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Rukla (Litauen)/Düsseldorf. Die Bundeswehr entsendet in diesem Jahr Kampfkompanien für jeweils drei Monate an die NATO-Ostflanke. Dies geschieht im Rahmen des sogenannten „Readiness Action Plan“ der Allianz, der im östlichen Bündnisgebiet eine Intensivierung der Übungsaktivitäten sowie rotierende Präsenzen vorsieht. Nach Informationen der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post sollen nun am heutigen Samstag (15. August) 150 deutsche Infanteristen für drei Monate in Lettland stationiert werden. Wie das Blatt weiter schreibt, nennt das Verteidigungsministerium dafür als offizielle Begründung „Ausbildungs- und Übungszwecke“.

Den Anfang dieser „rotierenden Präsenz“ machte von April bis Juli das mit Panzerfahrzeugen ausgerüstete Jägerbataillon 292 aus Donaueschingen. Eine verstärkte Jägerkompanie des Bataillons, das zur Deutsch-Französischen Brigade gehört, nahm mit 200 Mann im litauischen Rukla unter anderem an der NATO-Übung „Persistent Presence“ teil und stellte für zwölf Wochen die Rotationskräfte des ersten Kontingents. Mittlerweile sind die Soldaten mit ihren rund 100 Fahrzeugen – unter anderem GTK Boxer, Transportpanzer Fuchs und Waffenträger Wiesel – wieder in den Heimatstandort zurückgekehrt.

Im Oktober – so die Rheinische Post weiter – soll eine verstärkte deutsche Panzergrenadierkompanie für ein Vierteljahr nach Polen verlegen. Bis November dieses Jahres nehmen den Planungen der Bundeswehr zufolge insgesamt 4400 deutsche Soldaten an 17 NATO- und US-Manövern im östlichen Bündnisgebiet teil (siehe auch hier).

NATO-Aktionsplan will die östlichen Bündnispartner stärken

Durch das aggressive Vorgehen Russlands in der Ukrainekrise, das in der Annexion der Krim gipfelte, fühlen sich besonders die östlichen Mitgliedstaaten der NATO – die baltischen Länder, Polen und Rumänien – von Moskau bedroht. Die NATO hat deshalb auf ihrem letzten Gipfel im September 2014 in Wales beschlossen, diese Staaten mit dem „Readiness Action Plan“ zu stärken.

Teil des Aktionsplans ist eine entscheidende Verbesserung der Reaktion der schnellen Eingreiftruppe der NATO (NATO Response Force, NRF). Dazu wird eine streitkräftegemeinsame NRF-Einheit in höchster Bereitschaft (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF) aufgestellt. Diese „Speerspitze“ der schnellen Eingreiftruppe soll innerhalb weniger Tage verlegen können, um auf sicherheitspolitische Herausforderungen zu reagieren. Darüber hinaus gehören zum „Readiness Action Plan“ die Einrichtung von sechs ständigen logistischen Stützpunkten (NATO Force Integration Units, NFIU), eine Ausweitung von Militärmanövern der NATO in osteuropäischem Bündnisgebiet sowie die personelle Verstärkung des Stabes des deutsch-dänisch-polnischen Multinationalen Korps in Szczecin (Polen).

Teil des Maßnahmenpaketes ist auch die zeitlich begrenzte Aufstockung der Kampfflugzeuge zur Luftraumüberwachung über den baltischen Staaten von vier auf 16 Jets, wobei die NATO die Zahl ihrer Kampfjets für das Air Policing Baltikum von September an wieder reduzieren will. Dann sollen nur noch vier deutsche und vier ungarische Jets über Estland, Lettland und Litauen patrouillieren.

Deutschland und Polen intensivieren militärische Zusammenarbeit

Die Rheinische Post befasst sich in ihrem Beitrag auch mit der prinzipiellen deutsch-polnischen Entscheidung zur engeren militärischen Zusammenarbeit und ersten Details dazu. Die Bundeswehr habe bestätigt, so die Zeitung, dass das Panzergrenadierbataillon 411 aus Viereck (Mecklenburg-Vorpommern) Bestandteil des polnischen Heeres werden soll. Die 700 Soldaten mit 44 Schützenpanzern sollen bis 2021 komplett in die Streitkräfte Polens integriert werden. Im Gegenzug will man ein polnisches Panzerbataillon der Panzergrenadierbrigade 41 in Neubrandenburg unterstellen. Diesen Truppentausch hatten die beiden Länder bereits im vergangenen Jahr grundsätzlich miteinander vereinbart.

Helmut Michelis, sicherheitspolitischer Redakteur der Rheinischen Post, kommentierte vor Kurzem die Schwerpunktverlagerung der Bundeswehr an die NATO-Ostflanke, die zwar keine „Geheimsache“ sei, augenfälligerweise aber auch nicht aktiv kommuniziert werde. Dabei müsse die Bundesregierung doch keinerlei Angst vor Kritik haben, meint Michelis, der in seinem „zweiten Leben“ Oberst der Reserve ist.

Rotationsprinzip widerspricht nicht den getroffenen Vereinbarungen

„Die Bundesregierung setzt lediglich Beschlüsse der NATO zum besseren Schutz ihrer irritierten Mitglieder im Ostseeraum um – und das mit großem Augenmaß“, argumentiert Michelis. „So sorgt das jetzt eingeführte Rotationsprinzip dafür, dass der NATO-Russland-Vertrag nicht verletzt wird. Er verbietet nämlich eine feste Stationierung von NATO-Truppen in den östlichen Mitgliedsländern und setzt eine Obergrenze bei jeweils maximal 6000 Soldaten. Zeitgleich befinden sich jetzt nur wenige Hundert deutsche Soldaten für ein Vierteljahr vor Ort, dazu kommt etwa dieselbe Zahl an Amerikanern.“

Eine Bedrohung könne der Kreml daraus nicht ernsthaft ableiten, ist der Journalist überzeugt. Schließlich seien die russischen Truppen an der Westgrenze des riesigen Landes immer noch um ein Vielfaches überlegen. Der deutsche Beistand sei vor allem für die Polen und die Balten psychologisch wichtig. Ihre Angst vor einem russischen Angriff sei zwar „hoffentlich unbegründet“. Doch Moskau trage mit Drohungen und militärischer Aufrüstung viel dazu bei, diese zu schüren, gibt Michelis am Schluss seines Kommentars zu bedenken.


Die beiden Aufnahmen zeigen:
1. Angehörige des Jägerbataillons 292 aus Donaueschingen am 10. Juni 2010 beim multinationalen Training in Rukla, Litauen. Das Training war Teil der Großübung „Saber Strike 2015“, an der auf östlichem Bündnisgebiet insgesamt rund 6000 Soldaten aus 13 NATO-Nationen teilnahmen.
(Foto: James Avery/16th Mobile Public Affairs Detachment/U.S. Army)

2. Oberfeldwebel Dirk Maushake vom Jägerbataillon 292 mit dem Aufklärungssystem LUNA. Das Bild entstand ebenfalls am 10. Juni 2015 im litauischen Rukla.
(Foto: James Avery/16th Mobile Public Affairs Detachment/U.S. Army)

Kleines Beitragsbild: Gefreiter Kim-Fabian Haunsberger vom Jägerbataillon 292 in Rukla, Litauen. Auch diese Aufnahme wurde von den amerikanischen Kameraden am 10. Juni 2015 gemacht.
(Foto: Jarred Woods/16th Mobile Public Affairs Detachment/U.S. Army)


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