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Berlin. Die AfD ist im Bundestag angekommen. Dies zeigt sich auch an den zahlreichen Anfragen der neuen Parlamentarier in den letzten Wochen an die Exekutive. So wollten die AfD-Abgeordneten René Springer und Rüdiger Lucassen stellvertretend für ihre Fraktion wissen, wie viele deutsche Soldaten bislang in Afghanistan verwundet worden sind und wie viele der in Afghanistan eingesetzten Bundeswehrsoldaten an einer Posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt sind.

Seit Beginn des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr im Jahr 2002 wurden 123 deutsche Soldaten und zwei deutsche Soldatinnen im Rahmen von Kampfhandlungen verwundet. Dies teilte das Verteidigungsministerium für die Bundesregierung am 1. März auf die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion mit. Weitere 179 Soldaten und eine Soldatin wurden demnach seit 2002 unter anderem bei Verkehrsunfällen, Dienst- beziehungsweise Arbeitsunfällen und beim Sport verletzt.

Keine Angaben können laut Verteidigungsministerium zur Zahl der Bundeswehrangehörigen gemacht werden, die in Afghanistan lediglich mit „leichten Verwundungen/Verletzungen“ behandelt worden sind.

Vom Stabilisierungs- über den Kampfeinsatz bis hin zur Unterstützungsmission

Die deutsche Beteiligung an der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (International Security Assistance Force, ISAF) in Afghanistan begann am 22. Dezember 2001 mit der Mandatserteilung für die Bundeswehr durch das Parlament. Das deutsche ISAF-Vorauskommando traf am 2. Januar 2002 in der afghanischen Hauptstadt Kabul ein, anschließend erfolgte die Verlegung der Vorauskräfte. Die Führung der Gesamtoperation ISAF lag am Anfang bei Großbritannien. Am 14. Januar 2002 gingen in Kabul erstmals afghanische Polizeikräfte und deutsche Soldaten gemeinsam auf Streife.

In den Jahren 2008 und 2009 vollzog sich für die Bundeswehr in Afghanistan der Wandel vom Stabilisierungs- zum Kampfeinsatz. Mit der Übernahme der Verantwortung für die Schnelle Eingreiftruppe (Quick Reaction Force, QRF) im Norden des Landes stieg damals die Intensität der Mission für die deutschen Soldaten.

Nach 13 Jahren, am 31. Dezember 2014 um Mitternacht, endete ISAF und ging über in die Folgemission „Resolute Support“. Auch aus der Statistik des Verteidigungsministeriums, Teil der Regierungsantwort an die AfD, wird sofort ersichtlich, dass die ISAF-Jahre die verlustreichen Jahre auch für die Bundeswehr waren. Die 125 deutschen Verwundeten – 123 Männer, zwei Frauen – waren alle in den Jahren 2002 bis 2014 zu beklagen. Diese Gesamtzahl, hinter der sich Schmerz und Leid verbergen, ist in der bundesdeutschen Öffentlichkeit kaum bekannt (verwundet wurden insgesamt 11 Offiziere, 66 Unteroffiziere und 48 Mannschaftsdienstgrade).

Präsent hingegen ist wohl die Zahl der Todesopfer, die die Bundeswehr bisher in Afghanistan hinnehmen musste. Laut Presse und Informationsstab des Verteidigungsministeriums kamen beim Einsatz am Hindukusch bis heute 56 deutsche Soldaten zu Tode. Durch Fremdeinwirkung fielen 35, durch „sonstige Umstände“ starben 21 Bundeswehrsoldaten (Stand: Juli 2017).

Seit Beginn der „Resolute Support Mission“ am 1. Januar 2015 wurden keine Bundeswehrangehörigen getötet oder verwundet. Es gab allerdings schon 25 Verletzte (2 Offiziere, 14 Unteroffiziere und 9 Mannschaftsdienstgrade), darunter keine Frauen.

Die Weiterverwendung im Dienst nach einer Einsatzschädigung

Mit den körperlichen und seelischen Folgen eines Afghanistaneinsatzes befassen sich die nächsten beiden Fragen der AfD. Springer und Lucassen wollen wissen, wie viele der in Afghanistan verwundeten deutschen Soldaten bleibende körperliche Beeinträchtigungen erlitten haben. Die beiden Bundestagsabgeordneten fragen auch nach der Anzahl der Bundeswehrangehörigen, die aus Afghanistan mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) heimgekehrt sind.

Die folgenden Auskünfte des Ministeriums für die Bundesregierung beziehen sich nicht nur auf ISAF oder die „Resolute Support Mission“ in Afghanistan, sondern auf die Gesamtzahl der deutschen Auslandseinsätze.

Demnach wurden bisher auf Grundlage des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes („Gesetz zur Regelung der Weiterverwendung nach Einsatzunfällen“) 358 Soldaten und 16 Soldatinnen der Bundeswehr wegen einer im Auslandseinsatz erlittenen körperlichen Beeinträchtigung in die Schutzzeit aufgenommen. Aufgegliedert nach Dienstgradgruppen betrifft dies 36 Offiziere, 176 Unteroffiziere und 162 Mannschaften. Acht Soldaten sind aufgrund erlittener körperlicher Einsatzschädigungen aus dem Wehrdienst ausgeschieden.

Mit Verweis auf Datenschutzbestimmungen lieferte das Verteidigungsministerium zur Frage nach den PTBS-Fällen keine detailreichen Antworten, sondern lediglich „valide Gesamtzahlen“ zu PTBS-Neuerkrankungen seit dem Jahr 2010 (siehe auch hier). Folgende Zahlen wurden mitgeteilt: 167 Neuerkrankungen PTBS im Jahr 2010, 159 im Jahr 2011; 162 im Jahr 2012; 112 im Jahr 2013; 167 im Jahr 2014; 180 im Jahr 2015; 132 im Jahr 2016 und 97 Neuerkrankungen PTBS im Jahr 2017. Insgesamt sind aufgrund erlittener psychischer Einsatzschädigungen 52 Soldaten aus dem Wehrdienst ausgeschieden, so die Regierungsauskunft.

Zwei AfD-Politiker mit langjähriger Truppenpraxis

Die beiden Fragesteller der AfD, René Springer und Rüdiger Lucassen, haben übrigens einen engen Bezug zur Bundeswehr.

Springer war Zeitsoldat bei der Marine und unterrichtete später als Meister „Elektrotechnik“ an einer Schule der Teilstreitkraft. Er nahm zudem an einen sechsmonatigen Einsatz in Afghanistan teil.

Lucassen war 34 Jahre Berufsoffizier bei der Bundeswehr, zuletzt im Dienstgrad „Oberst im Generalstab“. Er studierte an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg Wirtschaftswissenschaften. Die militärische Vita von Lucassen verzeichnet unter anderem Verwendungen als Hubschrauberpilot sowie Referent in der NATO und im Verteidigungsministerium.


Unser Bild vom 18. Oktober 2016 zeigt Kampfretter der deutschen Luftwaffe im nordafghanischen Mazar-e Sharif; sie üben „die Versorgung von Verletzten an der Unglücksstelle“.
(Foto: Lars Koch/Bundeswehr)

Kleines Beitragsbild: ISAF-Einsatz – Bergung eines Verwundeten in Afghanistan im Juni 2010.
(Foto: Bundeswehr)


Kommentare

  1. Dr.-Ing. U. Hensgen | 12. März 2018 um 19:32 Uhr

    Vielleicht sollten sich die „etablierten Parteien“ fragen, warum Veteranen ihre politische Heimat bei der AfD suchen! Und sich dabei einmal an die eigene Nase packen! …

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