Berlin. Wird die Bundeswehr seit Aussetzen der Allgemeinen Wehrpflicht immer älter? Eine berechtigte Frage, denn der Altersdurchschnitt unserer Soldaten ist in den vergangenen Jahren deutlich angewachsen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung vom 18. Juli auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor. Demnach stieg das Durchschnittsalter der rund 181.000 Uniformträger im vergangenen Jahr auf 31,85 Jahre. Im Jahr 2011 hatte es noch bei 29,04 Jahren gelegen. Die Anfrage an die Regierung zum Themenkomplex „Personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr“ hatten die Abgeordneten Grigorios Aggelidis, Alexander Graf Lambsdorff und Alexander Müller gestellt.
Die Allgemeine Wehrpflicht war vom Parlament am 24. März 2011 zum 1. Juli 2011 ausgesetzt worden. Für das entsprechende Wehrrechtsänderungsgesetz der Bundesregierung stimmten damals gemäß der Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses die Fraktionen CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Mit dem Gesetz wurde zugleich ein freiwilliger Wehrdienst von sechs bis 23 Monaten geschaffen, der Männer und Frauen gleichermaßen offensteht.
Der Anteil der 20- bis 29-jährigen Soldaten im Heer ist der Regierungsantwort zufolge von 70,31 Prozent im Jahr 2011 auf 50,92 Prozent im Jahr 2018 gesunken. Bei der Marine ging der Anteil der 20- bis 29-Jährigen von 63,78 auf 47,47 Prozent zurück, bei der Luftwaffe von 56,78 auf 36,34 Prozent.
Ähnliche Tendenzen sind auch bei den militärischen Organisationsbereichen Streitkräftebasis (von 58,05 Prozent im Jahr 2011 auf 37,21 Prozent im Jahr 2018 gesunken) und Zentraler Sanitätsdienst (von 59,90 Prozent im Jahr 2011 auf 44,08 Prozent im Jahr 2018 gesunken) feststellbar.
Die durchschnittlichen Anteile der verschiedenen Altersgruppen an der Personalstruktur der Bundeswehr sehen momentan wie folgt aus:
– Anteil der unter 20-Jährigen 3,45 Prozent;
– Anteil der 20- bis 29-Jährigen 54,34 Prozent;
– Anteil der 30- bis 39-Jährigen 24,62 Prozent;
– Anteil der 40- bis 49-Jährigen 11,35 Prozent;
– Anteil der 50- bis 59-Jährigen 6,10 Prozent;
– Anteil der über 60-Jährigen 0,14 Prozent.
Der FDP-Politiker Alexander Müller, Obmann der Freien Demokraten im Verteidigungsausschuss, kommentierte die Regierungszahlen mit den Worten: „Seit der Aussetzung der Wehrpflicht wird die Bundeswehr immer älter. Die frisch vereidigte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ist zwingend gefragt, die Truppe für junge Leute attraktiver zu machen und endlich personell zu entlasten.“
Die Verantwortlichen in der Bundeswehr selbst haben eine positive Sicht auf die Personalentwicklung. Auf die Frage der FDP-Abgeordneten, ob nach Meinung der Bundesregierung bereits Verbesserungen bei der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr durch die 2016 eingeläutete „Trendwende Personal“ erzielt werden konnten, teilte das Verteidigungsministerium (für die Bundesregierung) mit: „Mit Beginn der ,Trendwende Personal‘ befindet sich der Personalbestand seit 2017 im stetigen Aufwuchs. Die planerischen Zielumfänge der Bundeswehr bis 2025 wurden Ende 2019 auf insgesamt rund 203.000 Soldaten – bestehend aus 186.300 Beruf- und Zeitsoldaten, 12.500 Freiwilligen Wehrdienst Leistenden, 4500 Stellen für Reservedienst Leistende – sowie rund 66.000 Haushaltsstellen für zivile Mitarbeiter (das entspricht bis zu 69.300 Menschen) festgelegt.“
Bis Mitte März 2019 sei ein Bestand von rund 173.400 Berufs- und Zeitsoldaten erreicht worden, so das Ministerium weiter. Dies entspreche einem Wachstum von rund 7000 Berufs- und Zeitsoldaten seit dem personellen Tiefststand im Juni 2016.
Das Zwischenfazit der Planer lautet: „Der Personalaufwuchs ist vor dem Hintergrund der bekannten Einflussfaktoren – wie der demografischen Entwicklung oder dem Fachkräftebedarf der Wirtschaft – ambitioniert, befindet sich aber auf der Entwicklungslinie zur Einnahme der Zielstruktur im Jahr 2025.“ Allerdings: „Zur weiteren Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft ist parallel die Qualifizierung des Personals notwendig. Die nationalen Ausbildungseinrichtungen, die gestiegene Beteiligung an internationalen Übungen sowie die deutlich verbesserte Verfügbarkeit an Gerät und Material leisten wesentliche Beiträge zur gesteigerten personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr.“
In diesem Zusammenhang versicherte das Ministerium in seinem Beitrag zur Regierungsantwort an die Freidemokraten auch, dass die Bundeswehr weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber bleiben werde und „die personelle Einsatzbereitschaft auf hohem Niveau“ gehalten werden könne. Dafür sei eine ganze Reihe von entsprechenden Anreizen für die Bewerber geschaffen worden. Dass die ergriffenen Maßnahmen der Personalwerbung erfolgreich seien, zeige sich beispielsweise daran, dass es seit 2016 aufgrund weitreichender Attraktivitätsmaßnahmen gelungen sei, trotz starker Konkurrenz auf dem zivilen Arbeitsmarkt jährlich mehr als 2000 junge Männer und Frauen zusätzlich zur Regenerationsquote zu gewinnen.
Unsere Symbolaufnahme zum Thema „Personalstruktur Bundeswehr“ zeigt Bundeswehrsoldaten am 25. Juli 2013 bei einem feierlichen Appell in der Clausewitz-Kaserne in Burg. Hier bedankte sich an diesem Tag der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière bei Bundeswehrangehörigen und zivilen Helfern für den Einsatz während der Hochwasserkatastrophe im Juni jenes Jahres.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)
Die Bundeswehr ist und darf keine Firma wie jede andere sein. Es darf den Bewerbern auch nicht suggeriert werden, dass sie in einer Firma arbeiten. Bundeswehrangehörige DIENEN Deutschland. Das ist etwas Besonderes! Wenn die Bundeswehr nicht ständig von der Politik diffamiert wird und Soldaten wieder stolz sein können, Soldaten zu sein, wird sich das Problem der Personalbeschaffung schnell regeln.
Das wesentlichste Erfolgsrezept einer Firma – und in diesem Punkt gibt es ganz klar Parallelen zwischen Bundeswehr und Firmen – ist die Stimmung in der Truppe oder (zivil ausgedrückt) das Betriebsklima. Ich hoffe, es gelingt der neuen Ministerin, wieder eine positive Stimmung zu bewirken. Unterstützend kann AKK das Thema des Sozialen Jahres wieder aufgreifen.