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Bonn. Der Bundesrechnungshof hat die „mangelhafte Erlös- und Kostenverteilung bei der privatärztlichen Behandlung in Bundeswehrkrankenhäusern“ kritisiert. In ihren Bemerkungen zum Bundeshaushalt für das Jahr 2016 monieren die Rechnungsprüfer vor allem, dass die gesetzlichen Grenzen des Zusatzverdienstes nicht eingehalten würden. Viele Fachärzte an den Bundeswehrkrankenhäusern dürfen Privatpatienten auf eigene Rechnung behandeln. In den Jahren 2012 bis 2014 beliefen sich ihre Honorarforderungen auf rund 66 Millionen Euro. Der Bundesrechnungshof rügt, dass das Verteidigungsministerium seine Regelungen zur privatärztlichen Behandlung an den Kliniken der Bundeswehr seit 20 Jahren nicht mehr überarbeitet hat. Es sei nicht sichergestellt, dass Erlöse und Kosten zwischen dem Bund und den Ärzten „sachgerecht verteilt“ würden, so der Vorwurf.

Die Bundeswehr genehmigt Sanitätsoffizieren auf Antrag, als Nebentätigkeit Privatpatienten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu behandeln. In den Jahren 2012 bis 2014 gab es in den fünf Bundeswehrkrankenhäusern – in Berlin, Hamburg, Koblenz (Bundeswehrzentralkrankenhaus), Ulm und Westerstede (Kooperation mit der Ammerlandklinik) – durchschnittlich 194 dazu berechtigte Mediziner. Von den 66 Millionen Euro, die in diesem Zeitraum für privatärztliche Leistungen erhoben worden waren, entfielen nach Angaben des Bundesrechnungshofes etwa 37 Millionen Euro auf die ambulante Behandlung von Privatpatienten.

Die Bundeswehr erlaubt diese Nebentätigkeit, um für den Beruf des Sanitätsoffiziers qualifiziertes medizinisches Personal gewinnen und binden zu können. Allerdings darf die Nebentätigkeit dienstliche Interessen der Truppe nicht beeinträchtigen. Deshalb sind gesetzliche Grenzen gesetzt, etwa bei der Höhe des Zusatzverdienstes. Zudem müssen die Fachärzte die Kosten für die von ihnen genutzten Einrichtungen des Krankenhauses erstatten.

Regelungen entsprechen längst nicht mehr den veränderten Kostenstrukturen

Die Regelungen der Bundeswehr zur privatärztlichen Behandlung seien seit 20 Jahren unverändert, kritisiert die Bundesbehörde. Sie würden den Kostenstrukturen der heutigen hoch technisierten Medizin nicht mehr gerecht. Vor allem werde nicht geprüft, ob die Fachärzte die gesetzlichen Grenzen ihrer Nebentätigkeit einhielten.

Die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes erlauben auch einen Blick auf die gängige Praxis. So habe in einem Bundeswehrkrankenhaus mehr als die Hälfte der zur Privatpatientenbehandlung berechtigen Mediziner die Obergrenze für ihren Zusatzverdienst überschritten. In der Spitze sei dieser Zusatzverdienst mehr als doppelt so hoch gewesen, wie das „normale“ Jahresgehalt. NachgeordneteÄrzte, die bei der privatärztlichen Behandlung unterstützt hätten, seien an den Zusatzverdiensten mitunter nicht oder nur geringfügig beteiligt worden.

Ein Bundeswehrapotheker habe bei der Herstellung von Arzneimitteln für Privatpatienten hohe Gewinne für sich erzielt, indem er die benötigten Wirkstoffe zum Großkundenpreis der Streitkräfte eingekauft habe. Der Bundesrechnungshof: „Das BMVg kannte diese unbefriedigende Abrechnungspraxis seit Jahren.“

Bundesrechnungshof drängt auf bessere Kontrollmöglichkeiten

Die Bundesbehörde empfiehlt nun dem Verteidigungsministerium, die Regelungen für die berechtigen Ärzte (Liquidationsberechtigte) zu überarbeiten. Regelungsbedarf wird insbesondere für die Fälle gesehen, in denen die Obergrenzen für den Zusatzverdienst oder den zeitlichen Aufwand überschritten werden. Der Bundesrechnungshof hält bessere Kontrollmöglichkeiten – etwa die elektronische Erfassung aller Privatpatienten im Krankenhausinformationssystem – für notwendig.

In den Bemerkungen heißt es abschließend: „Die Bundeswehr sollte die seit Langem geplante Kosten- und Leistungsrechnung zügig einführen, damit Liquidationsberechtige bei Nutzung von Krankenhauseinrichtungen die tatsächlichen Kosten erstatten. Das BMVg sollte außerdem dafür sorgen, dass Liquidationsberechtigte unterstützendes Personal angemessen vergüten. Weiterhin sollte es verhindern, dass Bundeswehrapotheker in ihrer Nebentätigkeit von den der Bundeswehr eingeräumten niedrigen Einkaufspreisen profitieren.“

Das Verteidigungsministerium teilte mit, dass derzeit eine Arbeitsgruppe den Änderungsbedarf ermittele und dabei die Vorschläge des Bundesrechnungshofes mit einbeziehe.


Unsere Symbolfotos mit dem Informationsmaterial über das Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz sollen stellvertretend den gesamten Bereich der fünf vom Bundesrechnungshof angesprochenen deutschen Militärkrankenhäuser illustrieren. Es soll damit keinesfalls impliziert werden, dass sich die Kritik des Bundesrechnungshofes nur gegen Fachärzte des Koblenzer Klinikums richtet.
(Fotos: mediakompakt)


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