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Berlin. Die deutsche Luftwaffe rechnet damit, dass sie etwa Ende 2018 ihren ersten rundum geschützten und somit ohne Einschränkung einsetzbaren Militärtransporter A400M übernehmen kann. „Ende 2018 – nach jetzigem Stand“, so am heutigen Montag (17. Oktober) ein Sprecher des Presse- und Informationszentrums der Teilstreitkraft auf Nachfrage des bundeswehr-journal. Ende kommenden Monats soll von Airbus bereits die erste Maschine mit einem Selbstschutzsystem „light“ (mit der Bezeichnung Defensive Aids Sub-System, DASS) ausgeliefert werden. Dieses System werde man dann zunächst im Rahmen der Einsatzprüfung ausgiebig testen, hieß es dazu im Verteidigungsministerium. Das Selbstschutzsystem für diesen sechsten A400M der Luftwaffe – fünf Maschinen sind schon seit Dezember 2014 an Deutschland ohne Selbstschutz ausgeliefert worden – soll dann „schrittweise weiterentwickelt“ werden, so eine Ministeriumssprecherin.

Bei dem eigentlichen Airbus-Selbstschutz, der erst später in die taktischen A400M der Luftwaffe integriert werden soll, handelt es sich um ein laserbasiertes System (Directed Infrared Counter Measure, DIRCM). Es schützt Flugzeuge vor allem vor Lenkflugkörpern mit Infrarot-Suchköpfen. Solche Flugkörper werden auch von tragbaren Flugabwehrsystemen verschossen und stellen gerade in der Start- und Landephase eine große Bedrohung dar.

Das DIRCM-System arbeitet in Verbindung mit einem Flugkörperwarner und stört mittels Laserstrahlung den Suchkopf des anfliegenden Geschosses. Der gesamte Abwehrvorgang erfolgt in kürzester Zeit und in sicherer Entfernung von der zu schützenden Plattform. Mit zwei bis drei DIRCM-Richteinheiten lassen sich auch große Flugzeuge hemisphärisch schützen.

MUSIC-Systeme von Elbit haben sich bereits in Israel bewährt

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beauftragte Mitte Oktober 2014 das Unternehmen Diehl Defence mit dem Aufbau eines Laserschutzsystems zur Abwehr von Lenkflugkörpern.

Die Risikominimierungsstudie „DIRCM für A400M“, mit der das Bundesamt Diehl betraute, sieht heute in einer engen Kooperation mit dem israelischen Industriepartner Elbit Systems vor, drei Systemeinheiten vom Typ J-MUSIC (MUSIC: Multi-Spectral Infrared Countermeasure) von Elbit zu einem Gesamtsystem zu vernetzen, um so einen kompletten 360-Grad-Rundumschutz für die deutschen Militärtransporter A400M zu gewährleisten. MUSIC-Geräte sind in Israel bereits seit längerer Zeit für den Einsatz in Flugzeugen zugelassen.

Ursprünglich ein deutsch-französisches Beschaffungsprojekt

Um das Selbstschutzsystem für die deutschen A400M-Transporter hatte es zuvor ein jahrelanges Tauziehen gegeben. Blicken wir einmal kurz zurück …

Vor gut zwölf Jahren, am 13. Mai 2004, vereinbarten die Firmen Diehl, Airbus (damals EADS) und Thales eine enge Zusammenarbeit bei der Entwicklung optronischer Gegenmaßnahmen gegen Lenkflugkörper. Auf der damaligen Berliner ILA teilten die Kooperationspartner mit, dass sie bereits ein FLASH-Demonstrationssystem entwickelt hätten, welches auf der DIRCM-Technologie gerichteter Infrarotstrahlen basiere. Verschiedene seit 2003 durchgeführte Testeinsätze hätten bereits die „Effektivität unter Beweis gestellt“, hieß es damals.

Die französische Beschaffungsbehörde DGA (Direction Gènèrale pour l’Armement) und das damalige BWB (Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung; heute BAAINBw) schlossen Verträge über das Demonstrationssystem mit den drei Unternehmen.

Diehl erklärte 2004 in einer Pressemitteilung technische Details des Wehrtechnikprojekts: „FLASH wurde zur Überwindung der Grenzen von Chaff-/Flare-Dispenser-Systemen – insbesondere gegen die neueste Generation tragbarer Luftabwehrsysteme (Manpads), die eine zunehmende Bedrohung für Großraumflugzeuge und Hubschrauber darstellen – entwickelt. Es handelt sich dabei um ein Closed-loop-System, das Laserstrahlen mit höchster Präzision aussendet, um alle Arten von Suchköpfen zu ,blenden‘ und die aufgespürten Raketen schnell zu zerstören.“

Das FLASH-Programm sei „in erster Linie für das europäische Transportflugzeug A400M konzipiert“ worden, so Diehl. Es werde „den Weg für die Entwicklung einer breiten Palette an Selbstschutzprodukten und -systemen für andere Flugzeugtypen ebnen“. Wie wir heute wissen, hat die Entwicklung nach dieser vollmundigen Ankündigung der FLASH-Kooperationspartner schließlich doch einen anderen Verlauf genommen. Inzwischen arbeitet Elbit Systems eng mit dem deutschen Auftragnehmer zusammen.

Selbstschutzsysteme auch für Kampf- und Transporthubschrauber

Diehl Defence und Elbit Systems haben erst vor Kurzem ihre Kooperation bei Schutzsystemen für Luftfahrzeuge erweitert. Und – da offenbar ein gutes Geschäftspflaster: Wieder fand der Vertragsschluss bei der ILA in Berlin statt.

Hier unterzeichneten am 1. Juni dieses Jahres die beiden Unternehmen eine Zusatzvereinbarung, die ihre bisherige Kooperation beim A400M nun auf Selbstschutzsysteme für Kampfhubschrauber und Militärtransporthubschrauber ausweitet.

In einer Presseerklärung heißt es dazu: „Die Zusammenarbeit von Diehl und Elbit bietet der Bundeswehr die kurzfristige Realisierung von Schutzsystemen nicht nur für den Airbus A400M, sondern auch für den Airbus A330 Multi-Role-Tanker sowie für den Seeaufklärer Lockheed P-3C Orion. Erweitert wird die Kooperation bei der MUSIC-Familie nunmehr mit dem kompakten Mini-MUSIC, das mit vier IR-Sensoren und einem Hochfrequenzlaser speziell auf den Markt der Kampfhubschrauber und Militärtransporthubschrauber abzielt.“


Zu unserer Bildsequenz:
1. Computerdarstellung eines Airbus A400M der deutschen Luftwaffe mit 360-Grad-Selbstschutz, der einen anfliegenden Lenkflugkörper ausgemacht hat.
(Bild: Diehl Defence)

2. Am 20. Mai 2014 hatten Vertreter von Diehl Defence und Elbit Systems im Rahmen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin einen Vertrag zur Ausrüstung der deutschen Airbus A400M mit einem Selbstschutzsystem unterzeichnet. Von links: Sari Schanan und Ronen Cohen von Elbit sowie Helmut Rauch und Andreas von Mirbach, Diehl.
(Foto: Marcus Schäfer/Diehl Defence)

3. und 4. MUSIC-System von Elbit in einer Boeing 737 der israelischen Fluggesellschaft El Al (MUSIC: Multi-Spectral Infrared Countermeasure; die Aufnahme zeigt ein System mit der Herstellerbezeichnung C-MUSIC).
(Fotos: Elbit Systems Ltd.)

 


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