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Berlin/Wunstorf/Amsterdam. Für die nicht fristgerechte Auslieferung der A400M-Transportmaschinen an die deutsche Luftwaffe verlangt das Verteidigungsministerium nun von der Airbus Group SE Schadenersatz in Millionenhöhe. Allein für die vierte Maschine (Kennung „54+04“, Seriennummer MSN35), die am 13. Juli dieses Jahres an das Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf überführt wurde, fordert die Bundeswehr einen Ausgleich in Höhe von 12,7 Millionen Euro von Airbus. Dies geht aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin der Verteidigung, Markus Grübel, vom 28. Juli hervor. Grübel hatte zu einer entsprechenden Anfrage des Bundestagsabgeordneten Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) Stellung bezogen.

Linder hatte vom Verteidigungsministerium wissen wollen, inwieweit die Bundeswehr von Airbus Schadenersatz wegen der verspäteten Auslieferung des vierten A400M der Luftwaffe fordere. Ihn interessierte zudem, in welcher Höhe Schadenersatz im Zusammenhang mit dieser Maschine bereits verrechnet worden ist beziehungsweise noch verrechnet werden soll.

Die knappe Antwort Grübels: „Die Bundeswehr hat den vertraglich vorgesehenen Schadenersatz für das vierte deutsche Flugzeug in Höhe von 12,7 Millionen Euro vollumfänglich eingefordert.“

Mit den Mehrkosten wird am Ende wohl größtenteils der Steuerzahler belastet

Nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters soll das Ministerium für die Verzögerungen bei der Lieferung des zweiten und dritten deutschen A400M-Transporters insgesamt rund 13 Millionen Euro Entschädigung vertraglich mit Airbus vereinbart haben. Reuters beruft sich „auf Quellen, die mit dem deutschen A400M-Programm vertraut sind“.

Wie die Nachrichtenagentur weiter berichtet, hält Grünen-Politiker Lindner die bestätigte Schadenersatzsumme für zu niedrig angesetzt. Bei einem A400M-Stückpreis von etwa 180 Millionen Euro seien 12,7 Millionen gerade einmal sieben Prozent. Reuters zitiert den Parlamentarier: „Mit diesem Vorgehen werden die wahren Kosten, die das A400M-Desaster bei der Bundeswehr verursachen wird, am Schluss zum Großteil vom deutschen Steuerzahler zu tragen sein.“

Lindner schlug zudem vor, dass das Verteidigungsministerium und die Industrie nach der diesjährigen parlamentarischen Sommerpause gemeinsam einen detaillierten Auslieferungsplan für die A400M-Maschinen unserer Streitkräfte präsentieren sollten. Aus diesem sollte auch klar ersichtlich sein, wie sich die bisherigen Verzögerungen und Mängel auf die Kosten insgesamt ausgewirkt hätten und wer am Ende mit diesen Mehrkosten belastet werden würde.

Die deutsche Luftwaffe hat bislang vier ihrer insgesamt 53 Airbus A400M Atlas erhalten. Die erste Maschine (Kennung „54+01“, Seriennummer MSN18) war am 19. Dezember 2014 beim Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf gelandet. Die zweite Maschine (Kennung „54+02“, Seriennummer MSN30) war am 10. Dezember 2015 übergeben worden, der dritte A400M (Kennung „54+03“, Seriennummer MSN29) am 21. Dezember 2015. Der vierte Airbus A400M (Kennung „54+04“, Seriennummer MSN35) landete nun – wie bereits am Anfang berichtet – am 13. Juli in Wunstorf.

Auf unsere Frage an die Luftwaffe, wann denn nun mit der Überführung weiterer Maschinen vom Montageort Sevilla in Spanien nach Deutschland zu rechnen sei, teilte ein Sprecher mit: „Die Auslieferung des nächsten A400M an die Luftwaffe ist für [diesen] September geplant.“

Verluste nach Ansicht von Airbus-CEO Tom Enders „schlicht nicht hinnehmbar“

Die Probleme mit dem Militärtransporter A400M und zuletzt auch mit dem Langstrecken-Großraumflugzeug A350 haben Airbus die Bilanz gründlich verhagelt. Dies wurde bei der Präsentation der Halbjahreszahlen des Konzerns am 27. Juli in Amsterdam offenkundig.

Thomas Enders, Chief Executive Officer (CEO) der Airbus Group, räumte ein: „Leider sehen wir uns mit neuen Belastungen bei den Programmen A400M und A350 konfrontiert. Verluste bei diesen Programmen konnten zwar durch hohe Veräußerungsgewinne aus der Anpassung des Portfolios gemindert werden, dennoch sind sie schlicht nicht hinnehmbar. Die Produktionseffizienz und der schrittweise Ausbau der militärischen Fähigkeiten der A400M liegen nach wie vor hinter dem Zeitplan zurück und bleiben eine Herausforderung. Aber wir kommen gut voran und die A400M, die bereits bei fünf Luftstreitkräften Hervorragendes leistet, erweist sich zunehmend als außerordentliches Flugzeug.“

Zwischenlösung für das Propellergetriebe des A400M von der EASA zertifiziert

Über den Militärtransporter sagte der Vorstandsvorsitzende weiter: „Im A400M-Programm wurden in der ersten Jahreshälfte 2016 fünf A400M an Kunden übergeben. Die Europäische Flugsicherungsbehörde EASA hat eine Zwischenlösung für das Propellergetriebe zertifiziert. Sobald diese ausgeliefert ist, bleiben den Luftstreitkräften mindestens 650 Flugstunden bis zur Erstinspektion der betroffenen Teile des Propellergetriebes.“ Der erste große Entwicklungsmeilenstein des zu Beginn dieses Jahres gemeinsam mit den Kunden festgelegten Einsatzfähigkeitsplans sei im Juni mit der Zertifizierung und Auslieferung der MSN33 – des neunten Flugzeugs für Frankreich – erreicht worden, so Enders weiter. Industrielle Effizienz und militärische Fähigkeiten blieben für das A400M-Programm allerdings eine Herausforderung.

Darüber hinaus hätten sich die Lufttüchtigkeitsanweisung der EASA bezüglich des Propellergetriebes und verschiedene Qualitätsprobleme mit dem Propellergetriebe massiv auf die Auslieferungen an die Kunden ausgewirkt, gab der Konzernchef zu bedenken. Enders erläuterte: „Das Management überprüfte daraufhin die Entwicklung des Programms und das erwartete Auftragsergebnis unter Berücksichtigung der aktuellen Auswirkungen des überarbeiteten Triebwerksprogramms und der geplanten Aufholmaßnahmen, der technischen Probleme im Zusammenhang mit der für einige Flugzeugteile verwendeten Aluminiumlegierung, der Annäherung der laufenden Kosten an die Zielvorgaben sowie der Verzögerungen, Anpassungen und Kostenüberschreitungen im Entwicklungsprogramm.“

Verhandlungen zum überarbeiteten Lieferplan stehen noch aus

Aufgrund dieser kritischen Überprüfung, die auch eine aktualisierte Annahme für Exportaufträge während der Anlaufphase beinhaltet habe, habe Airbus Defence and Space einen zusätzlichen Nettoaufwand von 1026 Millionen Euro verbucht. Geschäftsverhandlungen mit der OCCAR und den Kundennationen bezüglich des überarbeiteten Lieferplans und seiner Auswirkungen stünden noch aus (Anm.: OCCAR = Organisation Conjointe de Coopération en Matière d’Armement/Gemeinsame Organisation für Rüstungskooperation).

Tom Enders warnte mit Blick auf die Airbus-Jahresbilanz 2016: „Derzeit lässt sich nicht zuverlässig einschätzen, wie das Ergebnis dieser Verhandlungen ausfallen wird. Die potenziellen Auswirkungen auf den Abschluss könnten beträchtlich sein.“ Optimismus klingt anders …


Zu unserem Bildmaterial:
1. Der vierte A400M der deutschen Luftwaffe am 13. Juli 2016 bei seiner Überführung von Sevilla nach Wunstorf. Die Aufnahme zeigt die Maschine beim Start in Spanien.
(Foto: Airbus Defence and Space)

2. Das Hintergrundbild unserer Infografik zeigt einen A400M der deutschen Luftwaffe bei der Berliner Air Show ILA 2016 in Schönefeld.
(Foto: Volkmar Otto/Messe Berlin)

Kleines Beitragsbild: Start der „54+04“ in Sevilla am 13. Juli 2016 zur Überführung nach Wunstorf zum Lufttransportgeschwader 62.
(Foto: Airbus Defence and Space)


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