menu +

Nachrichten


München. Der multinationale Konzern Airbus Group präsentierte am Freitag (27. Februar) bei seiner Bilanzpressekonferenz in München erstaunlich gute Zahlen. Die Zahlen spiegeln eine Verbesserung im operativen Geschäft wider, getragen von Rekordwerten bei der Auslieferung von Zivilflugzeugen, bei Umsatz und Auftragsbestand. Bei einem Umsatz von 60,713 Milliarden Euro steigerte das Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen sein Konzernergebnis um 59 Prozent (von 1,473 auf 2,343 Milliarden Euro). Der Gewinn je Aktie stieg um 61 Prozent (von 1,86 auf 2,99 Euro), die Dividende je Aktienanteil um 60 Prozent von 0,75 auf 1,20 Euro. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Airbus-Division „Defence and Space“ beispielsweise verzeichnete einen Rückgang beim operativen Gewinn (EBIT) um 38 Prozent – hier schlugen die Probleme mit dem Militärtransporter A400M gnadenlos zu Buche. Zudem will der Konzern nun, wie bereits im September 2014 angekündigt, etliche Bereiche und Technologien ausgliedern und teilweise verkaufen. Von den geplanten Umstrukturierungen sollen einem ARD-Bericht zufolge mehrere Tausend Arbeitsplätze in Deutschland betroffen sein.

Verzögerungen bei der Auslieferung des A400M sowie Nachbesserungen beim Militärtransporter, die von Kundenseite eingefordert werden, kommen Airbus teuer zu stehen. So musste im vierten Quartal 2014 eine Nettoaufwendung in Höhe von 551 Millionen Euro in die Konzernbilanz eingestellt werden. Der bisherige Leiter des Geschäftsbereichs „Military Aircraft“, Domingo Ureña-Raso, war zudem Ende Januar von seinem Posten zurückgetreten (ab dem 1. März übernimmt Fernando Alonso den Bereich).

In der Jahresbilanz 2014 der Airbus Group heißt es zum „Sorgenkind“ A400M weiter: „Derzeit werden mit den Kunden die Reihenfolge des schrittweisen Ausbaus der militärischen Fähigkeiten und entsprechende Auslieferungen verhandelt, um die revidierte Programm-Baseline sowie den neuen Auslieferungsplan zu berücksichtigen. Im letzten Quartal 2014 hat das Management die Programmentwicklung geprüft, insbesondere mit Blick auf die Herausforderungen beim Ausbau der militärischen Funktionalitäten und des Produktionshochlaufs, sowie damit verbundene Abhilfemaßnahmen. Auf Managementebene wurden Maßnahmen eingeleitet, um künftige Auslieferungen sicherzustellen. Das Programm wird weiterhin genau überwacht.“

„Zahlreiche operative Herausforderungen mit Nachdruck angehen“

Airbus-Vorstandsvorsitzender Tom Enders äußerte sich bei der Präsentation der Bilanz am 27. Februar in München naturgemäß lieber über den Boom bei den Zivilflugzeugen, denn über Pech oder Pannen. Er erklärte: „Wir haben mehr Zivilflugzeuge als je zuvor ausgeliefert, darunter die erste A350. Die Nettobestellungen überstiegen die Anzahl der Auslieferungen erneut um mehr als das Doppelte. Aufgrund der starken Nachfrage nach Single-Aisle-Flugzeugen haben wir beschlossen, die Produktionsrate für die A320-Familie ab 2017 auf 50 Flugzeuge pro Monat zu erhöhen. Zudem haben wir beschlossen, die A330-Produktionsrate im Jahr 2016 vorübergehend auf sechs Flugzeuge pro Monat zu reduzieren. Am Wichtigsten aber ist: Wir bestätigen, dass wir 2015 die Gewinnschwelle im A380-Programm erreichen werden. Wir werden unsere zahlreichen operativen Herausforderungen mit Nachdruck angehen. Dazu zählen der Hochlauf und die Kosten in den Programmen A350 und A400M, die ersten A320neo-Auslieferungen, ein höherer Auftragseingang für Hubschrauber und die weitere Optimierung unseres Portfolios im Bereich Defence and Space.“

Die Zahlen für den Auftragseingang und -bestand sind in der Tat beeindruckend. Im vergangenen Jahr konnte die Airbus Group Aufträge in einem Gesamtvolumen von 166,430 Milliarden Euro verbuchen. Damit summierte sich der Auftragsbestand des Konzerns auf satte 857,519 Milliarden Euro, wovon 42,240 Milliarden Euro auf die Rüstungs- und Raumfahrtsparte entfallen.

Gute Auftragslage bei leichten und mittelschweren Militärflugzeugen

Airbus verbuchte im vergangenen Geschäftsjahr insgesamt 1456 Nettobestellungen für Zivilflugzeuge und damit einen Auftragsbestand von 6386 Flugzeugen zum Jahresende.

Der Netto-Auftragseingang bei Airbus Helicopters betrug 369 Hubschrauber. Dies beinhaltet eine Anpassung des Auftragsbestands um 33 NH90-Hubschrauber. Der Auftragseingang bei Airbus Defence and Space stieg wertmäßig um vier Prozent, getragen von einer anhaltenden Wachstumsdynamik im Raumfahrtgeschäft und einer guten Auftragslage bei leichten und mittelschweren Militärflugzeugen.

Der Umsatz der Airbus Group stieg um fünf Prozent auf einen Rekordwert von 60,713 Milliarden Euro. Airbus Helicopters steigerte den Umsatz um vier Prozent dank aktueller Regierungsprogramme und des Hochlaufs der NH90-Aktivitäten (insgesamt wurden 471 Hubschrauber ausgeliefert).

Defence and Space verbuchte weitgehend stabile Umsätze. Insgesamt wurden im Laufe des Jahres acht Militärtransporter A400M an vier Nationen ausgeliefert und sechs Ariane-5-Trägerraketen gestartet.

Süddeutsche Airbus-Standorte vor einer noch ungewissen Zukunft

Nach Recherchen des ARD-Hauptstadtstudios, das die Ergebnisse am 26. Februar publik machte, will Airbus mehrere Bereiche und Technologien im Rahmen eines sogenannten Carve-Out ausgliedern, bündeln und teilweise verkaufen.

Die Ausgliederung, Abspaltung oder der Verkauf von Unternehmensteilen – Carve-Out – sind komplexe Prozesse. Das Magazin Harvard Business manager beschrieb diese einmal so: „Bis eine solche Trennung vollzogen ist, können gut und gern drei Jahre vergehen. Die Schwierigkeit: Unzählige Details müssen geklärt werden, während das Tagesgeschäft weiterläuft. Und die verunsicherten Mitarbeiter zu halten ist eine zusätzliche Herausforderung.“

Zum Carve-Out-Paket der Airbus Group sollen laut ARD die Bereiche Radar, Transpondertechnologien, Electronic Warfare Avionics, Border Security, Emergency Response (Digitalfunk) und Airbus Optronics gehören. Dies sei die Konsequenz aus dem im September 2014 von Airbus Defence angekündigten Umbaumaßnahmen, hieß es weiter.

Die ARD zitiert auch aus einem Rundschreiben des Airbus-Betriebsrates. Die Arbeitnehmervertreter warnen demnach: „Dies würde unter der Annahme, dass die Entwicklungen und Fertigung/Integration im Electronics-Bereich verbleiben, bedeuten, dass ca. 80 Prozent von Ulm, ca. 50 Prozent von Friedrichshafen und die Defence Electronics/Radar IFF/Selbstschutz-Anteile von Unterschleißheim in den Carve-Out gehen würden. […] Schauen wir die engen Verflechtungen am Standort Ulm und die Vernetzungen zu den anderen Standorten an, so haben wir Sorge, dass gewachsene und funktionsfähige Strukturen in Gefahr sind.“

Verkauf an einen ausländischen Investor offenbar nicht ausgeschlossen

Der Standort Ulm gilt als Hochburg der Radartechnologie in Deutschland. Hier werden das Bordradar des Eurofighters, Systeme zur Grenzüberwachung, Schiffsradare für die Marine oder auch Radarantennen für Satelliten entwickelt und gefertigt. Rund 2500 Menschen arbeiten hier für Airbus Defence and Space.

Am Standort von Airbus Defence and Space in Friedrichshafen liegt der Schwerpunkt der Tätigkeiten auf dem Bau von Satelliten und Sonden für die Erdbeobachtung, Navigation, Meteorologie sowie für die Erforschung des Weltalls. Zum Produktportfolio zählen hier außerdem Aufklärungs- und Überwachungssysteme, Avioniksysteme, unbemannte Flugsysteme, Hinderniswarnsysteme für Hubschrauber, Führungs- und Kommunikationssysteme, mobile Lazarett- und Schutzsysteme sowie Sensoren für Luftaufklärung und Raumfahrt. Airbus hat hier etwa 2500 Beschäftigte.

In Unterschleißheim sind rund 1400 Frauen und Männer bei Airbus Defence and Space angestellt. Hier werden Flugkörpersysteme und Verteidigungstechnik für die Bundeswehr hergestellt, so beispielsweise das Artillerieortungsradar COBRA (Counter Battery Radar).

Die Airbus Group hat insgesamt in Deutschland an 33 Standorten knapp 49.000 Mitarbeiter. Dies entspricht gut der Hälfte aller in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie tätigen Menschen.

Offenbar ist auch ein Verkauf an einen ausländischen Investor nicht ausgeschlossen. Dies dürfte allerdings nach ARD-Meinung „für besondere Aufmerksamkeit im Verteidigungsministerium sorgen“. Die ARD erklärt: „Denn betroffen wären damit auch die sensiblen Bereiche Verschlüsselungs- und Sensortechnik, die das Ressort von Ministerin Ursula von der Leyen zuletzt als Schlüsseltechnologien eingestuft hatte.“

Ein Airbus-Unternehmenssprecher bestätigte dem ARD-Hauptstadtstudio „im Grundsatz den Umbau des Unternehmens“. Airbus-Chef Enders sagte während der Bilanzpressekonferenz in München ebenfalls, dass im Rahmen der Neuausrichtung des Konzerns ein solcher „Carve-Out“ geplant sei. Für Teile der zum Verkauf stehenden Produktionssparten hätten bereits „an die 100 Interessenten die Hand gehoben“, verriet Enders am 27. Februar.


Unser Bild zeigt den Vorstandsvorsitzenden der Airbus Group, Tom Enders.
(Foto: Airbus Group)


Kommentieren

Bitte beantworten Sie die Frage. Dies ist ein Schutz der Seite vor ungewollten Spam-Beiträgen. Vielen Dank *

OBEN