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Berlin. Die Neuausrichtung der Bundeswehr inmitten einer sich verändernden sicherheitspolitischen Weltlage – dies führt zu mehr und mehr Fragen, von denen ein Teil wohl niemals zufriedenstellend oder so ganz gelöst werden kann. Aber (fast) immer geht es dabei um den oder die „Menschen im Mittelpunkt“. Ein Slogan, den nicht nur der Dienstherr immer wieder zu gerne bemüht, sondern – wenn auch in modifizierter Form – die Interessenvertretungen der Bundeswehrangehörigen. Der „Mensch im Mittelpunkt“ war denn auch der übergeordnete Gedanke eines Parlamentarischen Abends im vergangenen Monat in Berlin. Der offizielle Anlass dieses Termins am 15. Juni lautete: „Bundeswehrverwaltung und Streitkräfte – 60 Jahre Bundeswehr“. Eingeladen dazu hatten drei Fachverbände. Zu den zahlreichen prominenten und hochrangigen Gästen aus Politik, öffentlichem Leben und Bundeswehr zählten an diesem Montag unter anderem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Wehrbeauftrager Hans-Peter Bartels sowie der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD).

Gastgeber der Veranstaltung in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft am Berliner Friedrich-Ebert-Platz waren die drei Interessenvertretungen der Soldaten, Beamten und Arbeitnehmer der Bundeswehr VBB, VAB und VSB. Hinter den Kürzeln verbergen sich der Verband der Beamten der Bundeswehr e.V. (VBB), der Verband der Arbeitnehmer der Bundeswehr e.V. (VAB) und der Verband der Soldaten der Bundeswehr e.V. (VSB).

VBB und VAB sind Fachverbände im DBB Beamtenbund und Tarifunion (früher Deutscher Beamtenbund), einem Dachverband von Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors mit 43 Mitgliedsgewerkschaften. Der DBB, der seinen Sitz in der Bundeshauptstadt hat, ist mit etwa 1,28 Millionen Mitgliedern nach dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) der zweitgrößte gewerkschaftliche Dachverband in Deutschland.

Ehe wir kurz auf den Parlamentarischen Abend der drei Fachverbände, die auch im gewerkschaftlichen Alltag eng zusammenarbeiten, zurückblicken, kurz noch ein Schwenk ins Parlament …

Beteiligungs- und Zutrittsrechte in der Bundeswehr gesetzlich geregelt

Hier hatte Bundestagsabgeordneter Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) vor Kurzem die Bundesregierung gefragt, welche Verbände zur Vertretung von Interessen der Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr dem Bundesministerium der Verteidigung bekannt sind. Wissen wollte der Verteidigungsexperte der Grünen auch, durch welche Maßgaben es sichergestellt werde, dass sich diese „gleichberechtigt den Bundeswehrangehörigen vorstellen und ihre Funktion als Interessenvertretung für Soldatinnen und Soldaten ausführen“ können?

Lindner, Obmann der Grünen-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss und Mitglied des Verteidigungsausschusses, erhielt aus dem Verteidigungsministerium am 6. Juli folgende Antwort: „Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung sind derzeit der Deutsche Bundeswehr-Verband, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft sowie die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen als soldatische Interessenvertretungen vollumfänglich anerkannt.“

Weiter heißt es in der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin der Verteidigung, Markus Grübel: „Die gesetzlich geregelten Beteiligungs- und Zutrittsrechte der anerkannten Interessenvertretungen sind in der Bundeswehr bis auf Ortsebene verinnerlicht und seit Langem fester Bestandteil von Lehrgängen für militärische wie auch zivile Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter beziehungsweise Führungskräfte.“ Die Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen gestalte sich dementsprechend unproblematisch.

Dies betreffe auch die Zusammenarbeit mit dem noch jungen, im Aufbau befindlichen Verband der Soldaten der Bundeswehr (VSB), zu „dessen Verbandsqualität gegenwärtig nur eingeschränkte Erkenntnisse vorliegen“, so Staatssekretär Grübel.

Im verbandspolitischen Fokus ausschließlich die Statusgruppe der Soldaten

Der VSB, der als eingetragener Verein seinen Sitz in Bonn und eine Bundesgeschäftsstelle in Köln hat, entwickelte sich im März 2011 aus der Interessengruppierung „Vereinigte freie Liste“, die sich als Alternative zu den etablierten Interessenvertretungen für Bundeswehrsoldaten verstand. Die Eintragung in das Vereinsregister als „Verband der Soldaten der Bundeswehr“ erfolgte im Februar 2012.

Am 18. Juni 2012 einigten sich der VSB und der Verband der Beamten der Bundeswehr, der VBB, im Rahmen eines Kooperationsvertrages auf eine enge Zusammenarbeit. Die Begründung des VSB: „Die Vereinbarung wurde vor dem Hintergrund geschlossen, dass bei ständig knappen Kassen der öffentlichen Hand und der damit einhergehenden fortwährenden Reduzierung des Personals in allen öffentlichen Bereichen, eine erfolgversprechende Vertretung der Interessen ihrer Mitgliederinnen und Mitglieder nur in enger Zusammenarbeit und Verzahnung mit anderen verbandspolitischen oder gewerkschaftlichen Vertretungen des öffentlichen Dienstes möglich ist.“

Der VSB nimmt für sich heute das Alleinstellungsmerkmal in Anspruch, die einzige Interessenvertretung in den deutschen Streitkräften zu sein, die sich ausschließlich für die Statusgruppe der Soldaten einsetzt. Zu seinen Hauptforderungen zählen unter anderem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf beziehungsweise Dienst für alle Bundeswehrangehörigen sowie eine Reform der bisher getroffenen Maßnahmen zur Durchlässigkeit der Laufbahnen. Derzeitiger Bundesvorsitzender der „jungen Interessenvertretung für aktive und ehemalige Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“ (so die Eigendarstellung) ist Oberstleutnant i.G. Ulrich Timmermann.

Spekulationen um den Organisationsgrad des VSB

Dass „alte“ (besser „alteingesessene“) gewerkschaftlich orientierte Verbände wie der Deutsche Bundeswehr-Verband den VSB nicht unbedingt mit offenen Armen begrüßten, überrascht kaum.

Der am 14. Juli 1956 in Munster gegründete Bundeswehr-Verband beispielsweise ätzte in seinen „Personalratsinformationen 5/2014“, einem regelmäßig erscheinenden Informationsdienst für die Mitglieder in den Personalräten: „Bisher schwieg sich der vom VBB mit Beamtengeld finanzierte ,Verband der Soldaten der Bundeswehr‘ (VSB) eisern über seine Mitgliedszahlen aus und ließ sich allenfalls zu der flauschigen Angabe ,zwischen 1 und 999‘ hinreißen. Inzwischen kooperiert er mit der kommerziellen Onlineplattform ,www.bw-k.de‘, die diverse Rabattangebote für Soldaten bewirbt. Dort richteten die Kooperationspartner eine ,Gruppe VSB‘ ein, für die ,bw-k‘ die Zahl der VSB-Mitglieder mit 175 (Stand 20. Mai 2014) angibt. Daraus ergäbe sich dann für die Bundeswehr ein Organisationsgrad von 1,0 Promille – da wird sich die politische Leitung BMVg ziemlich in Acht nehmen müssen.“

Bundeswehr und Bundeswehrverwaltung – Gemeinsamkeit und Vielfalt

Nun, zumindest Berührängste hatte die politische Leitung des Ministeriums am 15. Juni nicht. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die an diesem Abend zunächst über die aktuellen Herausforderungen für die Bundeswehr gesprochen hatte, suchte später noch lange den persönlichen Gedankenaustausch mit den Verbandsvertretern von VBB, VAB und VSB und diskutierte mit ihnen beispielsweise über die sicherheitspolitischen Veränderungen, die Bundeswehrreform und über Fragen zur Personalpolitik.

Mit ihrer Bemerkung „Ohne die Bundeswehr keine Bundeswehrverwaltung und ohne die Bundeswehrverwaltung keine Bundeswehr“ hatte von der Leyen in ihrer Rede bei dieser Veranstaltung übrigens einmal mehr auf die Bedeutung der Artikel 87a und 87b des Grundgesetzes hingewiesen. Hier sind die Aufgaben der deutschen Streitkräfte und der Wehrverwaltung festgeschrieben. Dieses Verhältnis von Militär und Verwaltung lasse sich am besten mit der Devise „Gemeinsamkeit und Vielfalt“ charakterisieren, so die CDU-Politikerin.

Das gemeinsame offizielle Foto der Verteidigungsministerin mit den Bundesvorsitzenden der drei gastgebenden Verbände dieser Berliner Veranstaltung – Wolfram Kamm (VBB), Herbert Schug (VAB) und Ulrich Timmermann (VSB) – symbolisiert durchaus die bereits von Staatssekretär Grübel beschriebene „unproblematische Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen“.


Zu unserem Bildmaterial:
1. Parlamentarischer Abend am 15. Juni 2015 in Berlin. Von links: Herbert Schug (Bundesvorsitzender VAB), Oberstleutnant i.G. Ulrich Timmermann (Bundesvorsitzender VSB), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Wolfram Kamm (Bundesvorsitzender VBB).
(Foto: Friedhelm Windmüller)

2. und 3. Bilder von der 19. Hauptversammlung des Deutschen Bundeswehr-Verbandes im November 2013 in Berlin. Wir sehen Brigadegeneral Peter Braunstein bei einem Grußwort und Delegierte. Der Bundeswehr-Verband ist eine der „vollumfänglich anerkannten“ soldatischen Interessenvertretungen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung.
(Fotos: Deutscher Bundeswehr-Verband)

Kleines Beitragsbild: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen während ihrer Rede beim Parlamentarischen Abend von VBB, VAB und VSB am 15. Juni 2015 in Berlin.
(Foto: Friedhelm Windmüller)


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