Köln-Wahn/Funchal (Madeira). Die deutsche Luftwaffe hat am gestrigen Samstag (20. April) die meisten Überlebenden des schweren Busunglücks auf der portugiesischen Urlaubsinsel Madeira mit einem Airbus A310 nach Deutschland zurückgebracht. Der A310 MRTT (MRTT = Multi-Role-Transport-Tanker) in der AirMedEvac-Konfiguration war am Samstagmorgen um 6 Uhr vom Flughafen Köln-Wahn gestartet. Die Maschine mit dem taktischen Kennzeichen 10+27 „August Euler“ hatte den Flughafen in Funchal auf Madeira nach rund 3 Stunden und 15 Minuten erreicht. Mit 15 Verletzten an Bord landete der Airbus dann um kurz nach 17 Uhr wieder in Köln. Mehrere Krankenwagen standen für den Weitertransport der Unfallopfer, die aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg stammen, bereit. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet war zum militärischen Teil des Flughafens gekommen, um die „fliegende Intensivstation“ der Luftwaffe mit den Patienten begrüßen zu können.
Der Unfall auf Madeira hatte sich am Mittwochabend (17. April) ereignet. Der Reisebus eines lokalen Unternehmers war unterwegs vom Hotel der deutschen Urlauber im östlich der Inselhauptstadt gelegenen Ort Caniço nach Funchal. Dort in der Inselhauptstadt war ein traditionelles Abendessen vorbereitet worden. Auf einer leicht abschüssigen Straße war dann der Bus in einer Kurve – nur etwa 250 Meter vom Hotel in Caniço entfernt – von der Fahrbahn abgekommen, mehrere Meter tief einen Abhang hinabgestürzt und schließlich in ein Haus eingeschlagen.
29 Bundesbürger wurden bei dem Unglück getötet, 25 verletzt (dazu der Fahrer des Busses und die Reiseleiterin, beides Portugiesen). Die genaue Ursache der Tragödie ist bis jetzt nicht bekannt. Portugals Fernsehsender RTP berichtete am Karfreitag (19. April), möglicherweise sei das Gaspedal blockiert gewesen und der Fahrer habe versucht, den schneller werdenden Bus zum Halten zu bringen, indem er gegen eine Mauer fuhr. Die örtliche Staatsanwaltschaft führt Ermittlungen.
Außenminister Heiko Maas war einen Tag nach dem Unglück auf die Atlantikinsel geflogen. Gemeinsam mit seinem portugiesischen Amtskollegen Augusto Santos Silva hatte er die Unglücksstelle aufgesucht und dort einen Kranz niederlegte. Dabei hatte der Minister versprochen: „Wir setzen alles daran, dass die Verletzten – sobald es möglich ist – nach Deutschland überführt werden.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag erklärt: „Mit Trauer und Bestürzung denke ich an unsere Landsleute und alle anderen Menschen, die von dem fürchterlichen Busunglück auf Madeira betroffen sind. Meine aufrichtige Anteilnahme gilt vor allem all den Familien, die in diesem Unglück ihre Liebsten verloren haben. Ich hoffe mit den Verletzten und ihren Angehörigen, die um sie bangen, dass sie die körperlichen wie seelischen Folgen überwinden können.“ Die Kanzlerin dankte zudem „allen auf Madeira, den Rettern, Sanitätern und Ärzten, die unter schwierigen Umständen an der Unglücksstelle im Einsatz waren“.
Die vier Mehrzweckflugzeuge A310 MRTT der deutschen Luftwaffe (10+24 „Otto Lilienthal“, 10+25 „Hermann Köhl“, 10+26 „Hans Grade“ und 10+27 „August Euler“) können nach der entsprechenden Einrüstung folgende Aufgaben übernehmen:
– reiner Passagiertransport;
– kombinierter Fracht- und Passagiertransport;
– Verwundeten- und Krankentransport;
– strategische Luft-zu-Luft Betankung.
Der MedEvac-Rüstsatz besteht aus bis zu sechs Patiententransporteinheiten (PTE), deren Ausstattung den modernsten Standards der Intensivmedizin entspricht. An Bord des Airbus gibt es 38 Liegeplätze. 16 dieser Plätze sind sogenannte Intermediate-Care-Plätze, von denen aus per Monitorkontrolle eine verstärkte medizinische Überwachung und Medikamentenbehandlung möglich ist. Insgesamt können mit dem A310 MRTT MedEvac 44 Patienten liegend transportiert werden.
Abhängig von der Anzahl und dem Verletzungsmuster der Patienten umfasst die medizinische Besatzung bis zu 25 Personen. Die „Medical Crew“ wird bei Alarmierung aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengezogen und besteht aus Fachärzten, Fachpflegekräften und Rettungsassistenten. Ein Fliegerarzt der Luftwaffe übernimmt als „Medical Director“ die medizinisch-organisatorische Leitung. Die Gesamtverantwortung für den Lufttransport liegt beim Kommandanten des A310.
Um im Ernstfall – wie jetzt bei dem schweren Busunglück auf Madeira – schnell reagieren zu können, wird am Flughafen Köln-Bonn ständig ein teilgerüsteter Airbus MedEvac in einer 24-Stunden-Bereitschaft vorgehalten. Nach einem Einsatzbefehl werden durch einen Medizintechniker der Luftwaffe die medizinischen Geräte auf Funktion geprüft und die Medikamente nachgerüstet. Um das vollständige Equipment und die flugzeugtechnische Vorbereitung abzuschließen, braucht das Personal nach der Alarmierung etwa drei Stunden.
Zu unserer Bildsequenz:
1. Portugiesische Atlantikinsel Madeira, 17. April 2019 – der Bus der deutschen Urlauber kurz nach dem Sturz von der Straße hinter Caniço.
(Videostandbild: Quelle SPIEGEL TV mit Material von Reuters)
2. Madeira mit Hauptstadt Funchal und Unglücksort Caniço.
(Satellitenbild: Jesse Allen/NASA, DRIGOT; Infografik © Christian Dewitz/mediakompakt 04.19)
3. Der Airbus 10+27 „August Euler“ am 20. April 2019 auf dem Flughafen von Funchal; die Verletzten werden an Bord gebracht.
(Videostandbild: Quelle DIE ZEIT mit Material von Reuters)
4. und 5. Innenansicht des A310 MRTT „August Euler“ mit dem MedEvac-Rüstsatz.
(Fotos: Kevin Hackert/ILA 2016/unter Lizenz CC BY-NC 2.0 – vollständiger Lizenztext:
https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/)
Kleines Beitragsbild: Der A310 MRTT MedEvac der deutschen Luftwaffe mit der Kennung 10+27 „August Euler“ brachte am 20. April 2019 insgesamt 15 deutsche Verletzte des schweren Busunglücks auf Madeira zurück in die Heimat.
(Foto: Kevin Hackert/ILA 2016/unter Lizenz CC BY-NC 2.0 – vollständiger Lizenztext:
https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/)
Da kann man nur allen Soldaten, die auch am Ostersamstag für uns im Einsatz waren, danken. In diesem Fall speziell den Teilnehmern an der Evakuierungsaktion von Madeira nach Köln: Dankeschön!