Berlin/Wien. Ab dem 1. Juli 2017 muss sich jeder Bewerber bei der Bundeswehr einer einfachen Sicherheitsüberprüfung durch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) unterziehen. Das sieht der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines „16. Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes“ vor, der am Donnerstag dieser Woche (10. November) in erster Lesung im Bundestag beraten werden soll. In der Begründung der Regierung heißt es unter anderem: „Aktuell liegen Hinweise vor, dass islamistische Kreise versuchen, sogenannte ,Kurzzeitdiener‘ in die Bundeswehr zu bringen, damit sie eine Ausbildung [in der Handhabung und im Gebrauch von Kriegswaffen] erhalten.“ Wie berechtigt dieses Gesetzesvorhaben ist, zeigen alarmierende Vorfälle: In der Truppe wurden bereits etliche Islamisten vom MAD enttarnt, ein deutschsprachiges Dschihad-Magazin fordert von seinen Lesern einen Beitrag zum sogenannten „Heiligen Krieg“ und kopiert dazu unverfroren Elemente der Bundeswehr-Nachwuchswerbung. So wird aus „Mach, was wirklich zählt“ das Plagiat „Mach etwas, was bei Allah wirklich zählt“.
Islamisten wollen gezielt zur Bundeswehr, um dort eine militärische Ausbildung zu erhalten. Ein MAD-Sprecher bestätigte gegenüber dem bundeswehr-journal einen Bericht der Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom vergangenen Samstag (5. November), die über die Enttarnung von Extremisten in den deutschen Streitkräften geschrieben hatten. Laut MAD sollen in den vergangenen Jahren mehr als 20 Islamisten in der Truppe ausgemacht worden sein. Zudem werde aktuell weiteren 60 Verdachtsfällen nachgegangen, teilte der MAD auf unsere Nachfrage mit.
Den Blättern der Mediengruppe – darunter so namhafte Titel wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, das Hamburger Abendblatt oder die Berliner Morgenpost – hatte der Militärische Abschirmdienst weiter mitgeteilt, dass aus dem Bereich der Personalgewinnungsorganisation einzelne Anfragen von Bewerbern, „die sich in auffälliger Weise für den Dienst in der Bundeswehr interessieren, einen Verpflichtungswunsch von nur wenigen Monaten äußern und sich ausdrücklich nach einer intensiven Waffen- und Geräteausbildung erkundigen“, bekannt geworden seien.
In „islamistischen Kreisen“ werde der Dienst in der Bundeswehr befürwortet, um den Umgang mit Waffen zu lernen. Es bestehe die Besorgnis, „dass gewaltbereite Extremisten der Propaganda Folge leisten“, so der MAD weiter.
Hier passt ins Bild, dass sich die deutschsprachige Ausgabe des Dschihad-Magazins „kybernetiq“ massiv gestalterischer Elementen der Bundeswehr-Werbekampagne „Mach, was wirklich zählt“ bedient. Die Macher wollen offensichtlich mit ihrer Mimikry eigene Anhänger nicht nur an den „Heiligen Krieg“ erinnern, sondern zugleich auch mit dem abstrakten Flecktarn-Design zeigen, wo der „Kämpfer“ sich dazu sein Rüstzeug holen könnte – bei der Bundeswehr.
Der Bayerische Verfassungsschutz hat – wie er vor Kurzem mitteilte – „Anhaltspunkte dafür, dass ein Verantwortlicher für das dschihadistische Onlinemagazin eine Person aus dem dschihad-salafistischen Spektrum ist, die früher in Bayern gelebt hat und vor einiger Zeit in das Dschihadgebiet Syrien/Irak ausgereist ist“.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will nun mit der Novellierung des Soldatengesetzes erreichen, dass sich ab Juli kommenden Jahres jeder Bewerber für den Soldatendienst einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen muss. Das Bundeskabinett hatte den entsprechenden Gesetzentwurf Ende August verabschiedet (wir berichteten). Am Donnerstag berät nun der Bundestag darüber in erster Lesung; die Vorlage soll schließlich zur federführenden Beratung an den Verteidigungsausschuss überwiesen werden.
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, begrüßt die geplante Gesetzesänderung ausdrücklich. Er sagte der Bild am Sonntag für die vergangene Wochenendausgabe, das Thema „islamistischer Extremismus“ werde zu einem wichtigen neuen Aufgabenfeld des MAD. Die künftig stärkere Rolle des Abschirmdienstes sehe er positiv.
Für Kopfschütteln sorgte die Pressemeldungen über die Enttarnung von Islamisten in den Reihen der Bundeswehr übrigens im Nachbarland Österreich. Heeressprecher Oberst Michael Bauer versicherte der Neuen Kronen Zeitung, dem auflagenstärksten Boulevardblatt der Alpenrepublik: „Wir schützen uns mit penibler Kontrolle aller Grundwehrdiener vor der Infiltrierung von Islamisten.“
„In Österreich wäre eine derartig bedrohliche Infiltrierung des Bundesheeres laut Abwehramt kaum möglich“, zitiert die Kronen Zeitung ihren Gesprächspartner weiter. Jeder Grundwehrdiener werde bereits im Vorfeld „gleichsam ins Sicherheitsvisier“ genommen. Und stolz klingt es, wenn das Blatt am Schluss vermeldet: „Auch bei den Elitesoldaten des Jagdkommandos hat noch kein einziger Islamist den Fuß über die militärische Schwelle gesetzt.“
Zum Bildmaterial dieses Beitrags:
1. Durchschlageübung der 5. Kompanie des Gebirgspionierbataillons 8 aus Ingolstadt. Die Aufnahme wurde am 14. Juni 2010 gemacht.
(Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr)
2. Geistiger Diebstahl – Slogan der Bundeswehr „Mach, was wirklich zählt“ und Titelbild des deutschsprachigen Dschihadistenmagazins „kybernetiq“.
(Bildmontage mediakompakt)
Kleines Beitragsbild/Symbolbild: Collage mit der Modellfigur „Bundeswehrsoldat“ und dem MAD-Schild vom Eingangsbereich der Konrad-Adenauer-Kaserne in Köln. Die Erlaubnis zur Nutzung der Figur beziehungsweise die entsprechende Bildvorlage erhielten wir von der Firma Markenwelt-Vögele. Das Freiburger Unternehmen vertreibt auch andere Figuren auf Lego-Basis aus dem Bereich „Militär und Sicherheitskräfte“ (www.markenwelt-voegele.de).
(Bildmontage mediakompakt)