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Emden/Trabzon (Türkei). Es war der stille Schlusspunkt des bislang größten logistischen Kraftaktes in der Geschichte der Bundeswehr: ein Gruppenbild der Hafenumschlagkräfte des Logistikbataillons 161 aus Delmenhorst vor einem IVECO-Transportfahrzeug, im Hintergrund eine leere Auffahrt in das Innere eines mächtigen RoRo-Schiffes, aus dessen Bauch kurz zuvor noch Dachs und Dingo, Eagle und Fennek gerollt waren. Da standen sie nun, 49 Frauen und Männer – sichtlich geschafft aber stolz – vor dem mächtigen IVECO. 246 Fahrzeuge hatte das Team an diesem 3. Februar in Emden bereits von Bord der „Britannia Seaways“ an Land gebracht. Nun wartete nur noch der Transporter. Sobald er das Schiff verlassen hatte und somit die gesamte Ladung gelöscht worden war, war auch das letzte Kapitel des rund 13 Jahre dauernden ISAF-Einsatzes der Bundeswehr beendet. Ein Gruppenbild bleibt von diesem historischen Moment …

Das RoRo-Schiff (Roll on-Roll off) „Britannia Seaways“ der dänischen Reederei DFDS A/S hatte am 21. Januar mit den 247 Fahrzeugen sowie zahlreichen Material- und Funktionscontainern den türkischen Schwarzmeerhafen Trabzon verlassen. Hier hat die Bundeswehr zwei Jahre lang einen logistischen Umschlagpunkt für den Güterstrom vom Hindukusch betrieben. Seit März 2013 ist von diesem „LogUgPkt Trabzon“ die Rückverlegung von mehr als 45.000 verschiedenen Artikeln und Hunderten von Fahrzeugen geplant, koordiniert und umgesetzt worden. Im 60. Jahr des Bestehens unserer Streitkräfte eine logistische Glanzleistung!

Bei der fünften und abschließenden Schiffspassage mit der DFDS-Linie von Trabzon nach Emden befand sich noch einmal eine breite Palette von Armeefahrzeugen an Bord des RoRo-Schiffes – vom wendigen Geländewagen bis hin zum schweren Bergepanzer. Verantwortlich für die komplette Rückverlegung war das Logistikkommando der Bundeswehr in Erfurt. Insgesamt hatten die Logistikexperten in Afghanistan mehr als 23.000 Tonnen Material verfrachtet. Parallel dazu musste dort das letzte deutsche ISAF-Kontingent versorgt werden, das die Nachfolgemission „Resolute Support“ vorbereitete.

Generalmajor Hans-Erich Antoni, Chef des Kommandos, war bereits in den frühen Morgenstunden des 3. Februar in Emden mit dabei, um die Entladung der letzten Fahrzeuge und Container des deutschen ISAF-Einsatzes zu verfolgen. „Ich bin mit dem Verlauf der gesamten Operation sehr zufrieden“, sagte Antoni nach Abschluss aller Arbeiten erleichtert.

Nördliche Versorgungsroute? Südroute? Oder doch über die Türkei?

Wenn ein Einsatz zu Ende geht, dann gehen nicht nur die Soldaten. Auch Unmengen Militärausrüstung und Versorgungsgüter in zahllosen Containern sowie Geschütze, Panzer, Lastwagen und Spezialfahrzeuge müssen den Rückmarsch antreten. Vor dieser Herausforderung standen mit dem nahenden Ende des ISAF-Einsatzes auch die Logistikkräfte unserer Streitkräftebasis. Doch vor dem eigentlichen Rücktransport – dem „Redeployment“ – mussten grundsätzliche Dinge geklärt werden: Welches Material kann zuerst weg, was wird bis zum Schluss gebraucht? Welche Transportmittel kommen infrage und welche Routen wählt man aus? Was sind die kostengünstigsten Maßnahmen?

Am Ende dieser Planungsphase, die 2011 begonnen hatte, ergaben sich verschiedene Varianten für den Rücktransport aus Afghanistan. Sicherheitsempfindliches Material – beispielsweise Waffen und Munition – sollte per Direktflug von Mazar-e Sharif nach Deutschland gebracht werden. Eine weitere Transportmöglichkeit für die Masse der sonstigen Güter war der Landweg über Schiene und Straße.

Am 19. April 2012 beantwortete die Bundesregierung eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Schrittweiser Rückzug und Reduktion des deutschen Einsatzkontingents der Bundeswehr in Afghanistan“. Zur Frage nach den möglichen Transportrouten schrieb die Regierung damals: „Für den Rücktransport wurden […] alle verfügbaren Optionen – Luft, See, Straße, Schiene sowie Kombinationen hiervon – sowohl über die nördliche Versorgungsroute via Russland, die Ukraine, Usbekistan, Kasachstan, Tadschikistan als auch über die Südroute via Pakistan erwogen. Weitere Optionen für die materielle Rückverlegung, beispielsweise über die Türkei, werden derzeit geprüft.“

Als sichere und zugleich kostengünstige Version wurde schließlich von den Fachleuten die Transportroute über die türkische Hafenstadt Trabzon gewählt.

Logistischer Umschlagpunkt auf der „Blauen Platte“ in Trabzon

Das Gros des Bundeswehrmaterials wurde zunächst mit gecharterten Transportflugzeugen des Typs Antonov AN-124-100 Ruslan aus Afghanistan ausgeflogen. Um Kosten zu sparen, endeten die Transportflüge dann am Schwarzen Meer.

Auf einer großen betonierten Fläche im Hafen von Trabzon war für die Güter zu diesem Zeitpunkt bereits eine Art Zwischenlager, das schon bald unter dem Namen „Blaue Platte“ bekannt werden sollte (Blau ist die traditionelle Farbe der Logistiker), entstanden. Hier im logistischen Umschlagpunkt arbeiteten über einen Gesamtzeitraum von zwei Jahren dann rund 800 Logistiker sowie Spezialisten aus anderen Bereichen der Streitkräfte und Wehrverwaltung eng zusammen, um die Herkulesaufgabe des Rücktransportes zu stemmen.

Vom Flughafen Trabzon brachten zivile Spediteure im Konvoi die Fracht zum Seehafen, der etwa fünf Kilometer vom Airport entfernt ist.

175 Antonov-Flüge für die Bundeswehr vom Hindukusch ans Schwarze Meer

Als am 14. November vergangenen Jahres die 175. Antonov 124-100 in Trabzon landete, war dies der insgesamt 180. Luftumschlag, der hier über den logistischen Umschlagpunkt abgewickelt wurde. Der Flug war zugleich der letzte Lufttransport mit militärischer Ausrüstung im Zuge des Abzugs vom Hindukusch.

Bei diesen 180 Flügen zwischen Mazar-e Sharif und Trabzon waren schließlich alles in allem 42.750 Einzelartikel und mehr als 1000 Bundeswehrfahrzeuge transportiert worden – auf dem Luftweg nach Angaben der Logistiker also gut 14.750 Tonnen Material (zum Vergleich: der Pariser Eiffelturm hat ein Gesamtgewicht von 10.100 Tonnen).

Die erste Seeverladung im Hafen von Trabzon hatte am 29. Juli 2013 stattgefunden. Bereits seit dem 25. April 2013 war das Bundeswehrmaterial aus Afghanistan kommend auf der „Blauen Platte“ umgeschlagen – sprich gesichtet, befundet, zwischengelagert, kommissioniert und für den Weitertransport nach Emden verpackt worden. Die Nutzung Trabzons als Umschlagpunkt war übrigens sechs Tage zuvor, am 19. April 2013, zwischen der Türkei und Deutschland durch ein „Memorandum of Understanding“ (MoU) geregelt worden.

Bislang größter deutscher Auslandseinsatz endete mit logistischem Kraftakt

Der Inspekteur der Streitkräftebasis, Vizeadmiral Manfred Nielson, nahm am 21. Januar im Hafen von Trabzon am Abschlussappell zur letzten Verschiffung von ISAF-Material nach Deutschland teil. Er sagte mit Blick auf die angetretenen Soldatinnen und Soldaten: „Wir haben den bisher größten Einsatz der Bundeswehr mit einem logistischen Kraftakt erfolgreich beendet. Dafür danke ich allen Beteiligten. Sie haben einen großartigen Job gemacht – darauf können wir alle stolz sein.“

Während des Schlussappells verließ auch die „Britannia Seaways“ den türkischen Hafen mit Kurs auf das offene Meer. Sie grüßte die angetretene Truppe zum Abschied mit einem dreifachen Signal ihres Schiffshorns. Von Trabzon aus sind auf dem Seeweg am Schluss mit diesem DFDS-Schiff neben 1008 Fahrzeugen auch 375 Funktionscontainer und 105 Frachtcontainer sicher in die Heimat gelangt.


Video-Hinweis: Das Video des YouTube-Kanals der Bundeswehr entstand am 21. Januar 2015 beim feierlichen Abschlussappell der Streitkräftebasis im Hafen von Trabzon, Türkei. An diesem Mittwoch legte die „Britannia Seaways“ mit Fahrzeugen und Material aus dem ISAF-Einsatz in Afghanistan Richtung Deutschland ab. Das RoRo-Schiff erreichte Emden am 3. Februar, hier wurde entladen. Nach insgesamt fünf Seetransporten wird der logistische Umschlagpunkt am Schwarzen Meer nun endgültig geschlossen.
(Video 15E11001: Redaktion der Bundeswehr, Musik „The Constant“ von Dusty Hendrix & Jeffrey W. Wade & Ruben Ayala/Universal Music)

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Zu unserer Bildsequenz:
1. Blick auf Trabzon, die östlichste Hafenstadt der Türkei am Schwarzen Meer.
(Foto: Ralf Wilke/Streitkräftebasis/Bundeswehr)

2. Das Hintergrundbild für unsere Infografik stammt aus der NASA-Bilderserie „Blue Marble“. Die Satellitenaufnahmen dokumentierten über den Zeitraum eines Jahres die Erdoberfläche und deren Veränderungen.
(Bild: Reto Stöckli und Robert Simmon/NASA Earth Observatory, Infografik © mediakompakt 02.15)

3. Die „Blaue Platte“ im Hafen von Trabzon.
(Foto: Streitkräftebasis)

4. und 5. Letzte Verladung von Fahrzeugen und Containern aus Afghanistan am 20. und 21. Januar 2015 in Trabzon auf die „Britannia Seaways“ der dänischen DFDS-Linie.
(Foto: Ralf Wilke/Streitkräftebasis/Bundeswehr)

6. Vizeadmiral Manfred Nielson, Inspekteur der Streitkräftebasis, nahm am Abschlussappell der Operation „ISAF-Rückverlegung“ in der Türkei teil.
(Foto: Streitkräftebasis)

Unser Großbild auf der START-Seite entstand am 28. Juli 2013. Die Aufnahme zeigt die „Suecia Seaways“, die die ersten 151 Bundeswehrfahrzeuge sowie Container von Trabzon nach Emden brachte. Danach folgten noch vier weitere Seetransporte nach Deutschland.
(Foto: Ralf Wilke/Streitkräftebasis/Bundeswehr)


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