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Weimar. Gut drei Jahre nach Aussetzung der Wehrpflicht wünscht sich fast jeder vierte Deutsche (38 Prozent) eine Rückkehr zum Pflichtdienst in der Bundeswehr. Das ergab jetzt eine bundesweite Umfrage der Thüringischen Landeszeitung zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. 46 Prozent der Befragten lehnen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ab (16 Prozent ohne Meinung oder keine Angaben).

Für die Erhebung der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) hatte das beauftragte Erfurter Meinungsforschungsinstitut INSA-CONSULERE zwischen dem 14. und 17. März insgesamt 2102 Menschen aus ganz Deutschland befragt. Die Umfrageergebnisse wurden in der TLZ-Ausgabe vom 22. März veröffentlicht.

Gespalten sind die Bürger auch in der Frage, ob es ein Fehler war, die Wehrpflicht auszusetzen. 39 Prozent der Befragten finden, dass es falsch war. 44 Prozent finden das Gegenteil.

Rund 8,4 Millionen Männer zur Bundeswehr eingezogen

Die Allgemeine Wehrpflicht war im Juli 1956 in Deutschland eingeführt worden. Die Länge der Wehrdienstdauer schwankte. Die Höchstdauer betrug 18 Monate, der Autor dieses Kurzbeitrages beispielsweise wurde 1976 als „W15er“ eingezogen, zuletzt dauerte der Grundwehrdienst nur noch sechs Monate. Nach Auskunft der Bundeswehr leisteten bis zum Januar 2011 rund 8,4 Millionen Männer ihren Wehrdienst ab.

Am 15. Dezember 2010 beschloss die Bundesregierung die Aussetzung der Wehrpflicht. Dafür waren maßgeblich zwei Gründe verantwortlich. Zum einen war die Personalstärke der Bundeswehr auf rund 230.000 Soldaten gesunken (und sollte im Zuge der Neuausrichtung der Streitkräfte noch weiter bis auf 185.000 Mann sinken). Zum anderen veränderte sich die Bundeswehr von einer Armee der Landesverteidigung zu einer Armee im weltweiten Auslandseinsatz.

Der Bundestag stimmte der Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland am 24. März 2011 zu, der Bundesrat am 15. April 2011. Das Gesetz trat am 1. Juli 2011 in Kraft. Einberufungen zum Grundwehrdienst finden seit Januar 2011 nur noch auf freiwilliger Basis statt. An die Stelle des Grundwehrdienstes ist der Freiwillige Wehrdienst von bis zu 23 Monaten getreten – für Frauen und Männer. Die ersten sechs Monate sind für beide Seiten – den Dienstherrn und den Soldaten beziehungsweise die Soldatin – als Probezeit gedacht.

In Sicherheitsfragen nicht nur auf die USA bauen

Zurück zur TLZ-Umfrage. Der Aussage „Die Bundeswehr kann in ihrer gegenwärtigen Verfassung Deutschlands Sicherheit gewährleisten“ stimmen 38 Prozent der Befragten zu, 32 Prozent lehnen sie ab (30 Prozent haben keine Meinung zu dem Thema oder wollten keine Angabe machen).

Klarer ist das Meinungsbild bei der Aussage, Deutschland solle seine Sicherheit auch weiterhin den US-Amerikanern überlassen. 69 Prozent sprechen sich dagegen aus. Nur etwa jeder Zehnte (12 Prozent) stimmt dem zu. Bei der Aussage „Deutschland sollte sich klar auf der Seite des Westens und gegen Russland positionieren“ teilen 44 Prozent der Befragten diese Auffassung, 30 Prozent lehnen sie ab.

„Mangelnde Wehrfähigkeit ermuntert Aggressoren“

Mit Fortdauer der Spannungen zwischen dem Westen und Russland könnte in Deutschland auch eine Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht einsetzen. Die TLZ-Umfrage ist ein erster Fingerzeig. Zu den Wehrpflicht-Befürwortern gehört Michael Wolffsohn, Historiker und emeritierte Professor an der Universität der Bundeswehr München (er lehrte an der Universität von 1981 bis 2012 Neuere Geschichte).

In seinem am 16. März in der Tageszeitung Die Welt veröffentlichten Beitrag „Russlands Vorgehen zeigt – zurück zur Wehrpflicht!“ warnt er davor: „Die durch Russland erzwungene Annexion der Krim (zeigt) erneut, dass mangelnde Wehrfähigkeit Aggressoren ermuntert.“ Außerdem werde die Wehrpflicht in Deutschland auch wiederkommen – so die Prognose des Historikers – weil die bereits jetzt bestehende „unbestreitbare Personallücke“ bei der Bundeswehr durch „die Vermehrung humanitärer Interventionen vergrößert wird“. Wolffsohn schließt seinen Welt-Kommentar zur Krimkrise: „Das Wiedereinsetzen der Wehrpflicht ist … alternativlos … Noch kann sich die Regierung dazu nicht durchringen. Vielleicht wird es auch nicht mehr diese Regierung sein, die die Wehrpflicht wieder einführt. Mittelfristig ist dieser Schritt aber unumgänglich.“



Zu unseren beiden Aufnahmen:
1. Wehrpflicht im Mai 1960 – Spindkontrolle durch einen Vorgesetzten.
(Foto: Manfred Rademacher/Bundeswehr)

2. Wehrpflicht im Mai 2010 – Szene aus der Grundausbildung beim Gebirgspionierbataillon 8 aus Ingolstadt.
(Foto: Martin Stollberg/Bundeswehr)


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