menu +

Nachrichten


Berlin/Munster. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, macht Druck. Fünf Monate nach einem tödlich endenden Übungsmarsch von Offiziersanwärtern will er endlich die Wahrheit erfahren. Am 19. Juli 2017 waren im niedersächsischen Munster mehrere Soldaten während eines Marsches zusammengebrochen. Gegenüber dem Wochenmagazin stern sagte Bartels nun, er wolle endlich wissen, ob bei diesem Marsch „übermäßiger Druck ausgeübt“ worden sei. „Das ist für mich längst nicht aufgeklärt“, rügte der Wehrbeauftragte. Er verwies in seinem Gespräch mit dem stern auch auf Hinweise von Soldaten an ihn. „Mich haben Schilderungen erreicht, die an Schikane erinnern.“

Nach dem Marsch waren Spekulationen aufgekommen, wonach die betroffenen Soldaten Aufputschmittel oder Diätpillen konsumiert hätten, die womöglich zu den lebensgefährlichen Hitzeschlägen bei vier Soldaten führten.

Der Lüneburger Staatsanwaltschaft sind nach Informationen des stern seit Mitte Dezember die Details der chemisch-toxikologischen Untersuchungen von Blut- und Urinproben der betroffenen Soldaten bekannt. Laut Staatsanwaltschaft finden sich in den Proben „keine Hinweise auf Substanzmissbrauch“. Auch wurde das Blut von vier schwer betroffenen Soldaten auf den Stoff 2,4-Dinitrophenol getestet, der in nicht zugelassenen Diätpillen enthalten ist. Auch dieser Test sei „eindeutig negativ“ erlaufen, heißt es in der am morgigen Donnerstag (28. Dezember) erscheinenden stern-Ausgabe.

Bei sommerlichen Temperaturen „in unangemessener Kleidung“ unterwegs

Mit seinem Beitrag „Tödlicher Bundeswehr-Marsch“ liefert das Magazin nach eigener Darstellung jetzt „eine detaillierte Rekonstruktion“ der Umstände des Übungsmarsches vom 19. Juli dieses Jahres. Grundlage sei der vorläufige Untersuchungsbericht der Bundeswehr, erklärt der stern. Demnach hätten die Soldaten „in unangemessener Kleidung“ einen Strafmarsch absolvieren müssen. Bei sommerlichen Temperaturen hätten sie dabei 2,5 Kilogramm schwere Splitterschutzwesten unter ihren Feldjacken getragen, was den Wärmeaustausch deutlich erschwert habe. Zudem hätten einige von ihnen Liegestützen machen müssen.

Nachdem der erste Soldat kollabiert und seine Körpertemperatur auf mehr als 40 Grad angestiegen sei, habe ein Truppenarzt befohlen, die Splitterschutzwesten abzulegen. Stattdessen hätten die Offiziersanwärter auf Befehl der Ausbilder einen Gefechtshelm überziehen müssen. In der Folge seien weitere Soldaten ausgefallen. Dennoch hätten die Ausbilder den Marsch nicht abgebrochen, so die stern-Schilderung.

Bundeswehr-Sprecher räumt „nicht sachgerechte Entscheidungen“ ein

Weiter schreibt das Magazin: „Noch kurz vor ihrer Ankunft in der Kaserne kollabierten zwei Soldaten mit Hitzschlägen. Insgesamt vier Offiziersanwärter mussten auf Intensivstation behandelt werden, einer von ihnen starb, ein weiterer befindet sich bis heute in Behandlung.“

Über die Details seines Zustands habe sich die Bundeswehr nicht äußern wollen, so der stern über das Ergebnis der Presseanfrage. Ein Presseoffizier habe jedoch dem Magazin gegenüber „nicht sachgerechte Entscheidungen“ der Ausbilder eingeräumt. Ob diese „ursächlich für einen möglichen Hitzeschlag geworden sind, bleibt der Bewertung der zuständigen Staatsanwaltschaft vorbehalten“, zitiert der stern den Sprecher weiter.

Staatsanwaltschaft erwartet im Januar das rechtsmedizinische Gutachten

In dem betroffenen Bataillon hätten gleich drei Offiziersanwärter nur wenige Tage nach dem Marsch ihren Dienst quittiert, berichtet das Magazin abschließend. Der verstorbene Soldat sei laut Bundeswehr mit militärischen Ehren in Nordrhein-Westfalen beigesetzt worden.

Die Staatsanwaltschaft in Lüneburg prüfe „nach wie vor“, ob Anklage wegen fahrlässiger Tötung oder fahrlässiger Körperverletzung erhoben werden müsse, so der stern. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft habe mitgeteilt, dass man „ein umfangreiches rechtsmedizinisches Gutachten für Anfang 2018“ erwarte.


Unser Symbolbild „Bundeswehr-Marsch“ entstand bei der Rekrutenbesichtigung am 22. März 2011 in Marienberg. Die Rekrutenbesichtigung ist die Abschlussprüfung der Allgemeinen Grundausbildung bei der Bundeswehr. Die Aufnahme zeigt die vorerst letzten Wehrpflichtigen der 5. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 371. Das zur Panzergrenadierbrigade 37 gehörende Bataillon ist mit seinen fünf Kompanien in Marienberg und Frankenberg in Sachsen stationiert.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)

Auch unser kleines Symbolfoto dient lediglich der Bildunterstützung des Textbeitrages. Die abgebildeten Bundeswehrangehörigen beziehungsweise die 5. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 371 stehen in keinem Zusammenhang mit den Ereignissen rund um den Übungsmarsch am 19. Juli 2017 im niedersächsischen Munster.
(Foto: Sebastian Wilke/Bundeswehr)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN