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Frankfurt am Main. Die Waffe ist ein Instrument – ein Instrument mit vielen Gesichtern. Sie steht sowohl für die Ausübung von Gewalt, aber auch für die Verhinderung von Gewalt. Ellen Blumenstein hat sich intensiv mit dem Aspekt der Mehrdeutigkeit von Waffen befasst. Als frühere Chefkuratorin des Ausstellungshauses Kunst-Werke (KW) Berlin hatte sie dort im vergangenen Jahr gemeinsam mit Daniel Tyradellis die Mottoschau „Fire & Forget“ inszeniert. Die Schau war der Frage nachgegangen, wie Waffen und Gewalt in der Kunst der Gegenwart behandelt werden. Demnächst präsentieren Blumenstein und Tyradellis im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main „Fire & Forget 2“. Diese Ausstellung, die den Titel „Unter Waffen“ trägt, folgt den Spuren von Waffen und Militärästhetik in Mode, Design, Kunst und Alltagskultur.

Man darf gespannt sein, ob die Macher von „Fire & Forget 2“ am Ende der Spurensuche ihren Ausstellungsbesuchern auch Erklärungen werden anbieten können. Denn die Welt der Waffen ist in der Tat zwiespältig und fragwürdig. Sie wird von dem Frankfurter Kuratoren-Team wie folgt skizziert: „Waffen üben eine ambivalente Faszination aus. Sie verkörpern Macht und Überlegenheit und erinnern zugleich an Schmerz und Tod. Ob als Mittel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zum Zweck der individuellen oder kollektiven Gewaltanwendung, zur eigenen Sicherheit getragen oder als Sport- oder Arbeitsgerät verwendet: Waffen und die von ihnen ausgehende Bedrohung sind immer in soziale Strukturen eingebunden. Sie sind unter uns – ob wir sie sehen oder nicht, ob sie Angst auslösen, Lust bereiten oder beides zugleich.“

Design ist dabei ein selten thematisierter, jedoch wesentlicher Aspekt von Waffen. Deshalb ist die Waffe als gestaltetes Objekt nun auch der Ausgangspunkt der Ausstellung im Museum Angewandte Kunst, die am 9. September 2016 (Freitag) um 19 Uhr eröffnet und bis zum 26. März 2017 gezeigt wird.

Die verborgenen Ängste und Sehnsüchte einer Gesellschaft

Das Spektrum der Exponate auf rund 1200 Quadratmetern Ausstellungsfläche reicht von den Handtaschen mit eingegossenen Pistolen des Designers und Konzeptkünstlers Ted Noten bis zu einem „Thron“ des mosambikanischen Künstlers Gonçalo Mabunda. Dieser hat für seine Arbeit ausrangierte Gewehre des Typs AK-47, die aus dem Bürgerkrieg in seinem Heimatland stammen, verschweißt.

Parfumflakons in Handgranatenform von Viktor & Rolf thematisieren die Ästhetisierung von Waffen und Gewalt im Alltag. Zu sehen sein werden auch Bomberjacken von Helmut Lang, afghanische Teppiche mit Waffenmotiven oder Design von Philippe Starck.

Weitere Werke von Barbara Kruger, Omer Fast, Timo Nasseri, Nedko Solakov oder Timur Si-Qin werden ebenfalls auf jeweils originäre Weise über Waffen und physische Gewalt reflektieren. Die Referenz auf militärische Ästhetik spielt dabei mit der Provokation, doch zugleich verdichten sich in den Frankfurter Objekten auch verborgene Ängste und Sehnsüchte einer Gesellschaft.

Eingebettet in Vorträge, Podiumsdiskussionen und in eine Filmreihe

Folgt man der Prämisse der Kuratoren, dass Design oftmals sehr präzisen Aufschluss über diese geheimen gesellschaftlichen Wünsche und Ängste geben kann, dann enthüllt „Fire & Forget 2“ auch die andere Seite unserer „friedlichen westlichen Gesellschaft“.

Die Ausstellungsarchitektur verstärkt die Verknüpfung von Kunst und Design, indem sie sich an der Formensprache von Messen (Kunst-, Technologie- oder auch Waffenmessen) orientiert und so Exponate der angewandten Kunst neben Exponaten der bildenden Kunst gleichermaßen als Waren oder begehrte Sammlerobjekte präsentiert werden.

Die Ausstellung im Haus am Schaumainkai ist eingebettet in weitere Veranstaltungen beziehungsweise Projekte. So sind mit dem Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ der Universität Frankfurt Vorträge und Podiumsgespräche zu soziologischen, anthropologischen und psychologischen Aspekten von Aggression und Gewalt geplant. In Kooperation mit dem Filmmuseum soll eine Filmreihe entstehen, die sich mit der Ästhetisierung von Gewaltdarstellungen im Film beschäftigen wird.

Die Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“, die von der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird, wird im Museum Angewandte Kunst (Schaumainkai 17, 60594 Frankfurt am Main) im Zeitraum 10. September 2016 bis 26. März 2017 gezeigt. Die Öffnungszeiten: Dienstag sowie Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Mittwochs von 10 bis 20 Uhr. Eintrittspreis: 9 Euro (ermäßigt 4,50 Euro).

Hinweis: Alle Angaben zu dieser Veranstaltung ohne Gewähr.


Zu den verwendeten Aufnahmen:
1. Bildkomposition bestehend aus zwei Exponaten der Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“.
Links: Ausstellungsobjekt „MA-1 Jacket, 2016 (1963)“ von Alpha Industries.
(Bild: Alpha Industries)
Rechts: Ausstellungsobjekt von Ted Noten „YSL001, Serie 7 Necessities, 2012/Edition of 3 + 1 A.P.“ – 3D-Druck einer Pistole.
(Bild: Atelier Ted Noten, Bildkomposition mediakompakt)

2. Das Ausstellungsobjekt „Untitled Throne, 2015“ von Gonçalo Mabunda zeigt demilitarisierte Waffen.
(Foto: Jack Bell Gallery, London)

3. Ausstellungsobjekt „Yoga Joes, 2014“ aus ABS-Plastik von Brogamats.
(Foto: Mark Wickens Photography/Brogamats)

4. Das Museum Angewandte Kunst am Schaumainkai in Frankfurt am Main.
(Foto: Anja Jahn/Museum Angewandte Kunst)

Kleines Beitragsbild: Bildkomposition bestehend aus zwei Exponaten der Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“.
Links: Ausstellungsobjekt von Ted Noten mit dem Titel „Trophy Helmet, Serie 7 Necessities, 2012“ – Nylon, Kaninchenfell, Leder, vergoldetes Silber 22 Karat, Linsen, LED.
(Foto: Peter Cox/The Stedelijk Museum ’s-Hertogenbosch)
Rechts: Ausstellungsobjekt „XMAS Declarations. Grenades for your xmas tree, 2009“ von Dorothy.
(Bild: Dorothy, Bildkomposition mediakompakt)

Das gesamte Bildmaterial wurde uns vom Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main für die Berichterstattung zur Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“ zur Verfügung gestellt.


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