Bremen/Hamburg/Kiel. Unsere Marine erhält fünf weitere Korvetten K130. Am 12. September vergangenen Jahres war in Koblenz der entsprechende Vertrag zwischen dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und der „Arbeitsgemeinschaft (ARGE) K130“ – bestehend aus der Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG als dem federführenden Unternehmen, ThyssenKrupp Marine Systems GmbH sowie German Naval Yards Kiel GmbH – unterzeichnet worden. Jetzt informieren die Werften in einer gemeinsamen Pressemitteilung über die vereinbarte Arbeitsteilung beim Korvettenbau …
Die Kosten für das zweite Baulos K130 waren im Dezember 2016 von der Bundesregierung noch auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt worden. Mittlerweile wird in den Medien über ein Gesamtauftragsvolumen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro berichtet. Der Durchschnittspreis der Schiffe des ersten Loses betrug rund 240 Millionen Euro (gesamt also rund 1,2 Milliarden Euro).
Die Übergabe der Korvetten aus der Ergänzungsbeschaffung an die deutsche Marine soll ab 2022 schrittweise erfolgen. Vizeadmiral Andreas Krause, der Inspekteur der Marine, sagte im März gegenüber Medienvertretern mit Blick auf den Einsatz der neuen Schiffe: „Ich bin sicher, dass wir das gemeinsame Ziel erreichen und die erste der fünf neuen Korvetten planmäßig in der Mitte des nächsten Jahrzehnts erhalten.“
Der Marine-Großauftrag zum Bau von fünf weiteren Korvetten war zunächst ohne öffentliche Ausschreibung an das Werftenkonsortium Fr. Lürssen Werft/ThyssenKrupp Marine Systems gegangen, das bereits die fünf Korvetten „Braunschweig“ (F260), „Magdeburg“ (F261), „Erfurt“ (F262), „Oldenburg“ (F263) und „Ludwigshafen am Rhein“ (F264) gebaut hatte.
Gegen die beabsichtigte Auftragsvergabe durch das BAAINBw protestierte die German Naval Yards Kiel. Die erste Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt entschied daraufhin am 15. Mai vergangenen Jahres, dass die Auftragsvergabe an den „alten“ Auftragnehmer gegen Vergaberecht verstoße. Dem Nachprüfungsantrag von German Naval Yards wurde stattgegeben. Die Werft strengte danach vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ein Vergabeverfahren an. Zeitgleich zu diesem Verfahren einigten sich die Beteiligten schließlich darauf, die German Naval Yards Kiel in die „ARGE K130“ aufzunehmen.
Der zwischen BAAINBw und der „ARGE K130“ geschlossene Vertrag zum Bau der deutschen Korvetten Nummer sechs bis zehn umfasst neben Konstruktionsleistungen, der Fertigung sowie der Integration aller Systeme, Geräte und Anlagen auch die notwendige Anpassung der Land- und Ausbildungsanlagen.
Wie dem Pressetext der Werftengemeinschaft weiter zu entnehmen ist, sollen zwei Vorschiffe auf der Lürssen Werft in Bremen und drei am Kieler Standort der German Naval Yards gefertigt und vorausgerüstet werden. Die Fertigung der fünf Hinterschiffe soll auf der Wolgaster Peene-Werft, die seit Mai 2013 zur Lürssen-Gruppe gehört, erfolgen.
Den als „Hochzeitsstoß“ bezeichneten Zusammenschluss von Vor- und Hinterschiff werden anschließend die Fachkräfte von Blohm+Voss (Lürssen-Werftengruppe) übernehmen.
In Hamburg sollen die rund 89 Meter langen Korvetten außerdem endausgerüstet und in Betrieb genommen werden. Hamburg wird auch der Ausgangspunkt für die abschließenden Funktionsüberprüfungen und die Abnahmen – zusammen mit den Fachabteilungen des öffentlichen Auftraggebers und der deutschen Marine – sein. Die Konstruktionsleistungen sollen in Bremen und am ThyssenKrupp-Standort in Hamburg erbracht werden.
Abschließend heißt es in der Pressemitteilung der „ARGE K130“: „Um dem aktuellen Stand von Gesetzen und Vorschriften Rechnung zu tragen sowie Weiterentwicklungen technischer Komponenten zu berücksichtigen, werden punktuell Anpassungen von Geräten und Anlagen vorgenommen. So werden beispielsweise die bislang verwendeten Motorrettungsboote und 6,25-Meter-Bereitschaftsboote ersetzt durch die nun in der Marine eingeführten schnelleren 7,5-Meter-Bereitschaftsboote. Darüber hinaus werden die innerhalb der Bundeswehr aktuell geltenden Vorschriften zur IT-Sicherheit berücksichtigt und umgesetzt.“
Markus Grübel, bis vor Kurzem Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, hatte sich im Frühjahr vergangenen Jahres ausführlich mit dem zweiten Baulos K130 befasst. In einem Fachbeitrag für die Zeitschrift MarineForum des Deutschen Maritimen Instituts erklärte er, dass man das Design der Korvette K130 „weitestgehend unverändert beibehalten“ will. Abweichungen vom bestehenden Design seien bei der beabsichtigten Ergänzungsbeschaffung lediglich aufgrund gesetzlich zwingend vorgeschriebener Auflagen oder zur Beseitigung von Obsoleszenzen vorgesehen.
Die Modernisierung werde beispielsweise – so erläuterte Grübel – Komponenten des Navigations- und Kommunikationssystems, des Radarsystems, des Waffen- und Führungsmittelsystems sowie einzelne Komponenten des Plattformsystems, aber auch Rettungsmittel betreffen. Der damalige Staatssekretär: „Diese Maßnahmen wären ohnehin für die bereits in Betrieb befindlichen K130 in den kommenden Jahren notwendig gewesen und sollen für alle zehn Korvetten umgesetzt werden, um so weitestgehend baugleiche Boote für die Marine zur Verfügung zu stellen.“
Die Bedarfsforderung aus dem Jahr 1997 umfasste einmal fünfzehn Korvetten in drei Losen als Nachfolge der insgesamt 40 Schnellboote der deutschen Marine. Im Jahr 2001 wurde die Beschaffung des ersten Loses von fünf Korvetten parallel zur Außerdienststellung des 2. Schnellbootgeschwaders eingeleitet. Die weiteren zehn Korvetten des zweiten und dritten Loses sollten – abgestimmt auf das Nutzungsdauerende des 7. Schnellbootgeschwaders – nach dem Jahr 2011 zulaufen.
Der geplante Umfang an Korvetten wurde vom Jahr 2004 an jedoch vor allem aus Haushaltsgründen nach und nach reduziert. Mit den gebilligten Leitlinien zur Neuausrichtung der Bundeswehr aus dem Jahr 2012 wurde der Umfang von fünf Korvetten schließlich festgeschrieben. In einer Antwort der Bundesregierung vom 1. Dezember 2016 auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen findet sich folgende gespreizte Erklärung: „Diese Festschreibung im Sinne einer Reduzierung des ursprünglich gebilligten Gesamtbedarfs war den nicht ausreichenden finanziellen Ressourcen des Einzelplans 14 geschuldet.“ Knapper Wehretat, keine zusätzlichen Korvetten – den Sparkurs zu verantworten hatten die damaligen Bundesminister der Verteidigung Karl-Theodor zu Guttenberg (im Amt 28. Oktober 2009 bis 3. März 2011) und Thomas de Maizière (3. März 2011 bis 17. Dezember 2013).
Ex-Staatssekretär Markus Grübel äußerte sich in seinem Beitrag für das MarineForum auch zur Belastung der Flotte als Folge dieser „Neuausrichtung“. Er schrieb: „Während zu Beginn der 1990er-Jahre für die Landes- und Bündnisverteidigung in küstennahen Gewässern von Nord- und Ostsee noch 24 Uboote, 40 Schnellboote, 54 Minenabwehreinheiten und 110 Marinejagdbomber für Operationen bereitstanden, hat sich die Zahl bis heute auf sechs Uboote, fünf Korvetten und – bis 2018 – zehn Minenabwehreinheiten verringert.“
Für die deutsche Marine habe sich durch mehrere Strukturentscheidungen, verbunden mit anschließender Reduzierung von Einheiten, sowie der parallel dazu ständig gestiegenen Zahl maritimer Einsätze eine deutliche Erhöhung der Belastung ergeben, so Grübel weiter. „Angesichts der sicherheitspolitischen Entwicklung wird die Belastung absehbar auf hohem Niveau verbleiben. Hinzu kommt die Notwendigkeit der Teilnahme an NATO- und weiteren Hochwertübungen sowie an multinationalen Verbänden.“
Grübel, der Korvettenkapitän der Reserve ist, rechnete vor: „Aus dem aktuellen Bestand von fünf Korvetten können im Durchschnitt zwei Einheiten durchhaltefähig bereitgestellt werden, da neben den reinen Zeiten für die Einsätze Zeiträume für Ausbildung, Instandsetzung, Einsatzausbildung, Einsatznachbereitung und Verlegung zu berücksichtigen sind. Dies entspricht einer Verfügbarkeit im Einsatz von etwa 40 Prozent des Korvettenbestandes.“ Schon deshalb sei eine Bestandserhöhung dringend geboten. Nur mit einer Ergänzungsbeschaffung von weiteren fünf Korvetten K130 könne „sowohl die operationell erforderliche Verfügbarkeit signifikant und vergleichsweise schnell erreicht, als auch der NATO-Forderung entsprechend Rechnung getragen werden“, argumentierte der CDU-Politiker im MarineForum.
Ähnlich hatte bereits die Bundesregierung in ihrer Antwort an die Grünen im Dezember 2016 geklungen. Mit dem derzeitigen Bestand an Fregatten und Korvetten könnten weder alle Einsatzverpflichtungen abgedeckt noch die Forderungen der NATO umfassend erfüllt werden, warnt der Regierungstext. Und: „Mit der angestrebten Ergänzungsbeschaffung eines zweiten Loses K130 würde die operationelle Verfügbarkeit der deutschen Marine in vergleichsweise kurzer Zeit signifikant erhöht.“
Unser Bild zeigt die Korvette „Braunschweig“ an der Pier im Marinestützpunkt Rostock-Warnemünde. Die Aufnahme wurde am 18. Dezember 2006 gemacht, acht Monate nach dem Stapellauf des Kriegsschiffes.
(Foto: Björn Wilke/Deutsche Marine)
Kleines Beitragsbild: 20. Januar 2014 – die Korvette „Magdeburg“ läuft aus dem Marinestützpunkt Warnemünde aus.
(Foto: Matthias Letzin/Deutsche Marine)
Wie sollen die fünf neuen Korvetten denn einmal heißen, weiß man das schon? Und wird das nicht etwas eng in Warnemünde? …
Lieber Leser,
wir haben für Sie mal im Marinekommando in Rostock nachgefragt. Von den Experten im dortigen Presse- und Informationszentrum erfuhren wir, dass die Korvetten alle im Marinestützpunkt Warnemünde stationiert werden sollen. Die Namen für die fünf geplanten neuen Schiffe sind noch nicht bekannt.
Herzlichen Dank nach Rostock für die Unterstützung!
Ihre Redaktion
Die neuen Korvetten heißen „Köln“, „Emden“, „Karlsruhe“, „Augsburg“ und „Lübeck“.