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Berlin. Die Bundesregierung bekennt sich – im Rahmen der wachsenden Europäisierung der Verteidigungsindustrie – zum Erhalt nationaler verteidigungsindustrieller Technologien. So heißt es in einem Strategiepapier des Bundeskabinetts „… zur Stärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland“, das am 8. Juli 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt worden war. Über nationale Schlüsseltechnologien in der Rüstung äußerte sich jetzt in einem Interview der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Henning Otte. Mit ihm sprach Patricia Schrader, die in Berlin die Onlinekommunikation der Unionsfraktion leitet.

Das Strategiepapier der Regierung, ein Zehn-Punkte-Programm, war auf der Grundlage des Koalitionsvertrages gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, vom Bundesministerium der Verteidigung, vom Auswärtigen Amt und unter Beteiligung des Bundeskanzleramtes erarbeitet worden (siehe unseren Beitrag vom 10. Juli 2015).

Zu den „besonders wichtigen und erhaltenswerten“ Technologien, die die militärischen Fähigkeiten und die Versorgungssicherheit der Bundeswehr garantieren sollen, zählen die Bereiche Führung (vor allem Kryptotechnologie), Aufklärung (vor allem Sensorik), Wirkung (vor allem die Technologiebereiche der gepanzerten Plattformen und Unterwassereinheiten) sowie Unterstützung (vor allem Schutztechnologien).

Auf Wissen und Produktion im eigenen Land keinesfalls verzichten

Herr Otte – die Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist durch europäische Kooperationen geprägt. Wozu bedarf es nationaler Schlüsseltechnologien?
Henning Otte: Bei der Definition der Schlüsseltechnologien wurde geprüft, welche technischen Fähigkeiten wir am internationalen Markt einkaufen oder in Kooperation mit unseren Partnern erarbeiten. Insbesondere stand jedoch die Frage im Mittelpunkt, in welchen Technologiebereichen Deutschland auf Wissen und Produktion im eigenen Lande nicht verzichten darf. Speziell auf dem Feld der Sicherheit und Verteidigung kann es essenziell sein, bestimmte Fähigkeiten selbst zu beherrschen und nicht von anderen abhängig zu werden. Das ist auch eine Frage der Souveränität eines Staates.

Auf dem europäischen Rüstungsmarkt lief zuletzt nicht alles zugunsten der deutschen Sicherheitspolitik. Anderen Staaten ist es besser gelungen, sich Einfluss und Kontrolle in strategischen Industrien zu sichern. Aus diesem Grund ist zu prüfen, wie auch der deutsche Staat sich mehr Mitgestaltung sichern kann.

Führungsposition auf bestimmten Technologiefeldern sichern und ausbauen

Zunächst waren beispielsweise nur Kryptotechnologie oder Sensorik zu den unverzichtbaren Technologien gezählt worden. Warum hat man gepanzerte Fahrzeuge und Uboote hinzugenommen?
Otte: Im Abstimmungsprozess über die Schlüsseltechnologien habe ich mich gezielt für eine sicherheitspolitisch bestimmte Sichtweise eingesetzt. Deswegen ist es richtig, dass nun auch gepanzerte Fahrzeuge und Unterseeboote neben den ursprünglich vorgesehenen Technologiefeldern als Schlüsseltechnologien vorgesehen sind. In diesen Bereichen haben wir weltweit eine Führungsposition, die wir erhalten und ausbauen wollen. Die deutsche Sicherheitspolitik erhält hierdurch eine Souveränität, um die uns viele Staaten beneiden. Fähigkeiten, die unsere Rüstungsindustrie heute verliert, wären für die Zukunft unwiederbringlich weg.

Durch Rüstungsexporte Industriebasis in Deutschland erhalten

Können sich die Schlüsseltechnologien dank öffentlicher Förderung wirklich gut entwickeln, wenn die Rüstungsexportpolitik weiterhin restriktiv gehandhabt wird?
Otte: Rüstungsexportpolitik ist ein Pfeiler der deutschen Außenpolitik und kann nur sicherheitspolitisch begründet sein. Viele Produkte der deutschen wehrtechnischen Industrie werden weltweit stark nachgefragt. Hierdurch erhält Deutschland die Möglichkeit, international Einfluss zu nehmen. Diese Basis wollen wir ausbauen. Mit Exporten von Ausrüstung stärken wir Akteure, die in ihrer Region Garanten für Stabilität sind oder sich Gewalttätern entgegenstellen. Gleichzeitig können wir somit diese Industriebasis in Deutschland erhalten, die allein von den Aufträgen der Bundeswehr wirtschaftlich nicht leben kann.


Die Aufnahme zeigt den CDU-Politiker Henning Otte am 7. Juli 2016 im Parlament bei einer sicherheitspolitischen Debatte mit Schwerpunkt „NATO-Gipfel“. Otte ist unter anderem Mitglied des Verteidigungsausschusses des Bundestages und Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Verteidigung“ der CDU/CSU-Fraktion.
(Foto: Achim Melde/Lichtblick/Deutscher Bundestag)

Kleines Beitragsbild: Nationale Schlüsseltechnologie „Ubootbau“. Die Aufnahme vom 1. Mai 2013 zeigt die deutschen Unterseeboote U35 (an Land) und U33 bei HDW in Kiel.
(Foto: Bjoertvedt/Wikipedia/unter Lizenz CC BY-SA 3.0; vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode)


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