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Berlin/Leipzig. Wie steht es mit der deutsch-deutschen Chancengleichheit bei der Vergabe herausgehobener Posten – beispielsweise dem eines Abteilungsleiters – in unseren 14 Bundesministerien? Man sollte annehmen, dass dort 27 Jahre nach der Wiedervereinigung ein angemessener Proporz von westdeutschen und ostdeutschen Führungskräften erreicht worden ist. Weit gefehlt! Im August wollte die Bundestagsabgeordnete Susanna Karawanskij (Die Linke) von der Bundesregierung wissen, „wie hoch der Anteil der in Ostdeutschland geborenen Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter in den Bundesministerien 2013 und 2016“ war. Die Regierungsantwort dokumentiert auch für diesen Bereich ein verstörendes Ungleichgewicht …

In neun der 14 Bundesministerien gab es in der abgefragten Zeitspanne – im Jahr 2013 und im Jahr 2016 – eine komplette „Ost-Flaute“. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hatten zwar im Jahr 2013 noch einen Ost-Abteilungsleiter vorzuweisen (von zehn beziehungsweise sieben möglichen Abteilungsleitern), im Jahr 2016 waren diese Stellen jedoch bereits wieder an einen „Wessi“ gefallen. Demzufolge waren im vergangenen Jahr insgesamt elf Bundesministerien ohne ostdeutsche Führungskraft auf Abteilungsleiterebene.

Auch im Bundesministerium der Verteidigung, das an seinen beiden Dienstsitzen in Bonn und Berlin auf zehn Abteilungen baut, gab und gibt es keine Ost-Abteilungsleiter. Susanna Karawanskij, Ost-Koordinatorin der Bundestagsfraktion Die Linke, kommentiert das gravierende Missverhältnis mit den Worten: „Wer ostdeutsch ist, muss draußen bleiben. Die Elite der Bundesbeamten ist auch 27 Jahre nach der Einheit fest in westdeutscher Hand. Gegen diese Kruste hilft nur eine Ossi-Quote.“

Ostdeutsche in Führungspositionen nach wie vor eine Minderheit

Wie aus der Antwort der Bundesregierung weiter hervorgeht, gab beziehungsweise gibt es lediglich in drei Bundesministerien Abteilungsleiter, die in Ostdeutschland geboren wurden. Dies sind das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit zwei Ost-Abteilungsleitern (von möglichen sechs Abteilungsleitern), das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (einer von fünf) sowie das Bundesministerium für Gesundheit (einer von sechs).

Untersuchungen zur Besetzung von Führungspositionen durch west- und ostdeutsche Kandidaten hatte im Zeitraum August 2015 bis März 2016 bereits die Uni Leipzig im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) durchgeführt. In der Studie „Wer beherrscht den Osten? Ostdeutsche Eliten ein Vierteljahrhundert nach der deutschen Wiedervereinigung“ war das Forscherteam um Professor Olaf Jacobs (Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig) damals unter anderem zu dem Schluss gekommen: „Ostdeutsche sind in gesellschaftlichen Führungspositionen noch immer nicht adäquat repräsentiert. Zum Teil vollzieht sich statt einer Angleichung sogar eine gegenteilige Entwicklung, geht ihre Zahl zurück. Zugespitzt lässt sich feststellen, dass, obwohl vielerorts eine Frauenquote, nirgends jedoch eine Quote für Ostdeutsche, die in Führungspositionen viel stärker eine Minderheit bilden als Frauen, gefordert wird.“


Die Aufnahme vom 1. Juli 2014 zeigt die Bundestagsabgeordnete Susanna Karawanskij (zweite von links) bei einer Fraktionssitzung der Linken in Berlin.
(Foto: Frank Schwarz/Deutscher Bundestag)

Kleines Beitragsbild: Unser Symbolfoto entstand im leeren Stauffenberg-Saal im Bundesministerium der Verteidigung, Dienstsitz Berlin.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr)


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