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Ottobrunn/Tarbes (Frankreich). Es war nur eine Minimeldung, die am heutigen Dienstag (12. Juli) von Airbus Defence and Space für die Fachpresse herausgegeben wurde. Kennt man aber den Hintergrund dazu, dann haben auch diese fünf Zeilen Gewicht. Wie die Division der Airbus Group mitteilte, finden derzeit in Südfrankreich Testflüge des Militärtransporters A400M statt, bei denen Fallschirmspringer abgesetzt werden. Auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches …

In dem Pressetext spricht das Unternehmen von „intensiven Testsprüngen“ aus dem neuen Transportflugzeug. Zuletzt seien in Tarbes in der Region Midi-Pyrénées 30 Fallschirmjäger auf einmal aus dem A400M über dem dortigen Übungsgebiet für Luftlandetruppen abgesetzt worden.

Airbus Defence and Space kündigt an, dass man mit weiteren Testflügen schrittweise so lange fortfahren will, bis bei einem Flug des A400M Atlas 40 und mehr Soldaten im Zielgebiet abspringen können. Danach sollen weitere Testflüge mit dieser Truppenanzahl erfolgen. Das Unternehmen lässt in seinem Pressetext schließlich anklingen, dass eine Zertifizierung der Schlüsselfähigkeit „Absetzen von Personal und Ladung aus der Luft“ jetzt „unmittelbar“ zu erwarten sei.

Führt aerodynamische Auslegung der Maschine zu Vereisung und Turbulenzen?

Erst vor wenigen Tagen, am 9. Juli, hatte Spiegel online von neuen gravierenden Problemen beim A400M berichtet. Bei Testflügen seien „Vereisungen am Äußeren der Laderampe sowie im hinteren Teil des Frachtraums“ entdeckt worden. Im Innenraum des Transporters würden Temperaturen von bis zu minus zehn Grad Celsius gemessen, so das Magazin. Dies könne in Verbindung stehen mit starken „Verwirbelungen“, die als Folge der „besonderen Aerodynamik“ des A400M auftreten. In seinem Bericht beruft sich der Spiegel auf eine „vertrauliche Präsentation des Herstellers Airbus“, die man habe einsehen können.

Die „neu entdeckten“ Verwirbelungen könnten nun auch dazu führen, dass Fallschirmspringer nach dem Verlassen der Maschine unterhalb des Hecks mit anderen Springern zusammenstießen. Der Spiegel will erfahren haben, dass deswegen momentan eine „besondere Absprungvorrichtung“ erprobt wird.

Schlauchsystem für Hubschrauber-Luftbetankung muss überarbeitet werden

Wegen des „Wirbelproblems“ können offenbar derzeit auch keine Hubschrauber-Luftbetankungen durch den A400M durchgeführt werden. Die Redaktion des Fachmagazins FLUG REVUE hatte das Problem bereits am 21. Juni beschrieben. Demnach hätten Flugversuche mit dem Hubschrauber Caracal gezeigt, dass die Turbulenzen hinter dem Flügel der Transportmaschine zu groß und der Abstand zum T-Leitwerk für einen sicheren Betrieb zu gering seien. Um doch noch Hubschrauber betanken zu können, soll der Airbus A400M ein geändertes Schlauchsystem bekommen.

Mittlerweile hätten „umfangreiche Computersimulationen und Windkanalversuche“ stattgefunden, berichtete die FLUG REVUE abschließend.

Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters vom 9. Juli verneint Airbus „einen Zusammenhang zwischen niedrigen Temperaturen im Frachtraum und Verwirbelungen“ im Heckbereich des A400M. Eine Sprecherin des Unternehmens habe versichert, einen derartigen Zusammenhang gebe es nicht. Sie habe jedoch eingeräumt, so die Agentur, dass an beiden Problemen gearbeitet werde.

Konzipiert für bis zu 116 komplett ausgerüstete Fallschirmspringer

Der Hersteller bezeichnet den Militärtransporter übrigens als „das perfekte Flugzeug für Absetzmissionen“. In einem Unternehmenstext vom Januar 2014 über das „Multifunktionsflugzeug A400M“ heißt es, mit dem Absetzflugzeug könnten „bis zu 116 komplett ausgerüstete Fallschirmspringer“ transportiert werden.

Über das Sprungverfahren lesen wir: Der A400M ermöglicht „den gleichzeitigen Absprung von jeweils zwei Fallschirmspringern entweder über die Laderampe oder durch die beiden seitlichen Ausstiege. […] Die Möglichkeit zu simultanen Sprüngen wird durch die einzigartige Aerodynamik des Airbus A400M gewährleistet. Dies verringert Turbulenzen und verhindert, dass die Springer hinter dem Flugzeugheck miteinander kollidieren, wenn sie zeitgleich abspringen.“

Beim Ausstieg durch die seitlichen Türen sollen ausfahrbare Luftleitbleche die Fallschirmspringer gegen die Luftströmung schützen. Der Airbus-Text erläutert die Konstruktion: „Sogenannte Stabilisierungsschwimmer – aerodynamische Fahrwerksschachtverkleidungen, deren Oberseite eine Trittfläche für den Absprung bildet – sorgen dafür, dass die Springer das Flugzeug sicher verlassen können. Außerdem sind die Stabilisierungsschwimmer nach hinten verlängert, um die Luftturbulenzen hinter dem Flugzeugheck abzuschwächen und sicherzustellen, dass die daraus entstehende Luftströmung die Springer auseinanderhält.“

Man darf gespannt sein, wie lange Airbus tatsächlich brauchen wird, um die Diskrepanz zwischen Wunsch („der neue A400M setzt neue Maßstäbe bei Absetzmissionen“) und Wirklichkeit zu überwinden.


Zu den beiden Aufnahmen:
1. A400M beim Absetzen von Frachtgut.
(Foto: Pascal Pigeyre/Airbus Group)

2. Erfolgreiche Absetzmission mit 30 Fallschirmspringern über dem Übungsgebiet im südfranzösischen Tarbes. Am Himmel der A400M, der sich entfernt.
(Foto: DGA)


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