Eckernförde/Berlin. Die sechs Unterseeboote der Klasse 212A der deutschen Marine waren seit Oktober vergangenen Jahres bis jetzt dienstuntauglich. Der „Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr 2017“ des Verteidigungsministeriums vom 26. Februar nennt „folgenschwere technische Defekte und Ausfälle, Nichtverfügbarkeit von Ersatzteilen, erhebliche Verlängerungen von Werftliegezeiten, mangelnde Werftkapazitäten und eine nautische Havarie“ als Ursachen der „gegenwärtig nicht gegebenen Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft der Uboote“. Seit dem 15. März scheint Licht am Ende des Tunnels – „U31“ hat an diesem Donnerstag Eckernförde mit Kurs Richtung Norwegen verlassen. Zur Probefahrt …
Wie der NDR am vergangenen Freitag (16. März) berichtete, wird „U31“ zunächst erste Funktionsnachweise im flachen Wasser der heimischen Ostsee absolvieren. Läuft dabei alles nach Plan, soll es anschließend weiter nach Norwegen gehen. Im Seegebiet Skagerrak nahe der südnorwegischen Hafenstadt Kristiansand stehen dann für „U31“ und seine Besatzung anspruchsvolle Tauchgänge auf dem Programm, um unter anderem die Dichtigkeit des Bootes zu überprüfen. Hier in der Norwegischen Rinne erreicht die Nordsee teilweise eine Tiefe von mehr als 700 Metern.
Besteht „U31“ alle Funktionsnachweise, dann könnte das Unterseeboot schon in den kommenden Wochen wieder als „einsatzfähig“ geführt werden. Dann könnte auch die Ausbildung an Bord weitergehen. Mittlerweile aber muss die Marine noch improvisieren.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Sauter wollte vor Kurzem von der Bundesregierung beziehungsweise vom Bundesministerium der Verteidigung wissen, „wie der durch mangelnde Einsatzbereitschaft hervorgerufene Ausbildungs- und Zertifizierungsmangel bei den Besatzungen der Uboote der Klasse 212A behoben“ und „welchen Zeitraum dies in Anspruch nehmen“ wird. Die Anfrage Sauters beantwortete Ralf Brauksiepe, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung.
Brauksiepe erklärte: „Die deutsche Marine verfügt über eine hervorragende Ausbildungsinfrastruktur für Ubootbesatzungen am Ausbildungszentrum Uboote, kurz AZU, in Eckernförde. Zusammen mit der Bordausbildung auf den Ubooten im Hafen lässt sich – nicht zuletzt aufgrund langjähriger Erfahrung in der landgestützten Ausbildung – auch ohne Seebetrieb ein erheblicher Anteil der Ausbildung für angehende Ubootfahrer und für Teil-Teams bestehender Besatzungen ohne Seefahrtsvorhaben realisieren, um den Ausbildungsstand zu erhalten.“
Davon werde momentan in erheblichem Umfang Gebrauch gemacht, um die Besatzungen zu qualifizieren, so der Staatssekretär weiter. Die Simulatoren im AZU seien durchgehend in Gebrauch. Aktuell würden täglich zwischen 6 Uhr und 24 Uhr Besatzungen sowie angehende Ubootfahrer im Führungsmittel-Waffeneinsatz-Simulator und im Tiefensteuersimulator ausgebildet. Eine praktische Ausbildung an Bord der Uboote im Hafen ergänze dies.
Brauksiepe räumte zwar ein, dass eine Ausbildung in See so nicht vollumfänglich ersetzt werden könne. „Jedoch ist es so möglich, die Besatzungen sowie das in der Ausbildung befindliche Personal derart vorzubereiten, dass sie mit einem geringstmöglichen Mehraufwand an ihre Aufgaben an Bord herangeführt werden können, sobald Uboote für Ausbildungsfahrten wieder zur Verfügung stehen.“
Nach Auskunft des Staatssekretärs nutzt die Marine grundsätzlich jede Seefahrt – unabhängig davon, ob Tagesfahrt oder mehrtägige Seefahrt – für die Ausbildung. So habe beispielsweise bereits in den vergangenen Wochen während des Werftnachlaufs von „U31“ die Ausbildung von Personal an Bord stattgefunden.
Zum nächsten reinen Ausbildungsvorhaben teilte Brauksiepe mit, dass dieses nun „zu Beginn des zweiten Quartals 2018“ durchgeführt werden soll. Sein Antwortschreiben schließt mit der Ankündigung: „Bis Anfang des Jahres 2019 werden dann Ausbildungsvorhaben zum Erhalt der Kernfähigkeiten und der Regenerationsfähigkeit der Besatzungen entsprechend priorisiert werden. Eine belastbare Prognose der vollumfänglichen Zertifizierungen kann derzeit jedoch noch nicht erfolgen.“
Am Schluss noch einmal kurz zurück zum Beitrag des NDR. Nach Informationen des Senders wird „U31“ voraussichtlich nicht das einzige Unterseeboot der deutschen Marine sein, das dieses Jahr wieder für die Teilstreitkraft in den Einsatz kann. „U33“ könnte bald folgen; noch allerdings befindet sich das Boot in der Werft von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) in Kiel. Wie der NDR erfahren haben will, könnten auch „U34“ und „U36“ Ende des Jahres wieder einsatzfähig sein.
Das Koblenzer Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr hat übrigens im vergangenen Jahr mit TKMS eine Rahmenvereinbarung für die Instandsetzung der Uboote Klasse 212A abgeschlossen. Die Werft will so als Servicepartner der Marine das Management der Ersatzteilbeschaffung und der Wartungsarbeiten „flexibler koordinieren“.
Zu unserem Bildangebot:
1. Erprobungsphase von „U31“ im Jahr 2010.
(Foto: HDW, Siemens Industrial Solutions and Services/Siemens AG)
2. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit ihrer damaligen norwegischen Amtskollegin Ine Eriksen Søreide am 22. August 2017 im Marinestützpunkt Eckernförde. Der Besuch bei den Ubootfahrern fand im Rahmen der Sommerreise der deutschen Ministerin statt. Ihre Kollegin aus Norwegen wechselte im Oktober 2017 ins Außenministerium in Oslo; Søreides Nachfolger im Amt des norwegischen Verteidigungsministers wurde Frank Bakke-Jensen.
(Foto: Jane Schmidt/Bundeswehr)
3. Die deutsche Marine verfügt über eine hervorragende Ausbildungsinfrastruktur für Ubootbesatzungen am Ausbildungszentrum Uboote in Eckernförde. Links der Tiefensteuersimulator, daneben eine Innenansicht des Führungsmittel-Waffeneinsatz-Simulators.
(Fotos: Deutsche Marine; Bildmontage mediakompakt)
Kleines Beitragsbild: „U31“ am 5. April 2005 in der Eckernförder Bucht. Die Aufnahme wurde von einem Hubschrauber Sea King Mk.41 aus gemacht.
(Foto: Björn Wilke/Deutsche Marine)
Die „U31“-Reise dürfte über das Erlangen diverser Funktionsnachweise hinausgehen. Ich schließe das aus der Begleitung von „U31“ durch das Forschungsschiff „Planet“.
Normalerweise fungiert das Mehrzweckboot „Helmsand“ der WTD 71 (Anmerkung der Redaktion: Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung in Eckernförde) als Submarine Security Vessel. Die Anwesenheit der „Planet“ lässt darauf schließen, dass beispielsweise auch Versuche mit LFTAS (Low Frequency Towed Active Sonar) durchgeführt werden. Ein interessanter Beitrag dazu findet sich übrigens im Marineforum 3/2018 (https://dmkn.de/licht-ins-dunkel-bringen/).
Schon mal über Sabotage vielleicht auch aus den „eigenen Reihen“ nachgedacht, zumindest aber durch die Führung bis hoch in die Politik?
An Deutschlands Soldaten und Ingenieuren liegt es nämlich bestimmt nicht, auch wenn die manchmal ebenfalls Fehler machen.
Doch auch da liegt es und lag es dann meistens an den falschen Führungskräften …