menu +

Nachrichten


Berlin/Wunstorf. Da muss die Frustration schon sehr groß sein, wenn die deutsche Luftwaffe diesen Weg wählt: Am heutigen Mittwoch (13. November) informierte das Presse- und Informationszentrum der Teilstreitkraft Medien und Öffentlichkeit darüber, dass es mit den Transportflugzeugen A400M von Airbus „wiederkehrende technische Probleme“ gibt. Da auch die beiden Maschinen, die aktuell an Deutschland ausgeliefert werden sollen, „zusätzlich nicht die vertraglich zugesicherten Eigenschaften besitzen“, habe dies zu einer „Nichtabnahme dieser Luftfahrzeuge durch die Bundeswehr“ geführt. Diese drastische Entscheidung machte die Luftwaffe kurz vor neun Uhr in einer zweiseitigen Presseerklärung publik.

Der A400M stellt mittlerweile das Rückgrat des Lufttransports der Bundeswehr dar. Bislang wurden 31 von insgesamt 53 bestellten Maschinen an die deutsche Luftwaffe übergeben, die alle beim Lufttransportgeschwader 62 im niedersächsischen Wunstorf stationiert sind.

Im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung „Trade Media Briefing“ in Manching hatte Airbus im November die Fachpresse auch darüber informiert, dass die bis Mitte Oktober insgesamt weltweit ausgelieferten 84 Maschinen A400M bisher zusammen mehr als 60.000 Flugstunden absolviert haben (Auslieferungen: Deutschland 31/von 53, Frankreich 15/50, Großbritannien 20/22, Malaysia 4/4, Spanien 5/27, Türkei 9/10).

Befestigungsmuttern an den Propeller könnten sich lösen

Zu den „wiederkehrenden technischen Problemen“ heißt es in der Pressemitteilung aus Berlin, dass „im Rahmen routinemäßiger Überprüfungen der Befestigungsmuttern an den Propellern bereits im Flugbetrieb befindlicher A400M festgestellt [wurde], dass nicht alle 24 Muttern pro Propeller das vorgesehene Anzugdrehmoment aufweisen.“ Werde dieser Mangel nicht erkannt und korrigiert, könne dies zu schwerwiegenden strukturellen Schäden am Propeller und an der Welle des Propellergetriebes führen.

Zuletzt seien deshalb zusätzliche Inspektionen zur Kontrolle des Anzugdrehmoments der Befestigungsmuttern angewiesen worden. Zum Mehraufwand an Arbeit und Zeit erklärt die Luftwaffe: „Der zeitliche Aufwand ist abhängig vom Ergebnis der Kontrollen und somit nicht pauschal quantifizierbar. Im Rahmen der Inspektion sind etwa 30 Mannstunden erforderlich, was den Ausfall des Luftfahrzeugs für einen Tag bedeutet.“ Und: „Das erhöhte Inspektionsaufkommen wirkt sich negativ auf die materielle Einsatzbereitschaft der A400M-Flotte des noch im Aufwuchs befindlichen Lufttransportgeschwaders 62 aus und stellt den Verband vor erhebliche Herausforderungen.“

Sicherheit der Bundeswehrangehörigen steht an oberster Stelle

Über den erhöhten Inspektionsaufwand an den Befestigungsmuttern der A400M-Propeller hinaus sind derzeit laut Luftwaffe „eine Vielzahl zusätzlicher Inspektionen erforderlich, unter anderem zum Prüfen der Triebwerksbefestigungen, zur Rissprüfung an diversen Stellen des Transportflugzeugs, an den Brennkammern sowie zum Prüfen der Triebwerksklappen“. Bislang seien jedoch trotz dieser Einschränkungen alle Aufgaben, auch im Rahmen der Einsätze und einsatzgleichen Verpflichtungen, mit dem Waffensystem A400M erfüllt worden.

Wie das Presse- und Informationszentrum der Teilstreitkraft zudem mitteilt, habe sich der Airbus A400M bislang „bei der Versorgung der Einsatzgebiete mit Personal und Material, bei der Luft-Luft-Betankung (derzeit beim Anti-IS-Einsatz in Jordanien), beim Rücktransport von medizinisch zu versorgenden Soldaten aus dem Auslandseinsatz sowie bei humanitären Hilfseinsätzen in annähernd 1700 Missionen mit über 4000 Flugstunden mehr als bewährt“.

Die Luftwaffe macht in ihrer Presseerklärung aber auch deutlich, dass die Sicherheit der Bundeswehrangehörigen bei der täglichen Nutzung des Luftfahrzeugs A400M oberste Priorität hat. „Wir sind uns unserer hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards bewusst; diese werden wir auch in diesem Fall mit allen verfügbaren Mitteln und Maßnahmen umsetzen“, versichern die Verantwortlichen.

„Diskussionen über die speziellen Auslieferungskriterien“

Wenig Erhellendes hatte heute SPIEGEL ONLINE, das zuerst über den „neuen, gravierenden Mangel“ beim Truppentransporter A400M berichtete, von Airbus selbst in Erfahrung bringen können. Der Hersteller habe „zurückhaltend“ auf eine entsprechende Anfrage reagiert, teilte SPIEGEL-Chefreporter Matthias Gebauer in seinem Beitrag „Schrauben locker“ mit. Ein Sprecher habe darauf hingewiesen, dass Airbus „mit allen Kunden daran [arbeite], die gesteckten Ziele für den A400M zu erreichen“. Der Sprecher habe auch erklärt, dass sich der Konzern „derzeit mit Deutschland in Diskussionen über die speziellen Auslieferungskriterien befinde – dies sei aber Teil des Standardprozesses“.

Wir haben uns am Abend ebenfalls schriftlich an Airbus mit der Bitte um eine Stellungnahme zu der Pressemitteilung der deutschen Luftwaffe gewandt. Mal sehen, ob (und wann) wir eine Antwort bekommen …


Die Aufnahme zeigt einen Techniker des Lufttransportgeschwaders 62 in Wunstorf bei der Inspektion eines A400M-Triebwerks.
(Foto: Kevin Schrief/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: Ein A400M am 18. Januar 2017 auf dem Gelände des Fliegerhorstes Wunstorf.
(Foto: Johannes Heyn/Bundeswehr)


Kommentare

  1. Dr.-Ing. U. Hensgen | 15. November 2019 um 14:39 Uhr

    Sehr schön. Nur durch konsequentes Handeln wird die Industrie merken, dass auch die Bundeswehr vertraglich ausgehandelte Eigenschaften einfordert und nicht zur finanziellen Unterstützung der liefernden Firmen existiert.

Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN