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Nordholz/Cuxhaven. Jubiläumsfestakt am gestrigen Donnerstag (11. August) in Nordholz, der Heimat des Marinefliegergeschwaders 3 „Graf Zeppelin“. Seit 30 Jahren kooperieren das Bundesministerium der Verteidigung und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur beim Umweltschutz im deutschen Küstenvorfeld. Piloten des Geschwaders sind mit zwei Turbo-Prop-Maschinen des Typs Do 228 LM – zivil beauftragt durch das Havariekommando in Cuxhaven – ständig über der Nord- und Ostsee unterwegs, um Umweltsünder auf See aufzuspüren. Einen Tag vor dem Festakt hatten die Marineflieger mit einer der beiden blau-weißen Dornier den 13.000sten Flug seit 1986 in der luftgestützten Seeraumüberwachung durchgeführt. Damit hat die deutsche Marine in den vergangenen drei Jahrzehnten zugleich mehr als 40.000 Flugstunden über Nord- und Ostsee auf der Jagd nach Meeresverschmutzern absolviert.

Grundlage dieser ganz speziellen Aufgabe des Marinefliegergeschwaders 3 in Nordholz ist die vertragliche Vereinbarung der Begrenzung von Ölverschmutzungen vor den Küsten und auf den Meeren, dem sogenannten MARPOL-Abkommen (Anm.: MARPOL vom Englischen marine pollution/Meeresverschmutzung; der englischsprachige Titel des Abkommens lautet: International Convention for the Prevention of Marine Pollution from Ships). Das wichtigste Vorschriftenwerk für den Umweltschutz in der Seeschifffahrt trat am 2. Oktober 1983 international in Kraft.

Anlass für die Ausarbeitung international gültiger Verträge und Richtlinien war die stetig anwachsende weltweite Verschmutzung der Gewässer gewesen. Damit sollte unter anderem auch das Verklappen von Altöl oder das Waschen und Spülen von Schiffstanks auf See geregelt und sanktioniert werden.

„Die Luftüberwachung von Meeresverschmutzungen ist ein unverzichtbarer Bestandteil des deutschen Vorsorgekonzeptes zum Schutz der Meeresumwelt. Mein besonderer Dank gilt den Einsatzkräften des Marinefliegergeschwaders 3 und des Havariekommandos für ihre engagierte und erfolgreiche Arbeit“, sagte Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, während des Festaktes in Nordholz.

Ein Tropfen Öl kann rund 600 Liter Wasser vergiften

Nordsee und Ostsee – als flache und gleichzeitig biologisch äußerst produktive Nebenmeere äußerst anfällig für Verschmutzung – sind ausgewiesene Sondergebiete nach dem MARPOL-Abkommen. In beiden Meeren ist die Einleitung von Öl oder öligen Gemischen strikt untersagt. Dennoch werden bei Überwachungsflügen immer wieder illegale Öleinleitungen dokumentiert. Dabei reicht schon ein Tropfen Öl, um 600 Liter Wasser zu vergiften.

Öl besteht aus rund 10.000 verschiedenen Substanzen – neben Kohlenwasserstoffen unter anderem aus Schwefel, Schwermetallen, Phenolen und organischen Säuren. Viele Elemente wirken bereits in geringen Konzentrationen giftig. Nicht nur Seevögel, auch alle anderen Lebewesen im Meer sind durch eingeleitetes Öl massiv gefährdet.

Fregattenkapitän Jörg Matthée, Kommodore des Marinefliegergeschwaders 3, bei der Feier zum 30-jährigen Jubiläum: „1986 betrachte ich rückblickend als eine ,Sternstunde‘, die Ölüberwachung ging von der lokalen Symptom- in die großflächige Ursachenbekämpfung über.“ Ginge es nach ihm, dann könne die Zusammenarbeit mit den zivilen Stellen auf der Suche nach Ölsündern auf ewig verlängert werden.

Meeresverschmutzungen bei allen Sicht- und Wetterverhältnissen erkennen

Die beiden Ölüberwachungsflugzeuge Do 228-212 der Marineflieger sind mit einer umfangreichen Sensorik ausgestattet (Anm.: die Do 228-212 wird auch als Do 228 LM bezeichnet; LM = Luftraumüberwachung/Meeresverschmutzung). Die Kosten eines Flugzeugs betragen rund 15 Millionen Euro, ein Drittel davon entfällt auf die besondere Sensortechnik. Diese wird von einem speziell ausgebildeten Operator bedient, um unter allen Sicht- und Wetterverhältnissen Verschmutzungen erkennen zu können. An Bord sind zwei Piloten, die gemeinsam mit ihrem Operateur drei bis vier Einsätze am Tag beziehungsweise in der Nacht leisten und damit zu den Vielfliegern in der Bundeswehr zählen.

Die ältere der beiden Dornier-Maschinen („57+01“), die ab dem Jahr 1990 vom Bundesverkehrsministerium beschafft worden waren, ist mittlerweile durch die neue Version Do 228NG („57+05“; NG = New Generation) ersetzt worden. Das jüngere Flugzeug („57+04“) wurde 2014/2015 bei der Firma RUAG in Oberpfaffenhofen mit moderner Avionik und neu entwickelten Fünfblatt-Propellern nachgerüstet.

Illegale Öleinleitungen auf hoher See haben abgenommen

Sowohl die Statistiken der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs EMSA (European Maritime Safety Agency), des Hamburger Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie als auch der Wasserschutzpolizei bestätigen die Erkenntnisse des Havariekommandos Cuxhaven: Illegale Öleinleitungen auf hoher See nehmen ab. Hartmut Neumann, Leiter der von den fünf Küstenländern eingerichteten überregionalen Cuxhavener Leitstelle der Wasserschutzpolizei, liefert dazu die knappe Erklärung: „Das liegt am hohen Überwachungsdruck.“ Schon in den Häfen führen Neumanns Kollegen Präventivkontrollen durch und prüfen die vorgeschriebenen Ölbücher der Seeschiffe.

Die „Ölflieger“ aus Nordholz sind alljährlich bei mehreren Hundert Einsätzen in der Luft. Michael Friedrich, Pressesprecher des Havariekommandos, streift kurz die Technik der beiden Do 228 LM: „Unsere zwei Dornier-Maschinen sind mit Seitenradar, Infrarot- und Ultraviolett-Scannern sowie Mikrowellenradiometern ausgerüstet, die auch bei Wolkenbedeckung potenzielle Ölflecken detektieren.“ Die Sensoren können dabei nicht nur Öl und andere Verschmutzungen im Meer ausmachen, sondern auch die Ausdehnung des Schadens messen.

Nord- und Ostsee stehen außerdem im Fokus der Überwachungsflüge der Bundespolizei. Satellitenaufklärung, automatisierte Schiffsidentifizierungssysteme oder Driftmodelle sind einige der auch von der EMSA eingesetzten Methoden, um die EU-Meere zu überwachen. Dort sank die Zahl der jährlich registrierten Ölverschmutzungen zwischen 2008 und 2013 von knapp elf auf vier Vorfälle pro 1000 Quadratkilometer.

Der Leiter des Havariekommandos, Hans-Werner Monsees, äußerte sich am gestrigen Donnerstag in Nordholz ebenfalls zum Erfolg der gemeinsamen Mission: „Bei steigender Anzahl der Flugstunden ist die Zahl der gefundenen Verschmutzungen gesunken. Während zu Beginn der luftgestützten Seeraumüberwachung öfter als bei jedem zweiten Flug eine Verschmutzung entdeckt wurde, sind es heute weniger als zwei pro Woche.“

Text-Hinweis: Für unseren Artikel nutzten wir unter anderem einen Beitrag der Zeitschrift mare für die Themenseite „Wissenschaftsjahr 2016*17: Meere und Ozeane“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Internet. Unter der Rubrik „Das Blaue Telefon“ befasst sich dieser Onlinebeitrag mit der Frage „Wie ist es um die Tankreinigung auf See bestellt?“


Zu unserer Bildsequenz:
1. Die Do 228-212 bei ihrer täglichen Arbeit im deutschen Küstenvorfeld.
(Foto: Havariekommando)

2. Beim Festakt in Nordholz (von links): Hans-Werner Monsees (Leiter Havariekommando), Enak Ferlemann (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur), Kapitän zur See Matthias Michael Potthoff (Kommandeur Marinefliegerkommando) und Fregattenkapitän Jörg Matthée (Kommodore Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“).
(Foto: Maylin Wied/Bundeswehr)

3. Unsere Infografik zeigt die Entwicklung der Flugstundenzahl bei der luftgestützten Seeraumüberwachung sowie den Rückgang der entdeckten Verschmutzungen in Nord- und Ostsee in den Jahren 1986 bis 2015. Das Hintergrundbild, aufgenommen am 17. August 2013, zeigt eine der beiden Do 228-212 (auch bezeichnet als Do 228 LM), die von Piloten des Marinefliegergeschwaders 3 geflogen werden.
(Foto: SAS~Storebror, Infografik © mediakompakt 08.16)

Kleines Beitragsbild: Die offizielle Übergabe des Auftrags „Pollution Control“ (Überwachungsflüge im Rahmen des Umweltschutzes) an das Marinefliegergeschwader 3 erfolgte im Jahr 1991. Die Aufnahme zeigt eine der beiden Dornier-Maschinen des Havariekommandos Cuxhaven, die in Nordholz stationiert ist und von Besatzungen des Geschwaders geflogen werden, bei einem Überwachungseinsatz.
(Foto: Havariekommando)


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