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Gao (Mali)/Berlin. Mali ist rund dreieinhalb Mal so groß wie Deutschland. Durch seine enorme Nord-Süd-Ausdehnung hat das westafrikanische Land drei Klimazonen. Im nördlichen Teil Malis, der zur Saharazone gehört, herrscht trockenes Wüstenklima mit extrem hohen Tagestemperaturen von 40 Grad Celsius und mehr in den Sommermonaten. Das Gros des deutschen Einsatzkontingents MINUSMA, das im Camp Castor im nordostmalischen Gao stationiert ist, leidet enorm unter diesen Umweltbedingungen. Mehr noch: Gluthitze, Sandstürme und Schotterpisten setzen den Einsatzfahrzeugen der Truppe so zu, dass die Hälfte des militärischen Fuhrparks „nach einer technischen Überprüfung vorläufig stillgelegt“ werden musste. Dies berichtete Thorsten Jungholt am gestrigen Mittwoch (19. April) in seinem Beitrag „Extremklima legt Bundeswehr in Mali lahm“ für die Tageszeitung Die Welt.

Wie es dort heißt, ist die Hälfte der Bundeswehr-Fahrzeuge in Mali wegen des grenzwertigen Klimas offenbar „nicht einsatzbereit“. Hitze bis zu 50 Grad Celsius, Staub und steinige Pisten machten dem Material zu schaffen. Erschwerend hinzu kämen die „schleppende Ersatzteilversorgung aus Deutschland“ und die „unterdimensionierte Fahrzeuginstandsetzung“ im Feldlager.

Zwar sei die Auftragserfüllung gegenüber den Vereinten Nationen sichergestellt, zitiert Welt-Redakteur Jungholt einen ranghohen Offizier des deutschen Einsatzkontingents in Gao. Die Einsatzbedingungen führten die Soldaten aber regelmäßig „an die technische Belastungsgrenze“.

Gemeinsam gegen Terrorismus, Kriminalität und Verarmung

Die VN-Mission MINUSMA (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali/Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali) hat zum Ziel, das von ethnischen Konflikten und Terrorismus bedrohte Staatsgebilde Mali vor der Auflösung zu bewahren und langfristig zu stabilisieren. In einer Begründung für die Beteiligung der Bundeswehr an MINUSMA erläutert die Bundesregierung: „Deutschland hat ein erhebliches Interesse daran, [in dieser Region] Terrorismus, Kriminalität und Verarmung, die mittelfristig starke Auswirkungen auch auf Europa haben können, gemeinsam mit seinen europäischen und internationalen Partnern entgegenzutreten.“ Die Blauhelm-Mission in Mali gilt als gefährlichster und verlustreichster Einsatz der VN weltweit.

Derzeit dienen 825 Bundeswehrsoldaten bei MINUSMA – darunter 27 Frauen, 29 Reservisten und sieben freiwillig Wehrdienst Leistende (Stand: 18. April).

Warten auf „Sonderfreigabe zum Flug unter hohen Temperaturen“

Auch das Fluggerät der Bundeswehr in Mali ist von den extremen klimatischen Bedingungen tangiert. So fehlt beispielsweise für den Kampfhubschrauber Tiger, der am 1. Mai den Vereinten Nationen einsatzbereit gemeldet werden soll, noch eine Sonderfreigabe zum Flug unter hohen Temperaturen. Wie Jungholt in der Welt schreibt, gelte „derzeit eine Grenze von 43,26 Grad Celsius“. Überstiegen die Temperaturen vor Ort diesen Wert, dürfe der Hubschrauber nicht starten. Beantragt sei eine „Sondergenehmigung für den Einsatz bis 48,26 Grad Celsius“.

Seit Anfang April verfügt das deutsche Einsatzkontingent MINUSMA in Gao über acht Helikopter: vier Tiger-Maschinen und vier Transporthubschrauber NH90. Bereits seit Anfang November vergangenen Jahres ist das unbemannte Luftfahrzeug Heron 1 Teil des deutschen MINUSMA-Beitrages; Ende März erreichte die ferngesteuerte Drohne die Marke von 1000 Flugstunden über Mali.

Mehr Personal, Geräte-Rotation und Ersatzteillager vor Ort

Hubschrauber und Heron 1 spielten auch eine Rolle bei der Regierungspressekonferenz am gestrigen Mittwoch. Dort äußerte sich Oberst i.G. Boris Nannt in seiner Funktion als Sprecher des Verteidigungsministeriums zu den Problemen in Mali. Er sagte: „Es ist so, dass aufgrund des Aufwuchses an Fähigkeiten, die wir haben – sei es durch die [Drohne] Heron, die wir jetzt eingebracht haben, sei es durch den Tiger oder durch den NH90, die natürlich auch zusätzliche Fähigkeiten im Bereich der Instandsetzung brauchen – , die Einsatzbereitschaftslage aus unserer Sicht nicht zufriedenstellend ist. Wir haben aber bereits im letzten Kontingent Maßnahmen ergriffen, um diese Einsatzbereitschaftslage zu verbessern.“

Der Ministeriumssprecher erläuterte dies: „Das sieht so aus, dass wir jetzt zum einen die Personalkapazitäten erhöht haben und auch noch weiter erhöhen werden und dass wir jetzt auch weitere Arbeitsplätze im Bereich der Infrastruktur schaffen, um dort mehr Gerät instand zu setzen. Genauso geht es auch um die Rotation von Gerät, und obwohl die Versorgungswege aufgrund der regionalen Lage Malis relativ lang sind, wollen wir dort auch ein Ersatzteillager vor Ort einrichten.“

Zum Thema der Flug-Sonderfreigabe für den Tiger verwies Nannt noch einmal auf die äußeren Bedingungen in Nordmali. Hier sei das Klima „wirklich im Randbereich – sei es durch die Hitze, sei es aber auch durch die Stürme und den Sand“. Zwar gebe es für den Betrieb der Bundeswehr-Hubschrauber in der Tat „klimatische Höchstwerte“, diese Richtwerte seien aber in Mali – beispielsweise für den Betrieb des NH90 – in der Regel „völlig unkritisch“. Sorgen bereiteten „diese ganz großen Randbereiche: etwa die Mittagshitze im Mai“. Diesbezüglich werde nun momentan eine Erhöhung der Werte um fünf Grad geprüft.

Die zentrale Frage sei jetzt, so der Heeresoffizier, ob es nur um eine Ausnahmegenehmigung für den Mali-Einsatz gehe. Oder ob es darum gehe, eine generelle Erhöhung der Betriebsgrenze um fünf Grad für den Tiger herbeizuführen. „Es ist geplant, diese Entscheidung vor dem 1. Mai zu treffen, wenn wir die Einsatzbereitschaft melden und dann auch den Auftrag übernehmen“, erklärte Nannt und fügte an: „Der wichtige und für mich entscheidende Punkt ist: Das Kontingent vor Ort erfüllt derzeit alle Aufträge, die uns dort von den Vereinten Nationen gestellt werden.“

Redaktioneller NACHBRENNER

Wie Spiegel online am Freitag (28. April) berichtete, liegt inzwischen eine Ausnahmegenehmigung für den Tiger vor. Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer, habe den Start des Kampfhubschraubers auch unter „hohen Temperaturen“ erlaubt, so der Spiegel. Dies habe ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigt. Ab dem 1. Mai könne die Bundeswehr in Mali den Tiger nun auch bei mehr als 43,26 Grad Celsius einsetzen. Das neue Limit, das sich je nach Luftdruck und Flughöhe berechne, liege dann bei 48,26 Grad Celsius.


Unser Bild zeigt die Ankunft der ersten beiden deutschen Tiger-Kampfhubschrauber am 25. März 2017 im Camp Castor in Gao, Mali.
(Foto: Marc Tessensohn/Bundeswehr)

 


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