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Stockholm/Berlin. Die 100 größten Rüstungsunternehmen rund um den Globus haben im Jahr 2016 Waffen und Waffensysteme im Wert von 374,8 Milliarden US-Dollar verkauft. Dies bedeutet im direkten Vergleich mit dem Geschäftsjahr 2015 eine Steigerung um 1,9 Prozent. Ermittelt hat die Zahlen auch diesmal wieder das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute). Der global orientierte Think-Tank, 1966 vom schwedischen Parlament initiiert, liefert Daten, Analysen und Empfehlungen zu internationalen militärischen Fragen. Adressaten der Informationen sind Politiker, Wissenschaftler und Medien. Auch die jährliche SIPRI-Veröffentlichung „Top 100 Rüstungsproduzenten“ findet immer wieder große Beachtung. Wie die aktuelle Dokumentation zeigt, hat das globale Waffengeschäft seit 2002 um 38 Prozent zugenommen. 2002 hat SIPRI mit seiner Datenerhebung „The SIPRI Top 100 Arms-producing and Military Services Companies“ begonnen.

Nach Ansicht von SIPRI sind drei Hauptfaktoren für die steigenden Rüstungsinvestitionen verantwortlich. Zum einen werden derzeit etliche nationale Großwaffenprogramme realisiert, die den beauftragten Unternehmen satte Einnahmen bescheren. Zum anderen führten und führen laufende Militäroperationen in mehreren Ländern zu einer erhöhten Nachfrage nach Waffen. Auch anhaltende regionale Konflikte heizen das Rüstungsgeschäft an.

Zu Letzterem schrieb heute die Neue Zürcher Zeitung: „Insgesamt hat die Zahl der bewaffneten Konflikte in den letzten drei Jahren zugenommen und laut dem Uppsala Conflict Data Program den höchsten Stand seit dem Ende des Kalten Krieges erreicht. Die große Mehrheit der 49 Kriege spielt sich in Afrika und Asien ab, es folgen jene im Nahen Osten. Ausgebrochen sind sie aus zahlreichen Gründen, einige lokal, andere als Folge geopolitischer Spannungen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie mit Waffen ausgefochten werden, die größtenteils aus den USA und Europa stammen.“

Der Vollständigkeit halber hier die SIPRI-Angaben zu den globalen Militärausgaben der letzten sechs Jahre: 2011 insgesamt 410,0 Milliarden US-Dollar; 2012 insgesamt 395,0 Milliarden; 2013 insgesamt 402,0 Milliarden; 2014 insgesamt 401,0 Milliarden; 2015 insgesamt 370,7 Milliarden und 2016 – wie bereits genannt – insgesamt 374,8 Milliarden US-Dollar.

USA beherrschten auch im Geschäftsjahr 2016 den Weltmarkt für Rüstungsgüter

Auch 2016 dominierten wieder Firmen aus den USA und Westeuropa das Ranking der Top 100. Wie im Vorjahr, so listet auch der aktuelle Datenreport von SIPRI insgesamt 63 amerikanische und westeuropäische Hersteller auf, die insgesamt 82,4 Prozent des gesamten globalen Waffenverkaufs 2016 unter sich aufteilten.

Die Verkäufe durch US-Unternehmen, die in den Top 100 für das Jahr 2016 aufgeführt sind, machen insgesamt 217,2 Milliarden US-Dollar aus. Für den Vorjahresvergleich bedeutet dies eine Zunahme um 4 Prozent. Mit ihren 38 im aktuellen Ranking aufgelisteten Herstellern – allen voran Lockheed Martin vor Boeing und Raytheon – erreichen die Vereinigten Staaten momentan 57,9 Prozent des Rüstungsweltmarktes.

Unternehmen in Westeuropa profitierten ebenfalls von gestiegener Nachfrage

Die Geschäfte der Westeuropäer können SIPRI zufolge als „zumeist stabil“ bezeichnet werden. 2016 erzielten die in den Top 100 vertretenen europäischen Unternehmen einen Gesamtumsatz von 91,6 Milliarden US-Dollar. Diese Größenordnung bedeutet einen Zuwachs um moderate 0,2 Prozent im Vergleich zu 2015.

Die im SIPRI-Ranking aufgeführten drei deutschen Firmen – Rheinmetall (Platz 26), ThyssenKrupp (47) und Krauss-Maffei Wegmann (78) – haben zusammen einen Gesamtumsatz in Höhe von 6 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Hierbei handelt es sich um ein von SIPRI ermitteltes Gemeinschaftsplus von 6,6 Prozent. Die Einzelbetrachtung für den Jahresvergleich 2015/2016 fällt wie folgt aus: Rheinmetall plus 13,3 Prozent, Krauss-Maffei Wegmann plus 12,8 Prozent, ThyssenKrupp minus 6,6 Prozent.

Bei den in unserer Infografik wegen ihrer Mehrfachbeteiligung unter europäischer Flagge aufgeführten Konzernen Airbus Group und MBDA hat SIPRI folgende Entwicklung dokumentiert: Airbus Group (Platz 7) verzeichnete im Geschäftsjahr 2016 einen Gesamtumsatz von 12,520 Milliarden US-Dollar, im Jahr 2015 waren es noch 12,869 Milliarden gewesen. Der Rückgang um 2,7 Prozent ist größtenteils den Problemen geschuldet, die der Airbus A400M bereitet. MBDA konnte das Geschäftsergebnis aus dem Jahr 2015 (3,162 Milliarden US-Dollar) steigern – 2016 waren es 3,260 Milliarden.

Südkoreanische Produzenten verzeichneten Umsatzplus von mehr als 20 Prozent

Die russischen Waffenproduzenten konnten den SIPRI-Daten zufolge ihre Gesamtverkäufe um 3,8 Prozent im Vergleich zu 2015 steigern. Die zehn in den Top 100 vertretenen Unternehmen aus Russland erwirtschafteten gemeinsam 26,6 Milliarden US-Dollar (dies entspricht 7,1 Prozent des weltweit erzielten Ergebnisses). Dass das russische Gesamtergebnis aber eher durchwachsen ist, wird von der Tatsache belegt, dass nur fünf der Firmen zulegen konnten, die anderen fünf hingegen im Vergleich zum Vorjahre Verluste hinnehmen mussten.

Unter den sich neu herausbildenden großen Waffenfabriken in Brasilien, Indien, Südkorea und der Türkei waren südkoreanische Firmen mit einem Umsatzanstieg von insgesamt 20,6 Prozent auf 8,4 Milliarden US-Dollar führend. Unter den anderen bereits etablierten Waffenherstellern in Australien, Israel, Japan, Polen, Singapur und Ukraine war nach SIPRI-Erkenntnissen vor allem der Rückgang von Waffenverkäufen japanischer und australischer Firmen um 6,4 beziehungsweise 4,3 Prozent auffallend.

Chinesische Waffengeschäfte wurden bei der Statistik nicht berücksichtigt, weil SIPRI die offiziellen Zahlen aus der Volksrepublik anzweifelt.

Grüne warnen vor „brandgefährlichen Aufrüstungsspiralen“

Zu den Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts über die Umsätze der 100 weltweit größten Rüstungsunternehmen erklärte heute die Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen): „Mehr Waffen schaffen nicht automatisch mehr Sicherheit, sondern sorgen sehr oft für brandgefährliche Aufrüstungsspiralen. Weltweit geben viele Staaten horrende Summen für Waffen aus und vernachlässigen fahrlässig den Einsatz gegen die Ursachen von Krieg und Gewalt. Das Geld wäre in der Bekämpfung von Armut und Hunger nicht nur viel besser investiert, sondern würde auch zu mehr Frieden und Sicherheit beitragen. Auch deutsche Rüstungskonzerne steigern entgegen aller Klagen der Lobbyverbände ihre Waffenverkäufe um 6,6 Prozent und liegen damit deutlich über dem Durchschnitt.“

Deutsche und europäische Unternehmen machten Profite durch Lieferungen an kriegführende und menschenrechtsverachtende Staaten. Gerade aufgrund der vielen Krisen müssten die Bemühungen um Abrüstung, Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung verstärkt werden, forderte Brugger.


Das Hintergrundbild zu unserer Infografik stammt von der Pariser Rüstungsmesse Eurosatory 2016.
(Foto: Gilles Cohen/Messe Eurosatory; Infografik © mediakompakt 12.17)

Kleines Beitragsbild: Unser Symbolfoto entstand im Jahr 2016 bei der Rüstungsmesse Eurosatory vor den Toren von Paris.
(Foto: Messe Eurosatory)


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