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Frankfurt am Main. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – in schwerem Stein gehauen erinnert an der Fassade des Gebäudes C des Frankfurter Landgerichts dieser Satz an das elementarste Gut unserer Verfassung. Es ist der erste Satz des ersten Artikels des deutschen Grundgesetzes, den der damalige Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer am Haus an der Konrad-Adenauer-Straße hat anbringen lassen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – vielleicht hat dieses universelle Postulat am Schluss auch einen ehemaligen Zeitsoldaten der Bundeswehr ergriffen, der sich jetzt vor der Staatsschutzkammer des Landgerichtes Frankfurt verantworten muss. Er hatte über einen Zeitraum von zwei Monaten im Internet für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) geworben. Zweifel seien ihm erst gekommen, so gestand der Ex-Soldat am heutigen Donnerstag im Gerichtssaal, als seine „IS-Freunde“ die Verbrennung eines jordanischen Piloten bei lebendigem Leibe verherrlicht hätten.

Der Prozesstag im Landgericht begann mit einem Geständnis des Angeklagten. Der 33 Jahre alte Mann gab zu, sich von Islamisten habe anwerben lassen, nachdem seine Ehe „in eine Schieflage“ geraten sei. Gut zwei Monate lang habe er dann, so der frühere Zeitsoldat, über den Kurznachrichtendienst Twitter unter anderem Fotos und Videos grausamer IS-Hinrichtungen – beispielsweise von Homosexuellen – öffentlich gemacht.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft wirft dem aktiven IS-Sympathisanten einen Verstoß gegen das Betätigungsverbot des Vereinsgesetzes sowie die Billigung schwerer Verbrechen vor.

Dschihadisten-Video vom grausamen Feuertod eines Menschen

Vor Gericht räumte der ehemalige Bundeswehrangehörige ein, in die „total falschen Kreise“ gekommen zu sein. Pressevertreter, die den Prozessauftakt miterlebt hatten, zitierten den selbstkritischen Angeklagten mit den Worten: „Ich bin ein charakterschwacher Mensch. Wenn man mich lobt, bin ich schnell zu kriegen.“

Zur Besinnung will der 33-Jährige erst gekommen sein, als seine „IS-Freunde“ einen Film verherrlicht hätten, in dem die Verbrennung eines jordanischen Piloten bei lebendigem Leibe gezeigt worden sei.

Offenbar handelte es sich bei dem Video der Dschihadisten um das perverse Dokument der grausamen Ermordung des jordanischen Piloten Muaz al-Kasaesbeh. Der 26 Jahre alte Oberleutnant war am Heiligabend 2014 über Ostsyrien bei einem Kampfeinsatz der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz mit seiner F-16 abgestürzt und von den Fanatikern gefangen genommen worden. Das Video veröffentlichte der IS am 3. Februar 2015, parallel dazu tauchten in den sozialen Netzwerken Fotos der Gräueltat auf. Zu sehen war, wie der Jordanier bei vollem Bewusstsein in einem Eisenkäfig verbrennt, nachdem die Mörder seine Kleidung mit Benzin übergossen hatten. Das jordanische Staatsfernsehen berichtete später, al-Kasaesbeh sei bereits am 3. Januar 2015 getötet worden.

Ein Anwalt der Menschenwürde in der Adenauer-Ära, ein zeitloses Vorbild heute

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Der Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, ein großer Sohn der Stadt Frankfurt am Main, war wie kaum ein anderer Jurist in den bundesrepublikanischen Nachkriegsjahren ein entschlossener und mutiger Nazijäger. Er informierte die israelischen Behörden über den Aufenthaltsort des Schreibtischtäters Adolf Eichmann in Argentinien, der die Transporte in die deutschen Vernichtungslager organisiert hatte. Seiner Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass durch den Frankfurter Auschwitzprozess (von Dezember 1963 bis August 1965) die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der Bundesrepublik Deutschland erstmals eine öffentliche Dimension erlangen konnte. Bauer, der in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1968 starb, hat uns auch diese Mahnung hinterlassen: „Gesetze sind nicht auf Papier geschrieben, sondern auf empfindlicher Menschenhaut.“

Die Staatsschutzkammer am Frankfurter Landgericht hat noch zwei weitere Verhandlungstage für den Prozess gegen den reuigen Terrorunterstützer vorgesehen.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Artikel 1 (1) Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Den ersten Satz ließ Hessens damaliger Generalstaatsanwalt Fritz Bauer in den 1960er-Jahren an der Fassade des Landgerichtsgebäudes C in Frankfurt am Main anbringen.
(Foto: Dontworry/Wikipedia/unter Lizenz CC BY-SA 3.0; vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de)

2. Der jordanische Oberleutnant Muaz al-Kasaesbeh wurde im Januar 2015 grausam von der Terrormiliz des sogenannten „Islamischen Staates“ hingerichtet. Das danach von den Dschihadisten verbreitete Video der Gräueltat und die Reaktionen seiner „IS-Freunde“ darauf sollen dem Frankfurter Angeklagten offenbar die Augen geöffnet haben. So zumindest behauptete es der ehemalige Zeitsoldat der Bundeswehr vor Gericht. Das Standbild aus dem IS-Video zeigt den 26 Jahre alten Luftwaffenoffizier aus Jordanien kurz vor seinem Tod.
(Videostandbild: Quelle IS/NTD)

Kleines Beitragsbild: Der Prozess gegen den früheren Bundeswehrangehörigen findet im Dienstgebäude E des Frankfurter Landgerichtes statt. Hier hat die Kammer für Staatsschutz ihren Sitz.
(Foto: Genealogist/Wikipedia/unter Lizenz CC0 1.0; vollständiger Lizenztext: https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de)


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