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Rottweil/Oberndorf am Neckar. Die Turbulenzen um den Handfeuerwaffenhersteller Heckler & Koch halten unvermindert an. Vor allem die mittlerweile in der Öffentlichkeit ausgetragene Auseinandersetzung zwischen dem Finanzinvestor und Mehrheitseigner Andreas Heeschen und dem an dem deutschen Unternehmen beteiligten Großaktionär CDE (Compagnie de Développement de l’Eau), einer in Luxemburg ansässigen Finanzholding des französischen Investors Nicolas Walewski, sorgt für Negativschlagzeilen. Im Mittelpunkt des Konflikts zwischen Heeschen und der CDE beziehungsweise Walewski steht die Besetzung des Aufsichtsrates von Heckler & Koch. Aufsichtsratsvorsitzender ist der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat. Am vergangenen Donnerstag (19. Dezember) fand im Veranstaltungssaal des Rottweiler Restaurants „Badehaus“ eine außerordentliche Hauptversammlung statt.

Heckler & Koch gilt als einer der weltweit führenden Hersteller von Handfeuerwaffen. Seit fast 70 Jahren beliefert das Unternehmen Streitkräfte – darunter Sondereinsatzkräfte – der NATO und NATO-assoziierten Staaten sowie Polizeikontingente. Rund 900 Beschäftigte stellen Pistolen, Maschinenpistolen, Sturmgewehre, Präzisionsgewehre, Maschinengewehre und Granatwerfer her.

Der deutsche Waffenproduzent bemüht sich derzeit um den Millionenauftrag der Bundeswehr „System Sturmgewehr“. Der Beschaffungsauftrag für rund 120.000 Nachfolgegewehre für das G36, bislang die Standardwaffe der deutschen Streitkräfte, hat nach Auskunft des Koblenzer Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw) einen geschätzten Wert von rund 245 Millionen Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Vergabeentscheidung könnte 2020 fallen.

Exzellenter Kenner der Bundeswehr und der NATO

Die CDE, die eigenen Angaben zufolge an Hecker & Koch 5,1 Prozent hält, drängte vor dem Treffen der Aktionärsvertreter in Rottweil auf eine Abwahl des Aufsichtsratschefs Harald Kujat. Der Ex-General war erst am 12. Juli dieses Jahres in das Amt gewählt worden (wir berichteten). Der Luxemburger Großaktionär begründete seinen Antrag unter anderem mit der „mangelnden Wirtschaftserfahrung“ Kujats. Kujat wehrte sich dagegen und sagte im Vorfeld der außerordentlichen Hauptversammlung der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten für deren Mittwochausgaben (18. Dezember): „Bisher hat kein Vertreter von der CDE mit mir darüber gesprochen. Eines scheint aber klar zu sein: Diejenigen, die den Antrag gestellt haben, kennen mich offensichtlich nicht.“

Kujat erinnerte in seinem Pressegespräch daran, dass wirtschaftliche Aspekte bei der Bundeswehr ein ganz zentraler Punkt seien. „Dafür muss man Managementqualitäten mitbringen.“ Das Gleiche gelte für die Verwendung, die er in der NATO gehabt hätte (der frühere Luftwaffengeneral war von 2002 bis 2005 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses – er gilt als exzellenter Kenner der deutschen Streitkräfte und des Bündnisses).

Die Wehrtechnologie muss in Deutschland bleiben

Die internen Streitigkeiten um Heckler & Koch bewertete Kujat äußerst kritisch: „Mit Blick auf das laufende Vergabeverfahren für das neue Sturmgewehr der Bundeswehr ist es sicherlich nicht förderlich, wenn unklare Gesellschafterverhältnisse in den Medien kolportiert werden“, so Kujat.

Auch dass im Bundeswirtschaftsministerium momentan ein Übernahmeantrag beraten wird, ob die Mehrheit an Heckler & Koch an einen ausländischen Aktionär abgegeben werden kann, sieht er skeptisch: „Grundsätzlich betrachtet ist es für unser Land aus außen- und sicherheitspolitischen Gründen natürlich wichtig, wer Einfluss auf Heckler & Koch hat.“ Ein Transfer in dieser Größenordnung müsse mit dem Außenwirtschaftsgesetz in Einklang stehen. Auch die Industriestrategie 2030 von Wirtschaftsminister Peter Altmaier zeige, „dass die wehrtechnische Industrie ein kritischer Bereich ist, wo wir technologische Souveränität sicherstellen wollen – das bedeutet, dass die Eigentumsverhältnisse klar sein müssen und dass die Technologie in Deutschland bleiben muss.“

Unternehmen noch mit rund 237 Millionen Schulden belastet

Der Antrag der CDE bei der außerordentlichen Hauptversammlung auf Ablösung Kujats scheiterte erwartungsgemäß. Es gab nur 9,5 Prozent Zustimmung für das Vorhaben der Finanzholding von Walewski. Mehrheitseigentümer Heeschen wurde in den Aufsichtsrat gewählt – gegen den Widerstand der CDE.

Bei der gut acht Stunden dauernden Veranstaltung machten Vertreter der CDE deutlich, dass die Finanzholding die Sinnhaftigkeit von Entscheidungen vergangener Jahre anzweifelt. Bei der massiven Kritik ging es vor allem um einen im Jahr 2006 aufgenommenen, mit 9,25 Prozent sehr hoch verzinsten 100-Millionen-Euro Kredit. Mit dem Geld soll Heckler & Koch unter Heeschen Investitionen in andere Branchen getätigt haben, die letztlich aber scheiterten.

Wie die Neue Rottweiler Zeitung nach der außerordentlichen Hauptversammlung berichtete, hat sich der Schuldenstand von Heckler & Koch „von 2,5 Millionen im Jahr 2002 – als Heeschen in Oberndorf einstieg – auf 295 Millionen im Jahr 2014 erhöht“. Dies habe der Vorstand des Unternehmens auf eine entsprechende Frage des CDE-Anwalts Sebastian Ens offengelegt. Derzeit sei Heckler & Koch „noch mit 236,8 Millionen Schulden belastet“.

Einen weiteren wichtigen Aspekt nannte am gestrigen Freitag (20. Dezember) die Badische Zeitung. Das Blatt schrieb: „Heeschen hält zwei Drittel des Stammkapitals. Allerdings hat er, wie am Donnerstag bekannt wurde, seit 2015 im Rahmen eines Darlehensvertrags zehn Millionen Aktien an die CDE verpfändet. Hinter der Firma steht der Franzose Nicolas Walewski, der einst mit Heeschen an einem Strang zog – inzwischen sind die beiden spinnefeind. Walewski hat beantragt, das Aktienpaket übertragen zu bekommen. Allerdings fehlt hierzu noch die Zustimmung der Bundesregierung – bei Eigentümerwechseln in der Rüstungsbranche hat Berlin eine Art Veto-Recht.“


Firmenzeichen am Hauptsitz von Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar.
(Bild: nr)

Kleines Beitragsbild: Patch mit dem Firmenlogo von Heckler & Koch.
(Bild: nr)

 


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