menu +

Nachrichten



New York/Berlin. Der Ukrainekonflikt, der im April 2014 begonnen hat, geht nun bereits ins dritte Jahr. Offiziell gilt in der Auseinandersetzung zwischen prorussischen Rebellen und dem ukrainischen Militär im Osten des Landes seit September 2015 zwar eine Waffenruhe, die von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht wird. Trotz des Minsker Abkommens vom 12. Februar 2015 kommt es aber immer wieder zu Kämpfen in der Krisenregion. Das Verhältnis zwischen Russland und der NATO gilt wegen des Konflikts als nachhaltig zerrüttet. OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier sprach erst vor Kurzem in einem Interview mit Silvia Stöber für die Tagesschau von einer „besorgniserregenden Lage“ im Osten der Ukraine. Auch erinnere ihn „die Atmosphäre unter den OSZE-Staaten [zu denen auch Russland gehört] sehr an den Kalten Krieg“. Statt wirklichem Dialog zwischen Ost und West gebe es derzeit vor allem gegenseitige Vorwürfe. Am Donnerstag und Freitag dieser Woche (28. und 29. April) wurden neueste Zahlen bekannt, die ein Schlaglicht auf die Tragödie mitten in Europa werfen.

„Die Kämpfe im Ostteil der Ukraine sind in den vergangenen Wochen erneut eskaliert und haben ein Ausmaß erreicht, das man so seit August 2014 nicht mehr gekannt hat.“ Dieser alarmierende Lagebericht stammt von Tayé-Brook Zerihoun, dem für politische Angelegenheiten zuständigen Vizegeneralsekretär der Vereinten Nationen (VN).

Der Äthiopier teilte beim Treffen des VN-Sicherheitsrates am Donnerstag – dem erste zur Situation in der Ukraine seit Dezember 2015 – mit, dass seit Beginn des Ukrainekonflikts 9333 Menschen getötet und 21.396 verletzt wurden. Damit liegt die Zahl der Opfer der schweren Auseinandersetzungen nun bei 30.729.

Mehr als 2,75 Millionen Menschen aus der Ukraine auf der Flucht

Nach Angaben des VN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR: United Nations High Commissioner for Refugees/Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) haben bis Februar dieses Jahres insgesamt mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine in anderen Staaten um Asyl oder einen anderen Aufenthaltsstatus ersucht, davon 942.000 in Russland.

Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 19. April auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Linken weiter schreibt, hätten im Jahr 2015 insgesamt 22.050 Menschen aus der Ukraine einen Asylantrag in Ländern der Europäischen Union gestellt, im Vorjahr seien es 14.060 gewesen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung seien zudem knapp 1,75 Millionen Menschen als Binnenflüchtlinge registriert.

„Wichtiges Merkmal der OSZE-Beobachtermissionen ist ihr ziviler Charakter“

Am Mittwoch dieser Woche (27. April) nahm auch das Auswärtige Amt Stellung zu angeblichen Planungen für eine bewaffnete OSZE-Mission in der Ostukraine. (Anm.: Deutschland hat seit dem 1. Januar 2016 für zwölf Monate den Vorsitz innerhalb der Organisation inne.)

Ein Sprecher erklärte in Berlin: „Die derzeitige Beobachtermission der OSZE in der Ostukraine ist eine zivile, unbewaffnete Mission. Das ist eine Entscheidung der 57 Teilnehmerstaaten der OSZE, und es gibt keine Absprachen unter Beteiligung Deutschlands und Frankreichs – weder innerhalb der OSZE noch im Normandie-Format – für Änderungen am zivilen Charakter der Mission.“ (Anm.: Normandie-Format = semi-offizielle Gesprächsrunde auf Regierungs- und Außenministerebene zwischen Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine.)

Richtig sei vielmehr, dass Deutschland in Absprache innerhalb des Normandie-Formats als OSZE-Vorsitz das OSZE-Sekretariat gebeten habe, Optionen zur Verbesserung der Sicherheit bei den geplanten Lokalwahlen zu entwickeln. Hier sei es noch zu früh, Ergebnisse mitzuteilen.

Das Auswärtige Amt weiter: „Für uns ist derzeit schwer vorstellbar, wie eine bewaffnete OSZE-Mission aussehen könnte, die das Ziel hätte, die Sicherheit der Wahlen in den Separatistengebieten wirksam durchzusetzen und die Sicherheit der OSZE-Beobachter zu verbessern. Es gibt in der OSZE bisher keinen Präzedenzfall für eine bewaffnete Mission. Im Gegenteil: Gerade ihr ziviler Charakter ist ein wichtiges Merkmal der OSZE-Beobachtermissionen, die mit der Akzeptanz der Konfliktparteien tätig werden.“ Es stellten sich zudem eine ganze Reihe schwieriger rechtlicher, politischer, praktischer und militärischer Fragen, wenn man die Idee einer bewaffneten Mission zu Ende denke.

Momentan sind etwa 700 Beobachter aus 46 OSZE-Staaten in der Ostukraine vor Ort. Mitte Februar hat man das Mandat um ein weiteres Jahr bis Ende März 2017 verlängert. Gleichzeitig wurde für die Mission ein neuer Haushalt in Höhe von knapp 100 Millionen Euro verabschiedet. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (Organization for Security and Co-operation in Europe, OSCE) ist eine verstetigte Staatenkonferenz zur Friedenssicherung.


Zu unseren fünf Aufnahmen:
1. An einer der Ausfallstraßen von Slowjansk, einer Stadt nahe Donezk im Osten der Ukraine. Einschüsse und Schrapnellspuren zeugen von heftigen Auseinandersetzungen zwischen Separatisten und ukrainischer Armee.
(Foto: Pavel Zmey/UNICEF)

2. Tagung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN) am 28. April 2016. VN-Vizegeneralsekretär Tayé-Brook Zerihoun berichtet über die derzeitig Entwicklung im Ukrainekonflikt und nennt die neuesten Opferzahlen.
(Foto: Eskinder Debebe/Vereinte Nationen)

3. Zerstörte Brücke in Horliwka, einer Ortschaft in der Donezk-Region.
(Foto: Aleksey Filippov/UNICEF)

4. Kinder, von den Kriegsereignissen traumatisiert, auf einem Schulhof in Slowjansk.
(Foto: Pavel Zmey/UNICEF)

5. OSZE-Beobachter in Jassynuwata, nördlich von Donezk gelegen.
(Foto: OSZE)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN