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Bonn. Die Bundeswehr erhält neue Richtlinien zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, ihrem Verständnis von Tradition und der Traditionspflege. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte im vergangenen Jahr rechtslastige Vorfälle in der Truppe – Stichworte „Fall Franco A.“ und „Wehrmachtsdevotionalien in Kasernen“ – zum Anlass genommen, den sogenannten Traditionserlass endlich der Zeit anzupassen. Der Erlass, der aus dem Jahr 1965 stammt, war bereits 1982 überarbeitet worden. Die aktuelle Fassung liegt seit dieser Woche dem Verteidigungsausschuss vor. Mit dem Thema „Die Bundeswehr und ihre Tradition“ wird sich am 1. April ab 13 Uhr der Ereignis- und Dokumentationskanal phoenix befassen.

Die Wehrmacht gehörte lange Zeit zum Traditionsgut der Bundeswehr. Erst nach Ende des Kalten Krieges wandelte sich allmählich – vor allem mit den ersten Auslandseinsätzen – auch das Selbstverständnis der zunächst bundesdeutschen und später gesamtdeutschen Streitkräfte.

Wie stabil oder vergänglich sind aber die Traditionslinien unserer Streitkräfte? Welche Teile der deutschen Militärgeschichte werden heute bewusst ausgewählt, um damit die Bundeswehr mitzuprägen? Wie viel Wehrmachtstradition steckt immer noch in der Bundeswehr? Welche Rolle spielt die Geschichte der NVA für die Bundeswehr? Wie sehr hat sich militärische Tradition in Deutschland nach 1918, nach 1945 und nach 1989 bis heute fortgesetzt?

Expertin zum Thema „Tradition und militärische Erinnerungskultur“

Über diese und weitere Fragen will am 1. April in der phoenix-Sendung „History Live“ der Historiker, Publizist und Moderator Guido Knopp mit Experten diskutieren.

Teilnehmen werden an der Diskussionsrunde „Mit schwerem Gepäck: Die Bundeswehr und ihre Tradition“ die Historikerin Loretana de Libero, der Historiker Sönke Neitzel und General a.D. Harald Kujat.

Loretana de Libero studierte Alte Geschichte, Klassische Archäologie und Latein an der Universität Hamburg und an der Universität Göttingen. Seit 1996 lehrt sie an deutschen Hochschulen, unter anderem in Hamburg, Göttingen, Kiel und Oldenburg. An der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg wurde de Libero im Jahr 2004 Vertretungsprofessorin für Alte Geschichte. Seit 2006 ist sie außerplanmäßige Professorin an der Universität Potsdam.

Die Wissenschaftlerin arbeitete außerdem in Ressortforschungseinrichtungen des Bundes, so unter anderem am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Seit 2013 lehrt und forscht de Libero an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg-Blankenese. Als ausgewiesene Expertin zum Thema „Tradition und militärische Erinnerungskultur“ begleitete sie im Verteidigungsministerium den Prozess um den neuen Traditionserlass für die Truppe.

Militärgeschichte und die Kulturgeschichte der Gewalt

Die Lehrgebiete des Historikers Sönke Neitzel umfassen die deutsche, britische und internationale Geschichte sowie die Militärgeschichte vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis zum Kalten Krieg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Geschichte des Hochimperialismus sowie das Zeitalter der Weltkriege.

2011/2012 war Neitzel Professor für Modern History an der University of Glasgow. Im Zeitraum 2012 bis 2015 nahm er eine Professur an der London School of Economics and Political Science im Fachbereich „International History“ wahr. Seit 2015 ist er Lehrstuhlinhaber für „Militärgeschichte/Kulturgeschichte der Gewalt“ am Historischen Institut der Universität Potsdam.

Diese Professur ist die einzige ihrer Art in Deutschland. Der Lehrstuhl beschäftigt sich mit der Militärgeschichte und der Kulturgeschichte der Gewalt von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf dem 19. und 20. Jahrhundert.

Früherer Generalinspekteur der Bundeswehr nimmt kein Blatt vor den Mund

General a.D. Harald Kujat war von 2000 bis 2002 der 13. Generalinspekteur der Bundeswehr und von 2002 bis 2005 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Der frühere Luftwaffenoffizier ist häufiger, teilweise heftig umstrittener Gast in Talkshows und Interviewpartner zu sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragestellungen.

Als Verteidigungsministerin von der Leyen im vergangenen Jahr der Bundeswehr vor dem Hintergrund des Falls des terrorverdächtigen Oberleutnants Franco A. und weiterer Skandale pauschal „ein Haltungsproblem“ und „offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen“ vorwarf, äußerte sich daraufhin auch Kujat. Er sagte der Bild am Sonntag (Ausgabe 7. Mai 2017): „Die pauschale Kritik der Ministerin an Haltung, Führung und Korpsgeist war inakzeptabel und schädlich für die Bundeswehr. Und ihre Entschuldigung ist wachsweich ausgefallen. Als Kollateralschäden bleiben ein Ansehensverlust der Streitkräfte und ein Vertrauensverlust der Soldaten in die politische Führung.“ Klare Worte, die mittlerweile generell ein Markenzeichen des früheren Vier-Sterne-Generals sind …


Randnotiz                                  

„Mit schwerem Gepäck: Die Bundeswehr und ihre Tradition“, Diskussionsrunde in „History Live“ mit Loretana de Libero, Sönke Neitzel und Harald Kujat. Gastgeber ist Guido Knopp.
Sendetermine in phoenix: Sonntag, 1. April 2018 (13 bis 14 Uhr), Wiederholung in der Nacht vom 1. auf den 2. April 2018 (ab 24 Uhr).
Alle Angaben ohne Gewähr.


Das Bild zeigt den Historiker und Moderator Guido Knopp in „History Live“, einer Sendung des Ereignis- und Dokumentationskanals von ARD und ZDF phoenix.
(Foto: Matthias Luedecke/phoenix)

Kleines Beitragsbild: Symboldarstellung „Tradition und Traditionslinien in Deutschland“.
(Gestaltung: mediakompakt)


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