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Berlin/Wunstorf. Die Bundeswehr sollte in diesem Jahr eigentlich fünf Transportmaschinen des Typs Airbus A400M Atlas erhalten. So war es vertraglich mit dem Hersteller Airbus vereinbart worden. Aber daraus wird offenbar nichts. Am 23. September präsentierte Spiegel online Informationen aus der 44. Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages, die an diesem Mittwoch stattgefunden hatte. Das Verteidigungsministerium habe bei dieser vertraulichen Sitzung eingeräumt, so das Magazin, dass „dieses Jahr vermutlich nur noch ein Modell des lang erwarteten A400M“ an die deutsche Luftwaffe ausgeliefert werden könne. Damit verzögert sich auch die etappenweise Ausphasung der Transall C-160. Wie das ARD-Hauptstadtstudio am 7. Oktober berichtete, soll inzwischen bereits ein Notflugplan für die alten Transall-Maschinen aufgestellt worden sein. Man habe Ersatzteile besorgt und Verträge mit dem Personal, das für diese Flieger geschult ist, verlängert. Zudem verzögere sich die Ausbildung des A400M-Personals.

Ursprünglich sollten die Transportflugzeuge A400M in Deutschland die Transall-Flotte ab 2016 nach und nach ablösen. Geplant war dazu zunächst die Beschaffung von 60 Airbus A400M. Nun ist allerdings vorgesehen, insgesamt nur noch 53 A400M abzunehmen, davon 40 in der Bundeswehr zu nutzen und 13 an andere Staaten zu verkaufen. Der anfängliche Beschaffungsvertrag wurde bereits durch eine Fülle wesentlicher Vertragsänderungen ergänzt (zum Stichtag 30. September 2014 waren es 87 Änderungen). Diese betrafen und betreffen vor allem die Reduzierung des Leistungsumfangs sowie die Veränderungen finanzieller und terminlicher Rahmendaten.

Erster und bislang einziger deutscher A400M kam vor gut einem Jahr

Die Auslieferung des ersten A400M an Deutschland war wegen eines monatelangen Programmstillstands vom September 2010 auf den November 2014 verschoben worden. Der Programmstillstand hatte zwei wesentliche Gründe: Zum einen hatten sich die Programmnationen nicht auf einheitliche Anforderungen einigen können, zum anderen hatten sich die Ressourcen für die Auftragsbearbeitung beim Auftragnehmer Airbus durch den parallelen Anstieg ziviler Luftfahrzeugprogramme verringert.

Erst am 18. Dezember 2014 erfolgte schließlich im Auslieferungszentrum des Herstellers Airbus Military S.L. im spanischen Sevilla die Eigentumsübertragung des ersten A400M Atlas an Deutschland. Am 19. Dezember landete die Maschine – geflogen von Oberstleutnant Christian Schott und Hauptmann Mirco Friese – in Wunstorf beim Lufttransportgeschwader (LTG) 62. Mehr A400M kam bislang nicht nach und ist vorerst auch nicht in Sicht.

Vertragliche Vereinbarungen wurden wieder nicht erfüllt

Am 11. September, knapp zwei Wochen vor der von Spiegel online erwähnten Sitzung des Verteidigungsausschusses, informierte der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, Markus Grübel, über aktuelle Entwicklungen aus dem Airbuskonzern. Tobias Lindner, Bundestagsabgeordneter und Verteidigungsexperte der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, hatte von der Bundesregierung wissen wollen: „Zu welchen Änderungen der Kosten- und Lieferplanung der für die Bundeswehr vorgesehenen A400M ist es seit Dezember 2014 gekommen?“

Wie Grübel mitteilte, habe die Airbus-Division Airbus Defence and Space (ADS) Mitte Januar dieses Jahres Verzögerungen in der Entwicklung und der Auslieferung des A400M angekündigt. Anfang März sei dann eine industrieinterne Planung zur Anpassung der Auslieferungszeiträume vorgelegt worden. Der Staatssekretär: „Diese sieht die Auslieferung von bis zu 18 Flugzeugen im Jahr 2015 und je 23 Flugzeugen ab dem Jahr 2016 vor. Die Auslieferung der deutschen Flugzeuge würde sich nach dieser Planung um durchschnittlich drei bis vier Monate verzögern.“

Der Geschäftsführer der ADS habe in einem Schreiben vom 30. Juni zudem die Auslieferung von insgesamt 15 Airbus A400M in diesem Jahr in Aussicht gestellt, berichtete Grübel weiter. Nach Aussage des im Mai von den Staatssekretären der A400M-Nationen installierten „Programme Monitoring Teams“ (PMT), das seine Bewertung ebenfalls am 30. Juni abgegeben hatte, sei die Auslieferung von 17 oder 18 Flugzeugen im Jahr 2015 kaum mehr erreichbar. Stattdessen erscheine nach Einschätzung des PMT die Auslieferung von 15 Flugzeugen – darunter zwei an den Exportkunden Malaysia – wohl eher realistisch, so Grübel in seiner Antwort auf die Lindner-Anfrage. Der Staatssekretär fasste zusammen: „Dies würde eine Auslieferung von lediglich zwei weiteren Flugzeugen – gegenüber fünf vertraglich vereinbarten Luftfahrzeugen – an Deutschland im Jahr 2015 bedeuten.“

Unglück von Sevilla hatte keine Auswirkungen auf Musterzulassung

Auf die Zusatzfrage Lindners, inwiefern der Absturz der Airbus-Maschine am 9. Mai dieses Jahres nahe Sevilla auch „Auswirkungen auf die Musterzulassung, Güteprüfung oder allgemein die Verfahren bei der Abnahme von A400M durch die Bundeswehr“ gehabt habe, erklärte der Vertreter des Verteidigungsministeriums: „Der Absturz eines zur Auslieferung an die Türkei vorgesehenen A400M […] hatte zu keinem Zeitpunkt Auswirkungen auf die Musterzulassung. Nach dem Absturz hat der Inspekteur der Luftwaffe aus Sicherheitsgründen und vorsorglich den A400M-Flugbetrieb vorübergehend ausgesetzt. Der Flugsicherheitsausschuss unter Leitung des ,Generals Flugsicherheit in der Bundeswehr‘ hat am 15. Juni 2015 zusätzliche Inspektionsmaßnahmen vor der Wiederaufnahme des Flugbetriebes empfohlen. Nach Abschluss dieser Maßnahmen wurde der Flugbetrieb am 14. Juli 2015 wieder aufgenommen und seitdem reibungslos durchgeführt.“

Wie Staatssekretär Grübel abschließend informierte, sei eine amtliche Güteprüfung im A400M-Vertrag nicht vereinbart. Die Qualitätssicherung erfolge gemäß den vertraglich vereinbarten Bestimmungen basierend auf zivilen Verfahren. Die Verfahren für die Abnahme von A400M durch die Bundeswehr seien aufgrund des Sevilla-Unglücks nicht geändert, jedoch in Folge der Umsetzung von Erfahrungen aller Nationen in der Abnahme ihrer Flugzeuge um weitere Kontrollen ergänzt worden.

„Guter Tag für die Bundeswehr, aber auch ein Tag der gemischten Gefühle“

Der erste Airbus A400M der deutschen Luftwaffe war am 19. Dezember vergangenen Jahres nach dem Überführungsflug aus Spanien auf dem Fliegerhorst Wunstorf beim LTG 62 gelandet. Wie die Presse süffisant anmerkte „mit dreijähriger Verspätung“.

Zur Übernahme der Maschine am Vortag in Sevilla bei Airbus Military S.L. hatte es in einer Sprechererklärung des Ministeriums geheißen: „Für die Bundeswehr ist entscheidend, den A400M in Deutschland zur Verfügung zu haben. Mit der Überführung […] kann die notwendige Ausbildung der Besatzungen beginnen. Es müssen aber noch viele weitere Schritte folgen. So ist wichtig, dass die Industrie ihre Zusagen und Zeitpläne einhält – etwa für zahlreiche noch ausstehende Nachbesserungsarbeiten, für die Fähigkeit, Personen und Lasten aus der Luft abzusetzen, aber auch für die termingerechte Lieferung der geschützten Version Anfang 2016.“

Als die Transportmaschine mit dem taktischen Kennzeichen „54+01“ an diesem Freitagnachmittag auf dem Rollfeld in Wunstorf aufsetzte, sah auch die Verteidigungsministerin zu. Der 19. Dezember 2014 sei „ein sehr guter Tag für die Bundeswehr, aber auch ein Tag der gemischten Gefühle“, verriet Ursula von der Leyen in ihrem Statement. „Wir freuen uns, dass der A400M da ist, aber wir wissen auch, dass wir noch nicht am Ziel sind und dass noch erhebliche Arbeit vor uns liegt.“ Euphorie hört sich anders an …

Ortstermin des Verteidigungsausschusses in Wunstorf

Aber lassen Sie uns unseren heutigen Beitrag mit drei guten Meldungen ausklingen. Am 28. September reisten die Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Bundestages mit der Transall nach Wunstorf zum LTG 62, um sich dort vor Ort über die Einführung des Airbus-Transporters, die Infrastruktur für die neue Flotte und den Lufttransport insgesamt zu informieren. Der erste und derzeit einzige A400M Atlas der Bundeswehr transportierte die Politiker am Spätnachmittag nach Ende ihrer 45. (auswärtigen) Ausschusssitzung sicher nach Berlin zurück.

Die gleiche Maschine hatte bereits Ende August erfolgreich einen Prüfflug absolviert, der sie nach Dakar (Senegal), Windhoek (Namibia), Daressalam (Tansania), Addis Abeba (Äthiopien) und schließlich Abu Dhabi (Hauptstadt des Emirats Abu Dhabi und der Vereinigten Arabischen Emirate) auf der Arabischen Halbinsel geführt hatte. Insgesamt hatten der deutsche A400M und seine Crew, zu der auch zusätzliche Spezialisten der Bundeswehr und Experten von Airbus gehörten, bei diesem Extremtest rund 23.000 Flugkilometer zurückgelegt.

Keine Verzögerungen bei der Auslieferung der A400M gibt es beim Miniaturmodelle-Hersteller Herpa. Das Unternehmen aus dem fränkischen Dietenhofen gab jetzt bekannt, dass der erste Atlas-Transporter im Maßstab 1:200 im Fachhandel zu haben ist. Das Metallmodell mit der Kennung „54+01“ aus der Kollektion WINGS soll etwa 80 Euro kosten. Hier wird wohl keine Preisexplosion zu beklagen sein …


Zu unserer Bildsequenz:
1. Testflug des deutschen Airbus A400M am 10. Dezember 2014 im Rahmen der Abnahme im spanischen Sevilla.
(Foto: Oliver Bender/Bundeswehr)

2. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 19. Dezember 2014 im niedersächsischen Wunstorf bei der Ankunft des ersten A400M für die deutsche Luftwaffe.
(Foto: Kai-Axel Döpke/Bundeswehr)

3. Für Sammler: Metallmodell des ersten deutschen Airbus A400M.
(Bild: Herpa)

Kleines Beitragsbild: Ankunft der ersten deutschen Atlas-Maschine am 19. Dezember 2014 beim Lufttransportgeschwader 62.
(Foto: Kai-Axel Döpke/Bundeswehr)


Kommentare

  1. günther angert | 17. Oktober 2015 um 19:37 Uhr

    War es nicht voreilig, die Ju 52 so vorschnell auszumustern?
    Immerhin bei diesen Liefertempo, wird der letzte A400M im Jahre 2066 ausgeliefert. Hoffentlich dann mit allen bestellten Fähigkeiten, rechtzeitig zur Eröffnung des Flughafens Berlin/Brandenburg.

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