetzen?“

Hodges warnte in seinem Interview abschließend: „Ich denke, dass wir am Ende verlieren werden, wenn sich [aus der Trump-Formel „Cost Plus 50“] eine reine Geschäftsbeziehung entwickeln sollte und die Verbündeten uns Dinge in Rechnung stellen, die sie derzeit für uns tun, die aber nicht in der Zwei-Prozent-Liste erscheinen. Die USA zahlen derzeit sicher nicht für den Cyber-Schutz des Bremerhavener Hafens oder den Himmel über Europa. Diese sind jedoch unabdingbar für unsere nationale Sicherheitsstrategie.“ Er hoffe, so Hodges, dass „hier nur einige gute Stabsoffiziere eine mögliche Anforderung des Weißen Hauses vorhersehen und sie prüfen“. Wenn es sich aber tatsächlich um eine ernsthafte Überlegung der Trump-Administration handeln sollte, dann halte er dies „für einen kolossalen Fehler“.

Aktuell – so rechnet das im kalifornischen Santa Monica ansässige Forschungsinstitut RAND Corporation – trägt die Bundesrepublik rund 28 Prozent der Kosten, die den Vereinigten Staaten durch die Stationierung ihrer gut 35.000 Soldaten auf deutschem Boden entstehen. Dies sind etwa eine Milliarde US-Dollar jährlich. Dabei überweist Deutschland kein Geld an Washington, sondern beteiligt sich durch die Bereitstellung von Flächen, die Finanzierung von Infrastruktur und anderen Baumaßnahmen sowie durch den Verzicht auf Steuern und Zolleinnahmen. Mit der „Kosten plus 50“-Regelung könnte „der Preis“– nur für die Stationierung der US-Truppen – auf rund 4,6 Milliarden Euro steigen.

„Gemeinsame Organisation von Sicherheit funktioniert so nicht“

Der SPD-Politiker Thomas Hitschler, Mitglied des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, sieht der weiteren Entwicklung – trotz der alarmierenden Berichte von Bloomberg und Washington Post – noch relativ gelassen entgegen. Der Deutschen Welle sagte er: „Die US-Truppen im Land bringen einen sehr kleinen Vorteil für Deutschland, aber einen großen Vorteil für die Vereinigten Staaten.“

Mit Verweis vor allem auf den Bloomberg-Artikel warnte Hitschler vor einer Gefährdung der internationalen Zusammenarbeit, sollte das Trump’sche Konzept Realität werden. So funktioniere die gemeinsame Organisation von Sicherheit nicht. Am Ende könne es schließlich auch ganz anders ausgehen, meinte der Verteidigungsexperte der SPD. Ausgelöst werden könnten in Deutschland Grundsatzdebatten über die Stationierung amerikanischer Truppen. Hitschler: „Ich kann mir gut vorstellen, dass es Protest und Ablehnung in der Bevölkerung geben wird. Das würde in die aktuell kritische Haltung der Deutschen gegenüber der Regierung Trump passen.“

Zusammenarbeit mit USA elementar für deutsche und europäische Sicherheit

Was nun sagt die Bundesregierung zur Forderung des US-Präsidenten nach Übernahme der Finanzierung der US-Truppen durch die jeweilige Gastnation? Die Kleine Anfrage gestellt hatten Heike Hänsel, Andrej Hunko, Alexander S. Neu und weitere Abgeordnete der Bundestagsfraktion Die Linke.

In ihrer Antwort versichert die Regierung, es läge ihr keine Anfrage der US-Regierung oder nachgeordneter US-Stellen hinsichtlich einer möglichen Kostenübernahme für die in Deutschland stationierten amerikanischen Truppen vor. Man habe jedoch die Medienberichterstattung zu „Cost Plus 50“ zur Kenntnis genommen. Zur Kenntnis genommen habe man auch die Stellungnahme des geschäftsführenden US- Verteidigungsministers Patrick Shanahan in einer Anhörung vor dem US-Senat am 14. März dieses Jahres, wonach keine derartigen Pläne bestünden.

Auf die Frage, warum der deutsche Steuerzahler überhaupt für die Stationierung der US-Streitkräfte in Deutschland aufkommen müsse („zumal der geostrategische Vorteil der Stationierung in Deutschland für die USA enorm, für Deutschland gering oder gar nicht vorhanden“ sei), heißt es in der Regierungsantwort: „Die Zusammenarbeit mit den USA – insbesondere im sicherheitspolitischen Bereich – bleibt elementar für die Sicherheit Deutschlands und Europas. Die Stationierung von US-Streitkräften in Deutschland sowie die sicherheitspolitische Kooperation Deutschlands mit den USA im bilateralen wie im NATO-Rahmen liegen im zentralen sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands und Europas. Die Bundesregierung kommt gemäß ihrer Verpflichtungen nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut für einen Teil der Verteidigungsfolgekosten ausländischer in Deutschland stationierter Truppen auf.“

Abschließend bejahte die Regierung die Frage der Linken nach einer personellen Aufstockung der US-Truppen in Deutschland mit dem Hinweis, die USA hätten im September vergangenen Jahres die Stationierung von 1500 zusätzlichen Soldaten auf deutschem Boden bis zum Jahr 2020 angekündigt. Über darüber hinausgehende Stationierungen gebe es allerdings keine Informationen.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Das Symbolbild „Freundschaftsfest“ vom 16. Mai 2016 erinnert an das gewachsene und enge Verhältnis zwischen den US-Truppen in Deutschland und der Bevölkerung.
(Foto: Radoslaw Drozdzewski/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0;
Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 05.19)

2. Die Infografik zeigt die Rangliste der Länder, in denen zahlenmäßig die meisten US-Soldaten stationiert sind. Das Hintergrundfoto entstand bei einem Appell der 12th Combat Aviation Brigade am 28. Juni 2013 auf dem Militärflugplatz Ansbach-Katterbach.
(Foto: Georgios Moumoulidis/U.S. Army)

Kleines Beitragsbild: Eingangsbereich der Patch Barracks in Stuttgart, fotografiert am 23. November 2018. Hier hat unter anderem das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa (United States European Command, USEUCOM oder EUCOM) seinen Sitz.
(Foto: Alexander Migl/Wikipedia/Wikimedia Commons/unter Lizenz CC BY-SA 4.0 –
vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN